Die Rolle des Betriebsrates im Rahmen der Kündigung (neues Urteil)

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Dieser Beitrag soll sich mit der Rolle des Betriebsrates im Rahmen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung befassen. Dass der Betriebsrat hier in mancher Konstellation sogar das Zünglein an der Waage sein kann, zeigt sehr anschaulich ein neues Urteil des Arbeitsgericht Bochum (Aktenzeichen: 5 Ca 1242/19).

 

A. Grundsätzliches

 

Gemäß § 1 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes werden in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmern Betriebsräte gewählt. Der Betriebsrat ist der gesetzliche Repräsentant der Arbeitnehmer in einem Betrieb. Liest man die Norm, könnte man annehmen, dass es eine Pflicht gibt in Betrieben ab einer bestimmten Größe einen Betriebsrat zu wählen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es bleibt grundsätzlich der Belegschaft überlassen, ob sie einen Betriebsrat in ihrem Betrieb gründen oder lieber davon Abstand nehmen möchte.

 

Nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Hierunter ist jede Art der Kündigung seitens des Arbeitgebers zu verstehen: die ordentliche oder außerordentliche, fristlose Kündigung aber auch die Änderungskündigung ist erfasst.  Versäumt der Arbeitgeber dieses, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Hat der Betriebsrat hinsichtlich der Kündigung Bedenken, kann er der Kündigung widersprechen. Bei ordnungsgemäßem Widerspruch ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist auf sein verlangen hin bis zum rechtskräftigen Abschluss der gerichtlichen Auseinandersetzung zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Arbeitnehmer aber fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben haben, nämlich drei Wochen ab Zugang der Kündigung.

 

B. Zeitpunkt und Form der Unterrichtung

 

Hinsichtlich des Zeitpunktes der Anhörung des Betriebsrates ist von besonderer Bedeutung, dass laut § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz     diese vor der Kündigung durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat.

Das Gesetzt spricht davon, dass eine ohne Anhörung ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Ausgesprochen bedeutet in diesem Zusammenhang bei einer schriftlichen Kündigung nicht, dass der zu kündigende Arbeitnehmer das Schreiben in seinen Händen halten muss, sondern es ist schon der Zeitpunkt gemeint, wenn der Arbeitgeber das Schriftstück in die Post gegeben hat. Ein Arbeitgeber, der also nach dem Abschicken der Kündigung den Betriebsrat unterrichtet, kann diese Kündigung also nicht mehr wirksam aussprechen. Die Kündigung ist hier also schon unwirksam, obwohl der Arbeitnehmer unter Umständen noch nicht mal Kenntnis von ihr erlangt hat.

Hinsichtlich der Form der Unterrichtung macht das Gesetz keine zwingenden Angaben. In Anbetracht der Beweisbarkeit ist aber eine schriftliche Mitteilung klar zu empfehlen.

C.  Inhalt der Unterrichtung

 

§ 102 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz verlangt von dem Arbeitgeber, dass er dem Betriebsrat die Gründe der Kündigung des Arbeitnehmers mitzuteilen hat.  Eine einfache Mitteilung genügt aber nicht dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens. Es ist von zentraler Bedeutung, dass der Betriebsrat sich ein genaues Bild über die Person des Arbeitnehmers und über die Kündigungsgründe machen kann.

In diesem Zusammenhang führt das Arbeitsgericht Bochum aus:

 „Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne vorherige Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Aber auch bei einer mangelhaften Anhörung des Betriebsrates ist die Kündigung unwirksam. Dieses kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitgeber seiner Mitteilungsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen ist. Sinn und Zweck der Beteiligung des Betriebsrates ist über die reine Unterrichtung hinaus, ihm Gelegenheit zu verschaffen, auf die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers aus Sicht der Arbeitnehmervertretung durch die Darlegung seiner Überlegungen Einfluss zu nehmen und gegebenenfalls dazu beizutragen, eine Kündigung zu vermeiden. Aus diesem Grund hat der Arbeitgeber die Gründe für seine Kündigungsabsicht so umfassend und genau mitzuteilen, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen.“ (Hervorhebungen durch den Verfasser)

Man sieht also, dass nicht nur eine ausgebliebende Beteiligung des Betriebsrates zur Unwirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung führen kann, auch eine zu oberflächliche Darlegung der Situation kann der Wirksamkeit einer Kündigung im Wege stehen.

 

 

D. Fazit

 

Wie gezeigt, ist die Rolle des Betriebsrates im Kündigungsrecht nicht zu unterschätzen. Es kann sogar die Situation entstehen, dass eine unter umständen berechtigte Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist, weil er die Situation nicht rechtzeitig oder in der gebotenen Tiefe mit dem Betriebsrat bespricht.

Man darf also die Bedeutung der rechtlichen Beratung in diesem Gebiet nicht unterschätzen. Gerne bin ich in diesem Zusammenhang ihr kompetenter Ansprechpartner. Auch für alle Fragen zur Betriebsratsgründung stehe ich Ihnen zur Verfügung. Zögern Sie nicht mich zu kontaktieren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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