Die private Unfallversicherung: ein gut gehütetes Geheimnis

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Wissen Sie exakt, welche Versicherungen Sie abgeschlossen haben? Und wissen Sie auf Anhieb, ob Sie eine private Unfallversicherung haben? Mich würde es nicht überraschen, wenn Sie spontan „Nein“ sagen.

Meine Erfahrung ist, dass zahlreiche Unfallgeschädigte gar nicht wissen, dass sie über einen privaten Unfallversicherungsschutz verfügen. Manchmal ist die Unfallversicherung Teil eines ganzen Versicherungspakets, das man bei einem Versicherungsunternehmen abgeschlossen hat. Der Unfallversicherungsvertrag geht dann nicht selten neben der Hausrat-, Gebäude- und Haftpflichtversicherung unter.

Häufig werden auch die mit dem Kreditkartenvertrag abgeschlossenen Zusatzleistungen übersehen, die nicht nur eine Reiserücktritts- und Auslandsreiseversicherung, sondern darüber hinaus auch einen Unfallversicherungsschutz enthalten. Die Eintrittspflicht des Versicherers ist in einem solchen Fall jedoch von der Verwendung der Kreditkarte abhängig.

Dass auch eine Vereinsmitgliedschaft einen „versteckten“ Unfallversicherungsschutz beinhalten kann, wissen viele Mitglieder nicht. Vereine halten häufig Unfallversicherungsverträge als Gruppenversicherung für ihre Mitglieder vor. Aber auch andere Einrichtungen, wie beispielsweise Reitställe, könnten solche Unfallversicherungsverträge abgeschlossen haben. Nicht selten ist auch der Weg zur Einrichtung/zum Verein und von dort nach Hause mitversichert.

Eine Gruppenversicherung halten aber auch einige Arbeitgeber für ihre Angestellten bereit, die sich je nach Vertragsgestaltung auch auf den privaten Bereich und den Ehepartner sowie die Kinder ausdehnen kann.

Oft zeigt sich erst im Gespräch mit einem Mandanten, der sich wegen einer Verkehrsunfallangelegenheit an unsere Kanzlei wendet, dass er sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht hat, ob ein Unfallversicherungsschutz für ihn besteht und er Leistungen aus der Unfallversicherung für sich beanspruchen kann. Denn für den Unfallgeschädigten ist es – neben der Genesung – wichtig, dass die Ansprüche gegen den Unfallverursacher bzw. seinen Haftpflichtversicherer geltend gemacht werden.

Die Frage des Unfallversicherungsschutzes tritt meist – völlig zu Unrecht – in den Hintergrund. Doch gerade in der Zeit nach dem Unfall und bis zur Zahlung eines Schadenersatz- und Schmerzensgeldbetrags durch den Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallschädigers können die Leistungen des Unfallversicherers sehr nützlich sein, da sie nicht selten früher zur Auszahlung gelangen.

Bei der Unfallversicherung geht es, im Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallschädigers, nicht um die Frage, wer den Unfall verschuldet hat. Ist der Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Gesundheits- bzw. Körperschaden geklärt, erhält der Unfallgeschädigte die Leistungen, die ihm aus dem mit dem Unfallversicherer geschlossenen Vertrag zustehen, d.h. es kann nur geleistet werden, was auch vereinbart wurde.

Unabhängig davon, ob der Unfallversicherungsschutz über den Kreditkartenvertrag, einen Gruppenunfallversicherungsvertrag oder einen eigens abgeschlossenen Unfallversicherungsvertrag besteht, sind bei jedem Unfallversicherungsvertrag die sich hieraus ergebenden Fristen streng einzuhalten. Versäumt man eine Frist, gibt es üblicherweise keine Möglichkeit mehr, die Ansprüche geltend zu machen – doch kommt es auch hier, wie so oft, auf den Einzelfall an.

Was Unfallgeschädigte häufig auch nicht wissen, ist, dass sie aus allen bestehenden Unfallversicherungsverträgen Leistungen verlangen können, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Der (private) Unfallversicherungsvertrag des Geschädigten selbst und der Gruppenunfallversicherungsvertrag des Vereins oder des Arbeitgebers schließen sich also nicht aus, sondern bieten nebeneinander die Möglichkeit, die im Unfallversicherungsvertrag vereinbarten Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Daher mein Rat, im Fall eines Unfalles: Prüfen Sie in jedem Fall sorgsam, ob ein Unfallversicherungsschutz über die Kreditkarte besteht oder ob ein Gruppenunfallversicherungsvertrag oder ein eigener Unfallversicherungsvertrag vorliegt.

Achten Sie insbesondere auf die Fristen, damit Sie diese nicht versäumen und nicht wegen dieses Fristversäumnisses auf die Ihnen zustehenden Leistungen aus dem Vertrag verzichten müssen.

Rechtsanwältin Irem Scholz

Fachanwältin für Medizinrecht

Anwaltsbüro Quirmbach und Partner



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