Eilrechtsschutz gegen verbotene Eigenmacht?

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Der Mieter X hatte bereits im Jahr 1998 Räume zum Betrieb einer Arztpraxis angemietet. Mit Nachtrag vom 29.03.2000 wurde die neugegründete Gemeinschaftspraxis X und Y Mieterin der Praxisräume. Im Jahre 2018 gerieten die Mieter mit der Zahlung zweier Mieten in Verzug, denn der Mieter X war längerfristig erkrankt. 

Der Vermieter kündigte aus wichtigem Grund wegen Zahlungsverzuges fristlos und forderte die Mieter auf, die Mietsache bis spätestens 31.01.2019 zu räumen und herauszugeben. Der Vermieter vermietete die Räume noch am selben Tag mit Wirkung zum 01.02.2019 an Nachmieter Z. 

Der Mieter X fand das Kündigungsschreiben im Briefkasten der Praxis vor und ließ daraufhin das Schloss zur Eingangstür auswechseln. Anlässlich des Übergabetermins am 31.01.2019 ließ Y ohne Kenntnis des X die Praxisräume in Anwesenheit von Vermieter und Nachmieter eigenmächtig durch einen Schlüsseldienst öffnen und das Schloss austauschen. Daraufhin beantragte der Mieter X den Erlass einer einstweiligen Verfügung. 

Das zuständige Landgericht hat dem Vermieter antragsgemäß aufgegeben, dem Mieter X Zugang zu den Praxisräumen zu gewähren. Auf den Widerspruch des Vermieters hat das Landgericht zunächst die Vollziehung ausgesetzt und schließlich mit Urteil die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Mieter X seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter.

Das mit Erfolg. Durch den erneuten Austausch des Schlosses und die hierdurch bewirkte Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Praxisräume hatte der Mieter Y nicht eigenen Besitz begründet, sondern lediglich den zuvor bestehenden und durch X entzogenen Besitz der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wiederhergestellt. 

Der Vermieter war als mittelbarer Besitzer gem. § 869 Satz 2 BGB nur berechtigt, die Wiedereinräumung des Besitzes an die bisherige Besitzerin zu verlangen. Der Besitz des Vermieters an den Praxisräumen ist der Gesellschaft gegenüber fehlerhaft, auch wenn er den ihm durch den Mieter Y eingeräumten unmittelbaren Besitz auf den Nachmieter übertragen hat. Denn der Vermieter hat auch im Falle der Weitervermietung der Räume weiterhin mittelbaren Besitz an diesen. 

Der Mieter X war demnach angesichts der Eilbedürftigkeit auch berechtigt, den Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes persönlich im Wege der Prozessstandschaft für die Gesellschaft geltend zu machen, ohne zuvor den Mieter Y gerichtlich auf Mitwirkung hieran in Anspruch zu nehmen. 

(OLG Frankfurt vom 10.05.2019, 2 U 39/19)


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