Erfüllung der Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Zugriffsmöglichkeit auf Datenraum

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Verkäufer eines bebauten Grundstückes, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird.


Im vorliegenden Fall, BGH, Urt. v. 15.09.2023, V ZR 77/22, hatte die beklagte Verkäuferin der Käuferin mit notariellem Vertrag mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Hierbei hatte sie versichert, dass - mit Ausnahme eines Beschlusses über die Dachsanierung - keine Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe und ihr auch nicht bekannt sei, dass solche Kosten oder Sonderumlagen bevorstünden. Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen hatte die Klägerin Zugriff auf einen von der Verkäuferin eingerichteten virtuellen Datenraum erhalten, in den die Verkäuferin drei Tage vor der Beurkundung des Kaufvertrages das Protokoll einer Eigentümerversammlung einstellte, in welcher die Eigentümer beschlossen hatten, die Mehrheitseigentümerin zur Umsetzung eines „Umbau- und Revitalisierungsbeschlusses“ ggf. gerichtlich auf Zahlung von 50 Mio. EUR in Anspruch zu nehmen. In diesem Zusammenhang wurde letztendlich auch die Käuferin in Anspruch genommen, welche daraufhin u.a. Zahlungsansprüche gegen die Verkäuferin erhob. Insofern kam ein Schadensersatzanspruch nach den allgemeinen Regeln wegen Verletzung der Aufklärungspflicht in Betracht: Macht der Verkäufer tatsächliche Angaben, die für den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese richtig sein, und zwar auch dann, wenn eine Offenbarungspflicht nicht bestand. Insbesondere haftet der Verkäufer dafür, dass seine Angaben richtig und vollständig sind. Die Angabe der Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten nicht bevorstünden, war hiernach zumindest unvollständig. Eine Vervollständigung durch Nachreichen von Dokumenten kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn hierdurch die auch ohne konkrete Nachfrage bestehende Aufklärungspflicht nicht erfüllt wird, etwa weil – wie hier – die Dokumente erst kurz vor der Beurkundung ohne gesonderten Hinweis in den Datenraum eingestellt werden.


Weitere Informationen auch zu anderen Themen erhalten Sie unter: „www.dr-s-v-berndt.de“.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Sabine Veronika Berndt

Beiträge zum Thema