Drogen zu mehreren Personen besessen – Was droht bei Mitbesitz nach § 29 BtMG?

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Dass der Besitz von Betäubungsmitteln strafbar ist, ist bekannt. Auch, dass die zu erwartende Strafe mit der Menge der besessenen Betäubungsmittel zusammenhängt, ist den Meisten geläufig. 

Daher kommen manche Menschen auf die Idee, Betäubungsmittel gemeinschaftlich zu kaufen und zu teilen. Immer wieder erleben wir, dass Mandanten angeben, bei ihnen gefundene Drogen gemeinschaftlich mit einer oder zwei anderen Personen besessen zu haben, in der Hoffnung, somit nicht für die Gesamtmenge, sondern nur für „ihren Anteil“ strafrechtlich belangt zu werden.

Um zu verstehen, dass das ein Trugschluss ist, und warum, müssen wir uns mit dem juristischen Begriff „Besitz“ auseinandersetzen.

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:

- Was „Besitz von Betäubungsmitteln“ bedeutet

- Wann ein Besitz zu mehreren Personen angenommen wird

- Welche Formen des Besitzes in Frage kommen

- Wie Besitz zu mehreren rechtlich beurteilt wird

- Welche Strafen drohen

- Was Sie tun sollten


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Was bedeutet „Besitz von Betäubungsmitteln“?

Für den Begriff des „Besitzes“ im Zusammenhang mit Drogen ist der zivilrechtliche Besitzbegriff nebensächlich. Gemäß § 29 I Nr.3 BtMG liegt Besitz von Betäubungsmitteln vor, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis. Das bedeutet, dass eine Person über eine Sache nach eigenem Belieben verfügen kann, damit also jederzeit machen kann, was er oder sie will. Das beinhaltet im Fall von Betäubungsmitteln zum Beispiel den Konsum, die Weitergabe, oder den Verkauf.

2. Besitzwille. Das bedeutet, dass die Absicht besteht, die eigene Verfügungsgewalt über den Gegenstand auch auszuüben.

Wenn nur eines der beiden Kriterien erfüllt ist (also entweder jemand zwar jederzeit über eine Sache verfügen könnte, es aber nicht will und nicht tut, oder jemand zwar über eine Sache verfügen will, aber keinen freien Zugang dazu hat), liegt kein Besitz im juristischen Sinne vor.

Für ein Besitzverhältnis ist es unerheblich, ob man der tatsächliche Eigentümer ist. Eigentum spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Auch ist es irrelevant, ob eine räumliche Distanz zwischen Besitzer und Besitz besteht. Solange er nach Belieben diese Distanz überbrücken und auf seinen Besitz zugreifen kann, besteht das Besitzverhältnis.


Wann wird ein Besitz zu mehreren Personen angenommen?

Entsprechend der obigen Definition von „Besitz“ können auch mehrere Personen gemeinsam eine Sache besitzen, sofern sie alle Verfügungsgewalt darüber haben, und alle Besitzwillen erkennen lassen. Mitwisser, die aber keinen Zugriff haben, gelten nicht als Besitzer. Ihnen kann jedoch durch ihr Stillschweigen möglicherweise Beihilfe vorgeworfen werden.

Je nachdem, wie sich die Besitzverhältnisse genau gestalten, gelten verschiedene Formen des Besitzes, die, etwa im Falle eines Strafverfahrens wegen Betäubungsmittelbesitzes unterschiedlich bewertet werden.


Welche Formen des Besitzes kommen in Frage?

1. Unmittelbarer Besitz

Wer die tatsächliche Sachherrschaft über eine bestimme Menge an Betäubungsmitteln hat, übt unmittelbaren Besitz aus. Dies gilt, im Falle von gemeinschaftlichem Besitz, für denjenigen, der die Drogen bei sich lagert.

2. Mittelbarer Besitz

Wenn zwei Personen gemeinsam Drogen gekauft haben, und der eine sie bei sich lagert, also die tatsächliche Sachherrschaft inne hat (Unmittelbarer Besitz), übt der Andere mittelbaren Besitz aus. Das Verhältnis zwischen Mittelbarem und unmittelbarem Besitzer ähnelt dabei - stark vereinfacht - einem Mietverhältnis.

3. Fremdbesitz

Hat jemand die Sachherrschaft, lässt dabei aber keinen Willen erkennen, davon in irgendeiner Weise Gebrauch zu machen, lagert also nur die Drogen für jemand anderen bei sich, spricht man von Fremdbesitz.

