EuGH C-639/18; Urteil für den 18.06.2020 angekündigt; Prüfen Sie Ihre Anschlussfinanzierung!

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Worum geht es?

Käufer von Immobilien oder die klassischen Häuslebauer haben regelmäßig nicht für die Gesamtlaufzeit ihrer Darlehen eine Festzinsbindung vereinbart. Meist bestand diese für 10 oder 15 Jahre und musste daher verlängert werden, da das Darlehen eine Laufzeit von 25 Jahren oder mehr hat.

Läuft daher die Festzinsbindung aus oder kündigt der Verbraucher bei einer längeren Festzinsbindung nach 10 Jahren und 6 Monaten, § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wird regelmäßig eine Anschlussfinanzierung oder Zinssicherungsvereinbarung vereinbart, teilweise auch Jahre vorher. Im letzten Fall spricht man von einer Forwardprolongation (dazu hier).

Kein Widerrufsrecht nach Verbraucherdarlehensrecht, § 495 BGB

Erfolgt diese Anschlusszinsvereinbarung bei derselben Bank, bei der auch die Ursprungsfinanzierung abgeschlossen wurde, handelt es sich nach der stRspr des BGH um sog. unechte Abschnittsfinanzierungen, die nicht nach § 495 BGB als Verbraucherdarlehen hinsichtlich eines Widerrufsrechts zu belehren sind.

Grund ist, dass nach Ansicht des BGH kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt wird. Ob dies unter Verbraucherschutzgesichtspunkten richtig ist, mag man bezweifeln, allerdings ist dies seit Jahren gefestigte Rspr des BGH.

Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht bzw. 312c BGB?

Streitig war in den Jahren 2016 bis 2019 , ob eine solche Anschlussfinanzierung eine Finanzdienstleistung darstellt, wobei es sich dabei um einen durch die europäische Richtlinie (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/65) vorgegebenen und daher richtlinienkonform auszulegenden Begriff handelt.

Der BGH hatte dies Anfang 2019 verneint. Er hielt die Sache für so klar, dass er nicht einmal den EuGH anrief.

Verfahren beim EuGH wird zur Änderung der Rspr. führen

Im Verfahren C-639/18 (EuGH) hatte die Generalanwältin Ende März 2020 die gegenteilige Auffassung vertreten und eine Finanzdienstleistung bejaht. Da der EuGH den Schlussanträgen idR folgt, ist ein entsprechendes Urteil zu erwarten. Dieses ist nun für den 18.06.2020 und damit ungewöhnlich schnell nach dem Schlussantrag angekündigt.

Rechtsfolgen des Widerrufs

Bei einem Widerruf wird die Prolongation so behandelt, als wäre sie nicht abgeschlossen worden, so dass das Ursprungsdarlehen sich als variabel verzinstes Darlehen fortsetzt. Durch die seit Anfang der 2010er Jahre kontinuierlich gesunkenen Zinsen, steht hier ein erheblicher Erstattungsanspruch (meist ein fünfstelliger Betrag) im Raum.

Zudem ist das Darlehen dann nach § 488 Abs. 3 BGB kündbar, so dass eine Umschuldung ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich wird.

Auswirkungen und Handlungsempfehlungen

Die Auswirkungen bei einem entsprechenden Urteil des EuGH sind massiv und treffen die ohnehin krisengeschüttelte Finanzbranche zur Unzeit.

Anschlussfinanzierungen sind auch bei den klassischen Geschäftsbanken ganz häufig nur postalisch und telefonisch, mithin im Fernabsatz vereinbart worden. 

Bei Banken wie ING, DSL oder DKB ist es nach Kenntnis des Unterzeichners letztlich fast ausschließlich so erfolgt. 

Hier bestehen hervorragende Chancen auf einen Widerruf, sollte der EuGH wie erwartet entscheiden.

Haben Sie also einen bestehenden Darlehensvertrag bei derselben Bank verlängert und waren dazu nicht in der Filiale, so dürfte ein Widerrufsrecht bestehen. 

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Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

www.widerruf-durchsetzen.de


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