Doppelte Haushaltsführung bei Wohnung im elterlichen Haus?

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Wenn der Arbeitsort vom Hauptwohnsitz weit entfernt ist, dann richten Arbeitnehmer und Selbständige oft eine Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes ein. Durch eine solche „doppelte Haushaltsführung“ entstehen Zusatzkosten (wie beispielsweise Aufwendungen für Miete und Einrichtungsgegenstände), die unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden können.


In der Praxis wirft die „doppelte Haushaltsführung“ jedoch viele komplizierte Rechtsfragen auf - wie etwa die folgende: 


Kann ein berufstätiger Steuerpflichtiger eine doppelte Haushaltsführung damit begründen, dass sein altes Kinderzimmer in der Wohnung der Eltern sein Hauptwohnsitz sei und seine Wohnung am Arbeitsort sein Zweitwohnsitz?


Ich bin Fachanwältin für Steuerrecht und berichte in diesem Artikel über einen von mir für meinen Mandanten vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg und gegen die Finanzbehörde gewonnenen Prozess, bei dem es um die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ging.

Doppelte Haushaltsführung: ehemaliges Kinderzimmer als Hauptwohnsitz?

Ein 52-jähriger Mandant von mir hatte bereits seit Jahren in Berlin gearbeitet und dort auch eine Wohnung bezogen – zusammen mit seiner Lebensgefährtin und einem gemeinsamen Sohn.


Seine Wohnung außerhalb Berlins, die sich im Haushalt seiner Eltern befand, hatte er jedoch als Hauptwohnsitz beibehalten. Nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin war diese mit dem gemeinsamen Sohn aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Mein Mandant blieb in dieser Wohnung, die für ihn alleine nunmehr unverhältnismäßig groß war.


Das Finanzamt hatte die beantragte Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung abgelehnt. Mein Mandant könne, so das Finanzamt, am Ort des von ihm geltend gemachten Hauptwohnsitzes gar keinen eigenen Hausstand haben, da sich die Wohnung im Haushalt seiner Eltern befinde.

Nachdem ein Einspruch gegen den Bescheid des Finanzamtes erfolglos blieb, erhob ich für meinen Mandanten Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg.

Da der Mandant detailliert belegen konnte, dass er seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich am Wohnsitz außerhalb Berlins beibehalten hatte, gab das Finanzgericht der Klage meines Mandanten statt.


Das Finanzamt jedoch blieb hartnäckig: 

Anlässlich des nächsten Einkommensteuerbescheids verweigerte die Finanzbehörde erneut die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung – diesmal mit der Begründung, dass mein Mandant außerhalb seines Arbeitsortes keinen Hausstand im Sinne des § 9 Absatz 1 Nummer 5 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) unterhalte.


Dieser Meinung des Finanzamtes widersprach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Nach Meinung des BFH unterhält nämlich nur derjenige keinen eigenen Hausstand, der nicht in den elterlichen Haushalt eingegliedert ist und keinen Einfluss auf die Haushaltsführung hat. Dies aber traf auf meinen Mandanten nicht zu.


Nach Auffassung des BFH gelten bei einem wirtschaftlich selbständigen, erwachsenen Kind, das eine Wohnung im elterlichen Haus hat, folgende Rechtsvermutungen. Anzunehmen ist, dass

• das erwachsene Kind den Haushalt gemeinsam mit den Eltern bewohnt - und nicht nur Gast im elterlichen Haushalt ist,

• die Wohnung im elterlichen Haus den Lebensmittelpunkt darstellt,

• das erwachsene Kind die Haushaltsführung wesentlich mitbestimmt und

• der Hausstand dem erwachsenen kind als „eigener Hausstand“ zugerechnet werden kann.

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. November 2013, Aktenzeichen VI R 10/13)


Das Finanzamt gab aufgrund meiner Argumentation mit dieser Rechtsprechung meinem Einspruch gegen den urspünglichen Bescheid statt und genehmigte somit die beantragte doppelte Haushaltsführung.


Wichtiger Hinweis:

Bei der Beurteilung eines Rechtsfalls kommt es stets auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Dieser Rechtstipp ersetzt daher nicht eine individuelle Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt.






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