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Eilanträge gegen Schließungen von Bordellen, Prostitutionsstätten u. ä.: bislang erfolglos

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Bis auf das VG Gelsenkirchen hat bislang noch kein einziges Gericht einem Eilantrag gegen die Schließung von Prostitutionsstätten, Bordellen u. ä. aufgrund der Corona-Verordnungen der Länder stattgegeben. Im Überblick:

Beschluss des OVG des Saarlands vom 03.06.20, 2 B 201/20

Der Antrag wird zurückgewiesen. Auch bei beschränktem Angebot auf Erotik-Massagen bestehe ein erhöhtes Infektionsrisiko. Es sei auch nicht kontrollierbar, was in den Zimmern tatsächlich passiere. Zudem sei nicht zu erwarten, dass Kunden ihre Kontaktdaten angeben würden. 

Beschlüsse des OVG Lüneburg vom 29.05.2020, 13 MN 185/20, vom 08.06.2020, 13 MN 204/20 und vom 09.06.2020, 13 MN 211/20

Eilanträge gegen die Schließung von Prostitutionsstätten (hier: erotische Massagen) werden zurückgewiesen. Die erhöhte Gefährdung einer Infektion beruhe auf dem bei den angebotenen sexuellen Dienstleistungen notwendigerweise herzustellenden engsten Körperkontakt mit häufig wechselnden Partnern. Das Vorbringen der Antragstellerin, die angebotenen Dienstleistungen mit Mund-Nasen-Schutz oder Abstand auszuüben, sei lebensfremd.  Auch eine Verlegung des Geschehens in den Außenbereich sei nicht geeignet, das Infektionsrisiko wesentlich zu mindern. Das zitierte Hygienekonzept des Bundesverbands für sexuelle Dienstleistungen überzeuge nicht. Da auf engstem Raum „körperlich erheblich beanspruchende Sexualpraktiken“ durchgeführt werden, sei mit einer deutlich gesteigerten Atemaktivität zu rechnen. Dieselben Prostituierten würden in denselben Räumlichkeiten täglich mehrfach wechselnde Kunden bedienen, was der Verbreitung einer Infektion in hohem Maße Vorschub leisten könne. Die Gefährdungseinschätzung gelte auch für die Erbringung von Massagen als sexuellen Dienstleistungen. Den erhöhten Infektionsgefahren könne nicht in gleicher Weise effektiv wie bei anderen "körpernahen Dienstleistungen" durch Hygienebeschränkungen vorgebeugt werden. Soweit die üblichen Hygienebeschränkungen (Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandswahrung und Erhebung von Kontaktinformationen der Kunden) überhaupt mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen vereinbar seien, dürfte ihre Einhaltung in der tatsächlichen Dienstleistungspraxis nur schwer zu überwachen sein.

Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 04.06.20, 1 S 1617/20 und 1 S 1629/20.

Eilanträge gegen die Schließung von Prostitutionsstätten durch die Corona-Verordnung werden zurückgewiesen. Durch die gesteigerte körperliche Aktivität und Atemfrequenz sei der verstärkte Ausstoß von möglicherweise infektiösen Aerosolen in geschlossenen Räumen zu befürchten. Hinzu komme, dass in denselben Räumlichkeiten von denselben Prostituierten regelmäßig täglich mehrfach wechselnde Kunden bedient würden, was der Verbreitung einer Infektion in hohem Maße Vorschub leisten könne. Da zahlreiche Kunden von Prostitutionsbetrieben ihre Besuche dort verheimlichen wollten, erscheine es nicht realistisch, dass eine zuverlässige und lückenlose Rückverfolgung der Infektionsketten annähernd gelingen könne.

Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 08.06.20, 8 B 1446/20.N

Eilantrag gegen die Schließung von Prostitutionsstätten durch die Corona-Verordnung wird zurückgewiesen.

Angesichts des nach wie vor fragilen epidemiologischen Geschehens in Deutschland sowie des in Prostitutionsstätten typischerweise einem ständigen Wechsel unterliegenden Aufenthalts von Personen in geschlossenen Räumen sei die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.

Das vorgelegte Hygienekonzept sei nicht überzeugend. Weder die Antragstellerin noch die Ordnungsbehörden seien in der Lage, die Einhaltung dieser Hygienevorgaben effektiv zu kontrollieren. Zudem bestünden Zweifel daran, dass die Kunden ihre Kontaktdaten wahrheitsgemäß hinterließen, um bei einem Auftreten von Infektionsfällen ihre Nachverfolgung im Zusammenhang mit der Einleitung notwendiger Quarantänemaßnahmen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sei die Ungleichbehandlung von Prostitutionsstätten gegenüber anderen körpernahen Dienstleistungen sachlich gerechtfertigt.


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