Die Strafandrohung bei „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamten“, §§ 113, 114 StGB, wird verschärft

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Die Berliner Polizei hat in Friedrichshain an der Rigaer Straße erneut sieben Personen festgenommen. Der Tatvorwurf lautet: Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamten und versuchte Gefangenbefreiung sowie Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Nachdem die Polizei einen 27-Jährigen aufgrund seines beleidigenden und tätlichen Verhaltens festgenommen wurde, gingen mehrere Personen auf die Beamten los und versuchten, den Gefangenen zu befreien. Dabei wurde heftig gepöbelt und an körperlichem Einsatz gegenüber den Beamten nicht gespart.

Die Gesetzesänderung seit dem 30.05.2017

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamten im Sinne des § 113 StGB ist dabei ein ernstzunehmender Strafvorwurf. Da es sich dabei grundsätzlich um Angriffe gegen Polizeibeamten und Gerichtsvollzieher und deren staatlichen Vollstreckungsakte handelt, nehmen die Staatsanwälte solche Fälle sehr ernst und leiten in der Regel ausnahmslos eine Strafverfolgung ein.

Erweiterung des Strafrahmens

Dies zeigt auch die erst vor wenigen Monaten verkündete Gesetzesänderung in diesem Bereich. Während die Begehungsform des „tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamten“ vorher noch im § 113 StGB mit Inbegriffen war, so steht dieser nun gesondert in § 114 StGB unter schärferer Strafandrohung.

Der § 113 StGB, der weiterhin die Begehungsformen der Gewalt und Drohung mit Gewalt erfasst, normiert einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der neue § 114 StGB erlaubt eine Geldstrafe nicht mehr, sondern verlangt eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs

Doch nicht nur der Strafrahmen hat sich geändert. Auch der sachliche Anwendungsbereich sowie die Strafzumessungsvorschriften wurden ausgeweitet.

Während der § 113 StGB noch vorsieht, dass die Widerstandshandlung sich gegen eine konkrete Vollstreckungshandlung zur Umsetzung des staatlichen Willens richtet, genügt bei dem § 114 StGB eine allgemeine Diensthandlung. Dies könnte beispielsweise die Streifenfahrt, die Befragung von Straßenpassanten, eine Radarüberwachung oder einfache Unfallaufnahme sein.

Damit ändern sich auch die Anforderungen an den Vollstreckungsbeamten. Bei einer konkreten Vollstreckungshandlung ist immer zusätzlich noch zu beachten, dass diese rechtmäßig vorgenommen wurde. Das heißt, es müssen sämtliche Formvorschriften eingehalten die richtige Zuständigkeit beachtet worden sein, sowie es bedarf immer einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage für die entsprechende Handlung. Grundsätzlich würde die Missachtung von auch nur einem dieser Punkte gemäß § 113 Abs. 4 StGB zur Straflosigkeit des Beschuldigten führen.

Zwar verweist der § 114 Abs. 3 StGB auf den § 113 Abs. 4 StGB, aber nur wenn es sich bei der Diensthandlung um eine Vollstreckungshandlung gehandelt hat. Ist es dabei bei einer bloßen Ausübung einer Diensthandlung geblieben, so ist diese Möglichkeit der Straflosigkeit nicht gegeben.

Erweiterung der Strafzumessungsvorschriften

Die in § 113 Abs. 2 StGB normierten Regelbeispiele für die Strafzumessung sind gemäß § 114 Abs. 2 StGB für beide Tatvorwürfe gleich anzuwenden.

Eine Änderung besteht jedoch in der Neuregelung eines Regelbeispiels selbst. Während der frühere § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB noch eine Verwendungsabsicht für mitgeführte Waffen oder gefährliche Werkzeuge verlangte, ist diese nun nicht mehr notwendig.

Das heißt in der Praxis: Jeder, der zufällig ein Gegenstand bei der Begehung einer Tathandlung nach den §§ 113 oder 114 StGB bei sich geführt hat, welches dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen bei einer anderen Person hervorzurufen, wird nicht unter einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bestraft. Unabhängig davon, ob er sie tatsächlich verwenden wollte oder nur zufällig bei sich geführt hat. Selbst wenn sich der Gegenstand für den Täter unerreichbar in seinem Rucksack befunden hat, wären das Regelbeispiel und die damit einhergehende erhöhte Strafe erfüllt.

Wurden dadurch mehr Nachteile als Vorteile verursacht?

Diese doch enorme Privilegierung des Vollstreckungsbeamten gegenüber den „normalen“ Personen stößt auf weit verbreitete Kritik in der juristischen Welt, denn selbst der Strafrahmen einer gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 StGB hat einen niedrigeren Strafrahmen, als die Strafzumessung der §§ 113, 114 StGB. Da wird nämlich gerade die Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges bei Begehung der Körperverletzung verlangt und selbst dabei ist noch ein minder schwerer Fall möglich, wo die Freiheitsstrafe statt den sechs Monaten auch nur drei Monate betragen könnte.

Auch die Unterscheidungskriterien einer nach § 113 StGB verübten Gewalthandlung und eines im Sinne des § 114 StGB verübten tätlichen Angriffs sind nach wie vor nicht klar definiert. Beide Handlungsvarianten setzen nämlich ein aktives, gegen den Vollstreckungsbeamten gerichtetes körperliches Verhalten voraus.

Dass auch vorher eine klare Differenzierung nicht möglich war, wurde deswegen toleriert, da der Strafrahmen unabhängig von der Handlungsform derselbe gewesen ist. Nun aber bedarf es klarer Unterscheidungsmerkmale, denn ob der Täter zu einer Geldstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, stellt einen enormen Unterschied dar.

Es bleibt also abzuwarten, welchen Weg die Rechtsprechung einschlagen wird und anhand welcher Kriterien zukünftig eine Unterscheidung zu erfolgen hat. Bis zu einer solchen klaren Linie ist es jedoch gerade die Aufgabe der Rechtsanwälte für Strafrecht die Gerichte durch ihre gezielte Verteidigungsstrategie auf die richtigen Punkte aufmerksam zu machen und damit das bestmögliche Verfahren für ihre Mandanten zu sichern.

Sollten Sie daher einen Strafvorwurf in diesem Bereich erhalten haben, so werde ich für Sie als Ihr bundesweit tätiger Strafanwalt alle denkbaren Verteidigungsmöglichkeiten ausschöpfen und abhängig vom Einzelfall ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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