Die Restschuldbefreiung in drei Jahren ist Gesetz! Teil 1 - Verbraucherinsolvenz

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Endlich! Am 17.12.2020 ist das Insolvenzänderungsgesetz durch den Bundestag verabschiedet worden. Am 30.12.2020 wurde es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz ist damit wirksam.

Was bringt nun diese neue Gesetzesänderung? Und für wen sind die Änderungen vorteilhaft?

Dieser Artikel ist für die Verbraucher gedacht, die - aus welchen Gründen auch immer - in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind. 

Für Soloselbstständige habe ich einen eigenen Artikel verfasst, den Sie ebenfalls auf meinem Profil finden können.

Was bringt die Änderung der InsO hinsichtlich der Verkürzung der Restschuldbefreiung?

1. Zunächst bleibt es dabei, dass die Erteilung der Restschuldbefreiung von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Abtretung des pfändbaren Teils des Einkommens abhängt. Diese Zeitspanne (auch Wohlverhaltensphase genannt) dauert nunmehr drei, statt vorher sechs, Jahre ab Verfahrenseröffnung. Wie sich der unpfändbare Teil Ihres Einkommens berechnen lässt, können Sie der Pfändungstabelle entnehmen. Diese finden Sie im Internet in .pdf-Form. Bis zum 30.06.2021 beträgt monatlich pfändungsfreie Betrag für Alleinstehende 1179,99 Euro.

Die andere Zeitspanne - das Insolvenzverfahren - läuft sozusagen paralell. Der Insolvenzverwalter soll hierbei überprüfen, ob und welches Vermögen Sie haben. Hierzu können unter Umständen eine Lebensversicherung, eine Immobilie, ein luxuriöser PKW etc. gehören. Sollte der Insolvenzverwalter ein besonderes Vermögen feststellen, wird dieses - neben dem pfändbaren Teil des Einkommens – eingezogen. Wenn der Insolvenzverwalter das Vermögen überprüft und eventuelles Vermögen eingezogen hat, wird das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben. Das kann in der Praxis nach 3 Monaten oder auch nach 2 Jahren der Fall sein. Das hängt vom Gericht und vom Verwalter ab. Wenn die Verwertung des Vermögens sich länger hinzieht,  kann das Insolvenzverfahren auch länger als drei Jahre dauern. Die Restschuldbefreiung ist, wie bereits oben erwähnt. eine hiervon unabhängige Zeitspanne und wird stets in drei Jahren erteilt. 

2.  Weiter bleibt es auch dabei, dass die Stundung der Verfahrenskosten beantragt werden muss, damit das Verfahren überhaupt in Gang gesetzt wird. Wenn die Stundung nicht beantragt wird, bekommen Sie auf den Antrag als erstes eine Rechnung der Justizkasse. Gerade für arbeitslose Verbraucher oder ALG II Empfänger ist die Zahlung der Gerichtskosten unmöglich, sodass die Kostenstundung erste Voraussetzung zur Erlangung der Restschuldbefreiung ist.

3. Mit der Verkürzung der Frist der Wohlverhaltensphase auf drei Jahre sind jedoch auch schärfere Verhaltensregeln für den Schuldner verbunden worden. Innerhalb der drei Jahre ab Verfahrenseröffnung ist eine Erbschaft noch immer zur Hälfte und eine Schenkung von nun an in voller Höhe an den Treuhänder herauszugegeben. Dies stellt somit aus Sicht des Schuldners eine Erschwernis zur vorherigen Rechtslage dar. Von dieser Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke ausgenommen. Ob es sich um gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke handelt, entscheidet das Insolvenzgericht auf Antrag des Gläubigers - hier ist Streit und Ärger vorprogrammiert! Der Treuhänder wird sich seine Hauptinformationsquelle, die Kontoauszüge, zeigen lassen und die Einzahlungen überprüfen und sich dann die jeweiligen Einzahlungen erklären lassen. Sollte es ein Geschenk zum Geburtstag, Weihnachten etc. sein, so wird er es auf jeden Fall, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt, einfordern. Es liegt dann am Schuldner, das Insolvenzgericht zu bitten, das Geschenk als gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk zu deklarieren. Gerade bei Kraftfahrzeugen oder teuren Fahrrädern wird hier typischerweise Vorsicht geboten sein.

