Equal Pay Day, Entgelttransparenzgesetz – was bedeutet das in der Praxis?

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Equal Pay Day am 18.03.2019 setzte ein Zeichen für Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männer und machte auf die immer noch bestehenden geschlechterspezifischen Gehaltsunterschiede aufmerksam. Hand in Hand mit diesem Aktionstag geht auch das Entgelttransparenzgesetz, das kürzlich sein einjähriges Jubiläum feierte. Ziel dieses Gesetzes ist, das sogenannte Entgeltgleichheitsgebot in der Praxis zu stärken und besser durchzusetzen.

In diesem Rechtstipp gehen wir darauf ein, wie der Gesetzgeber das Entgeltgleichheitsgebot 2019 versteht und welche Möglichkeiten sich hier für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bieten, ihre Gehaltsperspektiven zu verbessern.

1. Was bedeutet Gehaltsgleichheit heute?

Mit dem Entgelttransparenzgesetz hat der Gesetzgeber den öffentlichen und privaten Sektor dem Entgeltgleichheitsgebot verpflichtet: Männliche und weibliche Beschäftigte sollen für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch gleiches Gehalt bekommen! Das Gesetz will Transparenz schaffen. Geschlechterspezifische Diskriminierungen bei den Gehaltspraktiken eines Betriebes oder der Verwaltung sollen aufgedeckt werden. Arbeitnehmer sollen Möglichkeiten erhalten, um ihre Lohnperspektiven zu verbessern und Gehaltsunterschiede zu reduzieren.

Es ist verboten, Frauen und Männer unterschiedliches Gehalt zu bezahlen, wenn die Gehaltsunterschiede alleine auf dem Geschlecht beruhen. Benachteiligte Beschäftigte können nach dem deutschen Arbeitsrecht bei einer solchen Ungleichbehandlung einen Anspruch auf Gehaltsanpassung haben. In der Praxis stellen sich Arbeitgeber jedoch oft quer, sodass der Weg zum Arbeitsgericht beschritten werden muss.

2. Wie kann ich Auskunft über das Gehalt meiner Kollegen bekommen?

Ein wichtiger Hinweis vorweg: Der Gesetzgeber hat mit dem Entgelttransparenzgesetz keinen Anspruch geschaffen, der es Ihnen erlaubt, das Gehalt eines spezifischen Kollegen abzufragen. Richtweisend war die Gesetzesneuerung aber trotzdem! Nach § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes haben bestimmte Beschäftigte ein Recht zu erfahren, nach welchen Kriterien und Verfahren ihr Gehalt festgelegt wurde und welche Verfahren und Kriterien der Gehaltsbemessung bei gleichen oder gleichwertigen Tätigkeiten angewandt wurden. Zudem können sie das Vergleichsentgelt erfragen, haben also die Möglichkeit, das Gehalt für vergleichbare Tätigkeiten zu erfahren.

Der Auskunftsanspruch nach dem Lohntransparenzgesetz steht jedoch nicht allen Beschäftigten zu. Auskunftsberechtigt ist nach derzeitiger Rechtslage nur, wer in einem Betrieb mit regelmäßig mehr als 200 Beschäftigten tätig ist.

3. Was bedeutet vergleichbare Arbeit im Sinne des Lohntransparenzgesetzes?

Das Entgelt – oder Lohntransparenzgesetz unterscheidet begrifflich zwischen gleicher und gleichwertiger Arbeit.

Gleiche Arbeit ist dann gegeben, wenn weibliche und männliche eine identische Tätigkeit ausführen. Das gilt unabhängig davon, ob sie diese Arbeit nacheinander am gleichen Arbeitsplatz oder an unterschiedlichen Arbeitsplätzen parallel ausführen. Als Faustregel gilt: Beschäftigte die sich bei der Arbeit gegenseitig ersetzen könnten, üben eine vergleichbare Tätigkeit im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes aus. So können sich beispielsweise Altenpfleger innerhalb einer Seniorenresidenz gegenseitig vertreten. Sie üben also eine gleiche Tätigkeit aus!

Gleichwertige Arbeit meint demgegenüber Tätigkeiten, die sich zwar inhaltlich unterscheiden, denen aber insgesamt die gleichen Anforderungen und Belastungen zugrunde liegen. Um die Gleichwertigkeit einer Tätigkeit feststellen zu können, müssen vielerlei Umstände berücksichtigt werden: die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen. Bei der Prüfung der Gleichwertigkeit muss mit Rechtsverstand und Fingerspitzengefühl vorgegangen werden, da oft auch Tätigkeiten gleichwertig sind, die in erster Annäherung nicht vergleichbar erscheinen. 

4. An wen muss ich mich wenden?

Für die Fragen, an wen Sie Ihr Auskunftsersuchen richten sollen, kommt es in erster Linie entscheidend darauf an, ob es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat gibt. Existiert ein solcher, wenden Sie sich mit Ihrem Auskunftsanspruch grundsätzlich an den Betriebsrat. Die Anonymität Ihrer Anfrage bleibt dann gewahrt. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes wenden sich an den Personalrat. Der Betriebsrat tritt dann im Idealfall an den Arbeitgeber heran und bittet um Beantwortung des Auskunftsersuchens. Gibt es keinen Betriebsrat, wenden Sie sich grundsätzlich mit Ihrem Anliegen direkt beim Arbeitgeber. Bei Tarifbindung sind Abweichungen denkbar!

5. Lohnanpassung durchsetzen – Anwalt beauftragen!

Das Entgelttransparenzgesetz räumt den Beschäftigten keinen Anspruch auf Gehaltsanpassung ein, wenn sich herausstellt, dass vergleichbare Kollegen mehr Geld verdienen. Schutzlos sind Sie in dem Fall jedoch nicht. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat bereits vor der Einführung des Lohntransparenzgesetzes aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gefolgert, dass in gewissen Situationen eine Gehaltsanpassung geboten ist. Hier kommt es – wie so oft – auf den jeweiligen Einzelfall an.

Hat Ihr Auskunftsanspruch daher ergeben, dass Sie weniger verdienen als Ihre Kollegen, nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Hülya Senol

Beiträge zum Thema