Eigenbedarf vorgetäuscht? Was ist zu tun?

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Eine Eigenbedarfskündigung des Wohnungsmietverhältnisses ist möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder für seine Angehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2. Nr. 2 BGB). Dieses grundsätzlich berechtigte Interesse (BVerfG WuM 1989, 114) kann jedoch auch vorgetäuscht werden, um damit Mieter zu verdrängen oder höhere Mieten zu erzielen. Doch wann ist der Eigenbedarf vorgetäuscht und was folgt daraus?

Die erste Voraussetzung einer berechtigten Eigenbedarfskündigung ist, dass der Vermieter die Wohnung tatsächlich selbst bewohnen möchte oder diese einem Angehörigen überlassen will. Zu dem Personenkreis der Angehörigen können neben den Familienangehörigen auch Haushaltsangehörige zählen. Die Familienangehörigen schließen dabei die engere Verwandtschaft ein. Für den weiteren Verwandtschaftskreis (z. B. die Cousine des Vermieters) bedarf es zusätzlich einem besonderen persönlichen Verhältnis (LG Braunschweig, 31.01.1994, Az.: 7 S 61/93). Haushaltsangehörige müssen hingegen schon seit längerer Zeit im Haushalt des Vermieters leben (vgl. BayObLG, 02.03.1982, Allg. Reg. 115/81). Es reicht im Übrigen auch aus, wenn der Vermieter die Wohnung nur zum Teil als Wohnung benötigt und diese ansonsten gewerblich nutzen will (BGH, 05.10.2005, Az.: VIII ZR 127/05)

Dabei muss dem Nutzungswillen eine ernsthafte Absicht zugrunde liegen (BGH, 16.12.2009, Az.: VIII ZR 313/08). Besteht lediglich die Möglichkeit dazu bzw. ist die Absicht des Vermieters ungewiss, so wird die Kündigung bereits dadurch unwirksam. Auch mehrdeutige Absichten und sogenannte „Vorratskündigungen“ führen zur Unwirksamkeit. 

Ist jedoch zu erkennen, dass der Vermieter die Wohnung keinesfalls für sich oder seine Angehörigen benötigt, so ist der Eigenbedarf nur vorgetäuscht. In diesem Fall erwachsen, neben der Unwirksamkeit der Kündigung, Schadenersatzansprüche des gekündigten Mieters. 

Sicherlich ist es für den Mieter schwierig darzulegen, dass ein Eigenbedarf tatsächlich vorgetäuscht ist. Denn letztlich geht es immer um den inneren Willen des Vermieters. Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf können sein: Der Vermieter kündigt dem Mieter nach einem nicht erfolgreichen Mieterhöhungsverlangen; der Vermieter kündigt mehrfach aus verschiedenen Gründen; der Vermieter hat schon einmal Eigenbedarf vorgetäuscht oder einen anderen Eigenbedarfssachverhalt erfolglos geltend gemacht; der Vermieter kündigt nach Sach- oder Rechtstreitigkeiten mit dem Mieter; der Vermieter kennt die Angehörigen gar nicht oder die Angehörigen wissen gar nicht, dass ihnen die Wohnung überlassen werden soll oder ähnliches. 

Der vorgetäuschte Eigenbedarf stellt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar (Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 573 BGB, Rn. 77). Hat der Vermieter diese Pflichtverletzung kausal und schuldhaft begannen, wobei die Schuldhaftigkeit auch auf Fahrlässigkeit beruhen kann, so ist der Vermieter zum Ersatz der daraus für den Mieter entstandenen Schäden verpflichtet. So verhält es sich auch, wenn die Absicht des Vermieters ungewiss bleibt.

Der Umfang des Schadenersatzes schließt verschiedene Schäden mit ein. So sind z.B. die Kosten, die zum Nachweis des vorgetäuschten Eigenbedarfs aufgewendet wurden, grundsätzlich erstattungsfähig (z. B. Kosten für einen Privatdetektiv, vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 573 BGB, Rn. 85). Weitergehend hat der Vermieter auch Umzugskosten und die Kosten einer höheren Miete zu tragen, welche den Mietzins des aufgekündigten Mietvertrages übersteigt (BGH, 29.03.2017, Az.: VIII ZR 44/16). Schließlich muss der Vermieter ggfs. die Kosten eines Rechtsstreites tragen, der aufgrund einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung eingeleitet wurde. 

Nicht jeder Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs kann aber den Vorwurf der Vortäuschung rechtfertigen. Im Einzelfall kommt es immer auf eine Würdigung aller Gesamtumstände an. Erhebt der Mieter zu Unrecht eine Schadensersatzklage, weil er die Pflichtverletzung nicht beweisen kann, so trifft ihn das Prozesskostenrisiko. 

Kranich/Pohland


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