„Erpresser, Krimineller!“ Ist das schon Beleidigung?

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Im zugrunde liegenden Fall vor dem BGH ging es um die Geltendmachung von Löschungsansprüchen gegen einen Suchmaschinenbetreiber wegen Äußerungen in einem Blog. Dort wurde der Kläger als „Straftäter", „Erpresser" und „Krimineller“ bezeichnet.

1) Deutsches Gericht zuständig

Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsverletzungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug vorliegt. Entscheidend ist, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen – Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und der Berichterstattung des Verfassers andererseits – nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Ein solcher Inlandsbezug lag im vorliegenden Fall vor. Der Kläger wandte sich gegen einen Beitrag, der von dem länderspezifischen Internetauftritt in deutscher Sprache erreichbar ist. Dieser beschäftigt sich mit der Tätigkeit des Klägers als Betreiber des ebenfalls in deutscher Sprache gefassten Blogs.

2) Haftung des Suchmaschinenbetreibers

Der BGH hat festgestellt, dass kein Anspruch auf Unterlassung gegen den Suchmaschinenbetreiber besteht. Dieser ist nicht unmittelbarer Störer, denn die beanstandeten Inhalte auf den Internetseiten, die sie durch Verlinkung auffindbar macht, sind keine eigenen Inhalte. Sie wurden von anderen Personen ins Internet gestellt. Die Inhalte werden auch nicht durch die Aufnahme in den Suchindex zu eigenen Inhalten. Auch eine Haftung als mittelbarer Störer liegt nicht vor. Den Suchmaschinenbetreiber treffen erst dann spezifische Verhaltenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt. Ein Rechtsverstoß kann beispielsweise auf der Hand liegen bei Kinderpornographie, Aufruf zu Gewalt gegen Personen, Hassreden oder ehrverletzender Schmähkritik.

3) Schmähkritik

Der Begriff der Schmähkritik ist eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hiervon kann nur dann die Rede sein, denn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Bei der Schmähung muss eine das sachliche anliegend Äußerung völlig in den Hintergrund drängende Kränkung hinzutreten, deren abschließende Bewertung ohne verifizierende Erkenntnisse zum sachlichen Hintergrund selten möglich ist. Entsprechendes gilt für herabsetzende Tatsachenbehauptungen oder Werturteile mit Tatsachenkern denn hier kommt es maßgeblich auf den Wahrheitsgehalt der behaupteten Tatsache an. Die Bezeichnung als Kinderschänder wird von Gerichten z. B. als Formalbeleidigung behandelt, die keine Abwägung verlangt.

Ergebnis

Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Schmähkritik abgelehnt da für das Gericht es in dem Beitrag, in dem die Aussage „Erpresser“ und „Krimineller“ fielen, noch ein Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung erkannte.

M. Richter

Rechtsanwalt mit speziellen Kenntnissen im Persönlichkeitsrecht



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