Entfernung eines Polizeikommissaranwärters aus dem Beamtenverhältnis wegen einer einzigen Äußerung

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VG Potsdam, 20. August 2020, VG 2 L 420/20

Leitsätze

Eine einzige Äußerung eines Polizeikommissaranwärters im Unterricht kann einen hinreichenden Grund für seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf darstellen.

Orientierungssatz

Funkalphabet des Nachnamens Jung: "Jude - Untermensch - Nazi - Gaskammer (oder Völkermord)".

Gründe des Verwaltungsgerichts

Das Oberverwaltungsgericht prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zunächst nur die vom Beklagten fristgerecht dargelegten Gründe der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts. Erweisen sich die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe als begründet, setzt eine Stattgabe der Beschwerde durch das Oberverwaltungsgericht voraus, dass sich die angefochtene Entscheidung nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. April 2019 - OVG 4 S 16.19 - juris Rn. 1 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach die Gründe anzugeben sind, aus denen die Entscheidung geändert oder aufgehoben werden soll (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2015 - OVG 5 S 36.14 - juris Rn. 11). Nach diesen Maßstäben ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam, mit dem es die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen seine Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst für den gehobenen Polizeivollzugsdienst wiederhergestellt hat, abzuändern.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Antragsgegner die Entlassungsverfügung zwar formell rechtmäßig erlassen und auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend begründet, es bestünden jedoch Zweifel, ob der Sachverhalt vollständig ermittelt und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet worden seien. 

Das Verwaltungsgericht anerkennt grundsätzlich den Beurteilungsspielraum des Beklagten, jedoch vernachlässigt es, diesen angemessen zu berücksichtigen. Die Forderung nach weiterer Sachverhaltsaufklärung ignoriert, dass der Dienstherr bei einem einmaligen schweren dienstlichen Vorfall das Recht hat, seine wertende Beurteilung aller Aspekte des Verhaltens des Beamten an diesem Vorfall auszurichten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2016 - 2 B 17.16 - juris Rn. 10). Zusätzlich dazu hat der Antragsgegner bereits in der Begründung der Entlassungsverfügung klargestellt, dass er nicht ausschließlich den Vorfall gewichtet, sondern auch die Aussagen der Zeugen im Strafverfahren berücksichtigt und "ähnliche Äußerungen" des Antragstellers in seine Entscheidung einfließen lässt. In der erstinstanzlichen Antragserwiderung und in der Beschwerdebegründung hat er zudem die Aussagen von Mitschülern und Lehrern detaillierter erläutert.


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