Abzuwarten bleibt, wie die Gläubiger als Herren des Verfahrens auf die verkürzte Dauer der Wohlverhaltensphase reagieren. Die Gläubiger hatten immer schon die Möglichkeit, ihre Forderungen als unerlaubte Handlung anzumelden, weil sie behaupten, dass der Kredit oder eine andere Leistung durch eine Täuschung über die finanziellen Verhältnisse oder Verschweigen einer entscheidungserheblichen Tatsache erschlichen wurde. Dieses Verhalten des Schuldners begründet strafrechtlich einen Eingehungsbetrug, der eine unerlaubte Handlung darstellt, sodass der Schuldner hinsichtlich dieser Forderung im Rahmen der Restschuldbefreiung nicht frei wird. Dies gilt für alle Forderungen aus strafbaren Handlungen. Eine weitere – noch weitreichendere – Möglichkeit der Gläubiger ist es, nicht nur ihre Forderung im Wege Anmeldung als unerlaubte Handlung aus der Restschuldbefreiung herauszunehmen, sondern gleich die Restschuldbefreiung insgesamt versagen zu lassen. Hier hat der Gesetzgeber Möglichkeiten eröffnet, die zumeist mit der Antragstellung oder der Verletzung von Pflichten eines Insolvenzschuldners zu tun hat, hier vor allem die Nichtangabe eines Gläubigers oder Verschwendung von Vermögen vor der Antragstellung, aber auch falsche Angaben in den amtlich vorgeschriebenen Formularen (z.B. typischerweise die Nichtangabe von Spardepots etc.)

Leider hat sich auch nicht geändert, dass sowohl die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für drei Jahre in der SCHUFA steht als auch die Erteilung der Restschuldbefreiung. Das heißt, die Schuldner haben über sechs Jahre eine sehr schlechte Bonität. Der Forderung der Schuldnerberater wurde also nicht entsprochen.

Insgesamt ist die Änderung der Insolvenzordnung jedoch sehr zu begrüßen. Wenn auch die Bonität durch die Eintragung in die SCHUFA noch immer ein Dorn im Auge ist und erkennen lässt, dass Schuldnern immer noch eine zu vertretene „Schuld“ angelastet wird.

Wenn Sie sich entschieden haben diesen Weg zu gehen, so ist die beste Vorbereitung, sich mit der Materie zu befassen und eine Auflistung der Gläubiger zu machen. Gehen Sie Gläubiger für Gläubiger mit aller zugehöriger Post, die Sie finden können, durch. Listen Sie diese Gläubiger gleichzeitig auf. Mit dieser Arbeit ist der erste Schritt getan. Sie befassen sich mit Ihrer Vergangenheit, um dann mit neuer Kraft in die Zukunft zu starten. 

Bei Rückfragen oder Gesprächsbedarf melden Sie sich gerne bei mir. Für Hamburger weise ich darauf hin, dass ich aufgrund der staatlich vorhandenen Hilfsstellen (ÖRA Schuldnerberatungsstellen) für meine Arbeit bezahlt werden muss. Auch in Niedersachsen und Schleswig Holstein wird ein Anwalt nur gezahlt, wenn die Wartezeiten für einen Termin bei den Schuldnerberatungsstellen zu lang sind.

Was die Restschuldbefreiung bedeutet, habe ich in einem sehr viel früheren Rechtstipp schon erläutert.:

Restschuldbefreiung – Erläuterung vom 17.06.2013 . Schauen Sie hier gerne rein , geändert hat sich die Laufzeit der Abtretung . 

Mit herzlichen Grüßen

Petra Nordhoff

Fachanwältin für Insolvenzrecht

Hansastraße 9

20149 Hamburg

Foto(s): Petra Nordhoff

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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