Die Restschuldbefreiung in drei Jahren ist Gesetz! Teil 2 - Soloselbständige

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Es ist wohl der Pandemie zu „verdanken“, dass die Bundesregierung erst jetzt die Erteilung der Restschuldbefreiung in drei Jahren beschlossen hat. Endlich!

Gerade in künstlerischen Berufen oder auch im Eventmanagement, Berufsspaten, die besonders von der Pandemie betroffen sind, gibt es sehr viele Einzelunternehmen ohne Mitarbeiter. Hinzu kommen kleine Einzelhändler, Boutiquen, Kosmetikstudios etc., die durch die Schließungen in Existenznot geraten sind. Wie lange diese Schließungen auch noch in 2021 andauern werden, vermag keiner so genau zu beantworten. Nachdem die ersten Gelder während der ersten Überbrückungshilfe wohl zu ungeprüft verteilt wurden, ist die Prüfung seitdem wieder besonders gründlich, sodass die Gelder oftmals zu spät fließen.

Hinzukommend stellt sich die Frage, wie lange die Vermieter noch mitmachen, soll wirklich die Rücklage für das Rentenalter angebrochen werden, „wie weit gehe ich?“ – „wann mache ich einen Cut?“

Die Entscheidung zu treffen ist durch das neue Gesetz zur Erteilung der Restschuldbefreiung in drei Jahren sicherlich leichter geworden. Es haben sich neben der verkürzten Zeitspanne der Wohlverhaltensphase von drei Jahren noch einige andere Regelungen geändert, die ich kurz aufführen werde, um Ihnen die zu treffenden Vorbereitungen für ein möglichst reibungsloses Insolvenzverfahren zu nennen. Eine Besprechung Ihrer individuellen Situation sollte jedoch stets erfolgen, um die richtige Strategie zu fahren. Auch wenn es schon bekannt ist, möchte ich es noch einmal wiederholen: Sie können trotz Insolvenzantrag Ihr Gewerbe fortführen, Sie müssen es nicht wegen eines Insolvenzantrages aufgeben. Es mögen andere Gründe vorliegen, doch ein Insolvenzantrag hindert Sie nicht, weiterzumachen. Das war vor der Gesetzesänderung so und hat sich auch mit ihr nicht geändert. Der Gesetzgeber hat nur die Erfahrungen der letzten Jahre in das neue Gesetz einfließen lassen.

1. Zunächst gibt es Änderungen für alle natürlichen Personen. Die Restschuldbefreiung wird nach 3 Jahren erteilt, wenn die Pflichten nach § 290 InsO erfüllt werden und kein Versagungsantrag Erfolg hat.

2. Es wird ein neuer § 35 III InsO eingeführt, nachdem der Schuldner dem Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit informieren muss. Ersucht der Schuldner den Verwalter um Freigabe einer solchen Selbstständigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären. Diese Regelung ist eine große Erleichterung für all die Fälle, in denen ein Selbstständiger gern weitermachen möchte, der Insolvenzverwalter sich jedoch Zeit lässt und erst einige Monate den Betrieb fortführt und die Umsätze zur Masse zieht. Diese „Testphase“ für den Insolvenzverwalter wird jetzt eingeschränkt auf einen Monat. Allerdings bedeutet dies voraussichtlich auch, dass der Insolvenzverwalter in dieser Zeit sehr viele Informationen – und am besten „schon gestern“ - haben wollen wird. Hier kann ich Ihnen bei der Vorbereitung Unterstützung bieten.

3. Es wird ein neuer § 295a InsO eingeführt, in dem die Obliegenheiten des Schuldners bei einer selbstständigen Tätigkeit ausgeführt sind:

  • Der Schuldner muss die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten. Diese Regelung führt zu folgender zwangsläufiger Überlegung: Welchen Beruf haben Sie erlernt? Würden Sie bei ernsthaften Bewerbungen die Chance auf eine Anstellung haben? Wenn ja, wie hoch ist der Bruttolohn? Wie hoch ist unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen der abzuführende Betrag an den Insolvenzverwalter? Hier ist die jeweils geltende Pfändungstabelle maßgebend, die sie schnell im Internet in .pdf-Form finden können. 

Nun zur letzten Frage: Können Sie mit der selbstständigen Tätigkeit diesen Pfändungsbetrag erzielen? Wenn Sie diese Frage verneinen, dürfte es worst case einen Versagungsgrund für die Gläubiger geben, denn Sie wählen nicht die für die Gläubiger bestmöglichste Erwerbsmöglichkeit. Bisher sind diese Anträge jedoch eher selten gewesen. Denn welcher Gläubiger gibt zu verlorenem Geld noch frisches für einen Anwalt aus, um einer Versagung nachzugehen.

  • Um hier keinen Versagungsantrag eines Gläubigers zu riskieren, der behauptet, es sei ein wesentlich höheres abzuführendes Gehalt erzielbar, ist es ratsam, die Möglichkeit zu nutzen das Gericht diesen Betrag feststellen zu lassen. Wenn das Gericht dann einen höheren Betrag festsetzt, müssen Sie überlegen, ob Sie wirklich die nächsten drei Jahre selbstständig bleiben wollen oder sich anstellen lassen bzw. in einen Bewerbungsprozess gehen (über das Arbeitsamt und eigeninitiativ oder wahrscheinlich beides).

4. Geschenke fließen in voller Höhe in die Masse. Hier verweise ich auf meinen Rechtstipp für Verbraucher, den Sie auch hier auf anwalt.de finden.

Sie sollten also vor der Stellung eines Insolvenzantrages Ihre Buchhaltung aktuell zur Verfügung stellen können und insbesondere einen Beratungstermin wahrnehmen, denn es gibt viele insolvenzrechtliche Besonderheiten, die Sie wissen und abwägen sollten. 

Als letzte Information für heute: Die wichtigste Informationsquelle für einen Insolvenzverwalter sind die Kontoauszüge.

Sollten Sie den Weg der Insolvenz beschreiten, müssen mindestens vier Formulare ausfüllen:

  • Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • Fragebogen zu dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für natürliche Personen
  • Antrag auf Verfahrenskostenstundung
  • Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung.

Vielleicht haben Sie meine Erläuterungen bewogen doch einmal über einen Insolvenzantrag nachzudenken. Es kann eine riesige Erleichterung sein… 

Ich helfe Ihnen gerne bei dieser Entscheidung und begleite Sie auf diesem Weg. Rufen Sie einfach an und vereinbaren Sie einen Termin.

 Schauen Sie sich auch gerne meinen Rechtstipp "Restschuldbefreiung- Erläuterung " an, in diesem gehe ich grundsätzlich auf dieses Institut ein.. wenn auch die Laufzeit der Abtretung der pfändbaren Beträge auf 36 Monate festgelegt wurde. 

Mit herzlichen Grüßen

Petra Nordhoff

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Insolvenzrecht

Hansastraße 9

20149 Hamburg

040 - 42932500 

 

 

 

Foto(s): Petra Nordhoff

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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