Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit auch bei Buchung einer Ersatzreise

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Mit Urteil vom 23. Mai 2017 hat das Landgericht Köln den Reiseveranstalter verurteilt, 30 % des Reisepreises als Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu bezahlen, nachdem die Reisenden wegen gravierender Leistungsänderungen vom Reisevertrag zurücktreten sind und bei einem anderen Veranstalter eine Ersatzreise gebucht haben.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss mit dem beklagten Reiseveranstalter einen Reisevertrag mit Flug von Frankfurt am Main auf die Malediven und zurück. Neben Erbringung der Flüge verpflichtete sich der Reiseveranstalter, die Reisenden in der Hotelanlage Cantara Ras Fushi Resort für die Zeit vom 29. März 2015 bis zum 9. April 2015 unterzubringen. Der Reisepreis war in Höhe von 6.622,00 € vereinbart. Etwa drei Wochen vor Beginn der geplanten Reise teilte der Reiseveranstalter der Klägerin mit, dass der für den 9. April 2015 vorgesehene Rückflug gestrichen sei und deswegen die Rückreise zwei Tage früher erfolgen müsse. Einige Tage später fügte die Beklagte noch hinzu, dass auf dem Hinflug am 29. März 2015 eine bislang nicht vorgesehene Zwischenübernachtung in Muscat (Oman) durchgeführt werden muss. Die Klägerin ist wegen der erheblichen Verkürzung des Aufenthaltes im Zielgebiet vom Reisevertrag zurückgetreten.

Anstelle der gebuchten Reise trat die Klägerin die bei einem anderen Reiseveranstalter gebuchte Reise auf die Malediven für die Zeit vom 30. März 2015 bis zum 9. April 2015 an. Die Ersatzreise kostete gegenüber dem ursprünglichen Reisepreis 518,00 € mehr. Vorprozessual hat der Reiseveranstalter die Mehrkosten der Klägerin erstattet. Die Klägerin verlangte von dem Veranstalter der ursprünglich gebuchten Reise zusätzlich eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 50 % des Reisepreises. Die Klägerin hat sich dabei darauf berufen, dass durch das Verhalten des Veranstalters der ursprünglich gebuchten Reise die Reiseleistung vollständig vereitelt wurde und ihr daher unabhängig von ihren eigenen Bemühungen zur Buchung einer Ersatzreise die Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zustehe.

Urteil des Amtsgerichts Köln

Das Amtsgericht hat die Klage weitestgehend bis auf einen Betrag in Höhe von 275,00 € abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dieser Betrag ausreichend sei, um die immaterielle Beeinträchtigung durch die vereitelte Reise zu kompensieren. Auf die Höhe des Entschädigungsanspruchs wirke es sich aus, dass die Klägerin nahezu exakt zur gleichen Zeit einen Urlaub auf den Malediven verbringen konnte. Der Entschädigungsanspruch finde seine Ursache allein in den durch die Vereitelung der Reise notwendig gewordenen Anstrengungen, die zur Suche einer entsprechenden Ersatzunterkunft lagen. Dass die ursprünglich gebuchte Reise nicht angetreten werden konnte, hat das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen. Gegen das Urteil hat die Klägerin mit Erfolg Berufung eingelegt.

Urteil des Landgerichts Köln

Das Landgericht Köln hat das angefochtene Urteil abgeändert und mit dem Berufungsurteil (11 S 117/16) die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 30 % des ursprünglich vereinbarten Reisepreises als Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu bezahlen. Das Landgericht hat sich bei der Entscheidung im Wesentlichen auf das als „Malediven-Entscheidung“ bekannte Urteil des Bundesgerichtshofs (X ZR 118/03) gestützt. Das Landgericht hat hierbei ausgeführt, dass der Entschädigungsanspruch nach § 651f Abs. 2 BGB dem Grunde nach entstanden ist, denn das Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht der Klägerin lag vor, da die Leistungsänderungen der Beklagten nicht mehr im Rahmen des Zumutbaren lagen. Die Reise galt daher als vereitelt.

Für den Entschädigungsanspruch kommt es dann aber nicht mehr darauf an, wie der Reisende die ursprünglich für die ausgefallene Reise vorgesehene Zeit letztendlich verbracht hat, da mit der Vereitelung feststehe, dass der Reisende den von ihm geplanten konkreten Nutzen seiner Urlaubszeit, nämlich den Erfolg der von ihm beim Reiseveranstalter gebuchten Reise nicht oder nicht vollständig erreichen kann. Ebenso wenig müsse sich der Reisende eigene überobligatorische Anstrengungen für die Buchung einer Ersatzreise im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen.

In Abweichung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht Köln allerdings die Entschädigung in Höhe von nur 30 % des Reisepreises zugesprochen. Begründet hat das Landgericht die Einschränkung der Höhe des Entschädigungsanspruchs damit, dass der verklagte Reiseveranstalter immerhin noch Reiseleistungen für acht statt der gebuchten zehn Tage angeboten hat und die Klägerin daher die verkürzte Reise hätte antreten können.

Eigene Stellungnahme

Da die Gründe für die Kündigung aus der Sphäre des Reiseveranstalters stammen, ist es konsequent, dem Reisenden den Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zuzusprechen, denn die konkret gebuchte Reise wurde vereitelt. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Reiseveranstalter für Abhilfe sorgt und mit dem Reisenden eine Einigung über eine absolut identische Ersatzreise herbeiführt. Erfolgt eine solche Einigung nicht und bucht der Reisende dann aber entweder bei demselben oder einem anderen Reiseveranstalter eine Ersatzreise, so besteht der Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit weiter. 

Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht allerdings in der Beurteilung, dass infolge des Angebotes einer verkürzten Reise der Entschädigungsanspruch nur in Höhe von 30 % des Reisepreises besteht. Gründe, die eine Reduzierung der Quote gegenüber der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Der berechtigte Rücktritt vom Reisevertrag bzw. dessen Kündigung infolge von Reisemängeln lässt die Reise insgesamt als vereitelt erscheinen.

Nach meiner Einschätzung gilt bei vereitelten Reisen, dass der Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit stets in Höhe von 50 % des Reisepreises entsteht. Ob der Reisende die Urlaubszeit zu Hause verbringt, wieder arbeiten geht oder aufgrund eigener Bemühungen eine Ersatzreise antreten kann, darf in die Beurteilung der Höhe des Entschädigungsanspruchs nicht einfließen, denn mit der Entscheidung des Reisenden, berechtigterweise vom Reisevertrag zurückzutreten, gilt diese konkrete Reise als vereitelt.

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Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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