4. Mitbesitz

Wenn mehrere Personen gleichberechtigte Verfügungsgewalt besitzen und einen Besitzwillen erkennen lassen, handelt es sich um Mitbesitz. Dies ist meist der Fall, wenn mehrere die Drogen gemeinsam gekauft haben. Allerdings muss hier genau unterschieden werden, wie der Kauf geschehen ist.


Wie wird der Besitz zu mehreren rechtlich beurteilt?

Hier wird es aber nun interessant: Ein Besitzverhältnis besteht, sofern der Besitzgegenstand an einem Ort konzentriert und nicht erkennbar in Einzelteile geteilt ist, im Bezug auf dessen Gesamtheit. 

Das heißt, auch wenn fünf Leute eine Sache gemeinsam besitzen, besitzt jeder diese Sache - rein rechtlich gesehen - zu 100%, und nicht bloß zu einem Fünftel.

Es gibt hierfür nur eine Ausnahme:

Bei Mitbesitz von mehreren Personen, die eine bestimmte Menge Betäubungsmittel gemeinsam erworben haben, muss geklärt werden, wie dieser Kauf stattgefunden hat.

Wenn zum gemeinschaftlichen Kauf der Gesamtmenge zusammengelegt worden ist in der Absicht, dass anschließend jeder gleichermaßen auf die Gesamtmenge zugreifen kann, macht sich jeder Mitbesitzer des Besitzes an der Gesamtmenge schuldig.

Wenn aber jeder der Mitbesitzer von vorn herein nur einen bestimmten Teil selbst gekauft hat, also die Gesamtmenge bereits vor Kaufabschluss nie als Ganzes betrachtet worden ist, und auch nie als Ganzes den Mitbesitzern zur Verfügung stand, oder wenn die Gesamtmenge sich erkennbar nicht als Gesamtmenge, sondern portioniert, in Form getrennter Anteile präsentiert, dann ist jeder Mitbesitzer nur des Besitzes an seinem Anteil schuldig.

Ein guter Anwalt wird dies im Verlauf eines Ermittlungsverfahrens prüfen und, wenn möglich, zu Ihrer Verteidigung nutzen.


Welche Strafen drohen?

Besitz von Betäubungsmitteln ist, auch in der winzigsten Menge, immer strafbar. Bei einer geringen Menge (des reinen Wirkstoffes) kann allerdings durch einen Anwalt die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit erwirkt werden.

Grundsätzlich sieht § 29 BtMG für Besitz von Betäubungsmitteln Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren vor. Die Höhe der Strafe im Einzelfall hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter Anderem auch der Frage, ob neben Besitz auch Handel oder Handelsabsicht in Frage kommt, sowie die besessene Menge. Im Regelfall wirkt sich die Angabe eines geteilten Besitzes, also des Mitbesitzes, nicht strafmildernd aus, da jeder Mitbesitzer für den Besitz der Gesamtmenge verurteilt wird.


Was sollte ich tun, wenn ein Verfahren gegen mich läuft?

Wenn dem Gericht glaubhaft gemacht werden kann, dass Sie als Mitbesitzer einer größeren Menge Drogen von vorn herein nur Ihren Anteil gekauft und nur darüber ein Besitzverhältnis innegehabt haben, hat dies unter Umständen großen Einfluss auf das zu erwartende Strafmaß. Insbesondere, wenn es sich bei Ihrem Anteil nur um eine „geringe Menge“ handelt. Dies vor Gericht durch zu bringen ist jedoch nicht einfach und kann, wenn überhaupt, nur durch einen guten Fachanwalt bewirkt werden, der Erfahrung darin besitzt, auf Basis der Ermittlungsakte eine wirksame Verteidigungsstrategie aufzubauen, und seinen Mandanten vor Gericht entsprechend zu verteidigen.

Wenn Sie im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, etwa bei einer polizeilichen Anhörung, Aussagen zur Sache machen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie sich damit die wirksamste Verteidigung verbauen. Die Beamten der Polizei sind darauf geschult, durch gezielte Fragen den Verdächtigen zu Aussagen zu verleiten, die gegen ihn verwendet werden können.

Daher sollten Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen, und sich nicht zur Sache äußern! Dies darf nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden.

Wenden Sie sich statt dessen umgehend an einen Fachanwalt für Strafrecht, der Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und, basierend auf der Beweislage, eine Strategie zu Ihrer Verteidigung für Sie erarbeiten kann.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht, insbesondere Betäubungsmittelverfahren, spezialisiert und arbeiten bundesweit.

Kontaktieren Sie uns einfach per Email, Telefon oder über das Kontaktformular und schildern Sie uns Ihren Fall im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung!





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