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Elektroroller (e-Scooter) und Alkohol?

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Fahrverbot Promille e-Scooter

Die Promillegrenzen für e-Scooter in Deutschland sind Gegenstand einer kontroversen Diskussion. 

1. Aktuell liegt die Promillegrenze für e-Scooter in Deutschland bei 0,5 Promille, also dieselbe Grenze, die auch für andere motorisierte Fahrzeuge gilt.

Eine Überschreitung der Promillegrenze kann verschiedene Konsequenzen haben.

a.) Bußgeld und Fahrverbot: In der Regel wird ein Bußgeld verhängt, dessen Höhe je nach Bundesland und Schwere des Verstoßes variiert. 

Bei 0,5 Promille oder mehr begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit. Eine Geldbuße von 500 Euro und ein Fahrverbot von 1 - 3 Monaten sind dann möglich. 

Ab 1,1 Promille sind - auch ohne Ausfallerscheinungen - höhere Geldstrafen und der Entzug der Fahrerlaubnis möglich. Die genaue Höhe der Geldbuße und die Dauer des Fahrverbots hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Ausmaß der Alkoholisierung und eventuellen Wiederholungstaten.

b.) Punkte in Flensburg: Bei einer alkoholbedingten Ordnungswidrigkeit werden in der Regel auch Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen.

c.) Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU): Bei schweren Verstößen oder Wiederholungstaten kann eine MPU angeordnet werden. Hierbei handelt es sich um eine umfangreiche Untersuchung der Fahreignung, die erfolgreich bestanden werden muss, um die Fahrerlaubnis zurückzuerlangen.

d.) Strafrechtliche Konsequenzen: Bei einer hohen Alkoholisierung oder bei alkoholbedingten Unfällen mit Personenschaden kann es auch zu strafrechtlichen Konsequenzen wie Geldstrafen, Freiheitsstrafen oder dem Entzug der Fahrerlaubnis kommen.

2. Durch verschiedene Experten wird weiterhin eine Anlehnung an den Grenzwert für Fahrradfahrer bzw. von e-Bikes von 1,6 Promille befürwortet. 

Besonders der ADAC argumentiert, dass e-Scooter aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit, die normalerweise 20 Kilometer pro Stunde nicht überschreitet, dem Fahrrad bzw. e-Bike näher stehen als dem Auto. 

Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h besitzen sie nur eine geringe kinetische Energie, welche das Unfallrisiko bei Kollisionen verringert. Daher könnte eine Anpassung der Promillegrenzen an den Fahrrad-Grenzwert von 1,6 Promille gerechtfertigt sein.

Die Gegner einer Anpassung betonen, dass e-Scooter trotz ihrer geringeren Geschwindigkeit immer noch motorisierte Fahrzeuge sind und daher den gleichen Sicherheitsstandards wie andere motorisierte Verkehrsteilnehmer unterliegen sollten.

Nach Ansicht des LG Hildesheim – Az.: 13 Ns 40 Js 25077/21 – Urteil vom 20.09.2022, liegt kein Gebrauchen i. S. von § 6 PflVG vor, wenn ein e-Scooter wie ein einfacher Tretroller mit bloßer Muskelkraft gefahren wird.

Update: mit Urteil vom 08.05.2023 - Az.: 1 Ss 276/22, hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass e-Scooter weiterhin normalen Kfz gleichzustellen sind. Dem OLG genügt für diese Gleichstellung der Umstand, dass die Nutzung beider Fahrzeuge tödliche Folgen haben kann. Die Gerichte können folglich auch bei Trunkenheitsfahrten mit dem e-Scooter die Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter „zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet“ ist. 

Update: Nach aktueller Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH), Urteil vom 17.04.2023 - Az. 11 BV 22.1234, können Fahrerlaubnisbehörden bei der Feststellung einer sog. „Fahrungeeignetheit“ kein Fahrverbot mehr für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge wie z.B. e-Scooter oder Fahrräder verhängen.

Zwar können die Fahrerlaubnisbehörden grundsätzlich das Führen von Fahrzeugen nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) verbieten, wenn sich jemand - z.B. durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss - als ungeeignet erweist. Der entsprechende § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV, auf den die Behörden die Verbote stützen, ist zu unbestimmt, als dass er als Grundlage eines Verbotes zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge geeignet wäre. Eine schlichte Übertragung auch auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge ist nach Ansicht des VGH aufgrund des unterschiedlichen Gefährdungspotentials nicht möglich.

Update: mit Urteil vom 17.08.2023 - Az. 5 NBs 59/23 hat das LG Osnabrück entschieden, dass bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem e-Scooter der Entzug der Fahrerlaubnis zwar den Regelfall darstelle, durch die im vorliegenden Fall aber nur sehr kurze Fahrtstrecke von rund 150m liegt nach Auffassung der Kammer ein Ausnahmefall vor. Ferner hat der Fahrer seine Tat bereut, sich  entschuldigt sowie an einem verkehrspädagogischen Seminar teilgenommen und mit medizinischen Gutachten nachgewiesen, dass er in den vergangenen Monaten keinen Alkohol getrunken hat.

Gerne prüfen wir für Sie Ihren individuellen Fall.

Foto(s): J. Weber

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