Expertenrat: arglistige Täuschung beim Immobilienkauf

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In einem angespannten Immobilienmarkt gerät der potenzielle Käufer regelmäßig unter Druck. Die Auswahl geeigneter Objekte ist häufig überschaubar und die Kaufpreise aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase enorm hoch. In der Praxis muss immer wieder festgestellt werden, dass der Verbraucher bei Kauf einer Immobilie mit einem Kaufpreis von mehreren hunderttausend Euro scheinbar weniger Sorgfalt an den Tag legt wie zum Beispiel beim Kauf eines Pkw oder eines neuen Fernsehers.

Was muss ich beim Kauf gebrauchter Immobilien beachten?

Nicht jeder Käufer kann sich die derzeit astronomischen Preise der Neuimmobilien leisten oder ist mit den typischerweise kleinen Grundstücksgrößen zufrieden. Häufig fällt dann der suchende Blick auf gebrauchte Objekte. Hierbei gilt zu beachten, dass es der üblichen Praxis entspricht, die Gewährleistung für Mängel weitestgehend auszuschließen. Solche Ausschlussklauseln sind regelmäßig unbedenklich und wirksam!

Die Praxis zeigt, dass die kardinalen Fehler vorwiegend bereits in der Vertragsanbahnungsphase gemacht werden. Üblicherweise muss der Käufer das Kaufobjekt selbst, auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko vor Abschluss des Kaufvertrages untersuchen. Es besteht zwar eine Offenbarungspflicht des Verkäufers für „versteckte Mängel“, die aber nur in seltenen Fällen zum Tragen kommt.

In den weitaus meisten Fällen trägt der Käufer letzten Endes das Risiko und damit auch die Konsequenzen, sollten sich im Nachhinein Mängel zeigen, die im Vorfeld der Kaufvertragsanbahnung hätten erkannt werden können. Eine nachträgliche Geltendmachung von Mängeln am Kaufobjekt ist dann nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.

Wie verhalte ich mich, wenn mich der Verkäufer unter Zeitdruck setzt?

Eines haben die von mir bearbeiteten Fälle bezüglich Mängelhaftung beim Kauf von Gebrauchtimmobilien stets gemeinsam: Der Verkäufer oder ein von ihm beauftragter Makler reagiert auf den Wunsch des Käufers zur Überprüfung der Immobilie mit den Worten:

„Sie müssen sich schnell entscheiden! Es gibt noch viele andere Interessenten. Und dann ist das Objekt schnell anderweitig verkauft.“

Ein solches Verhalten ist m. E. nicht nur unseriös, sondern sollte jeden Käufer vor allem auch argwöhnisch machen. Sofern der Käufer vorbereitet an die Vertragsanbahnungsphase herangeht, ist eine kurzfristige Inaugenscheinnahme durch eine sachverständige Person in der Regel gut und schnell möglich. Ein Verkäufer, der wiederum eine Untersuchung seines Objektes verhindern möchte, hat zumeist etwas zu verbergen.

Daher sollte der Käufer nicht zu schnell aufgeben und dennoch auf eine Begutachtung durch einen Sachverständigen bestehen. Immerhin wird regelmäßig eine nicht unerhebliche Kaufpreissumme gezahlt, die zumeist auch noch finanziert ist.

Aber selbst, wenn man sich dem Druck des Verkäufers beugen möchte, sollte man dafür Sorge tragen, dass notfalls alle Gespräche hinreichend dokumentiert sind. Es gilt stets der Grundsatz: Wer schreibt, der bleibt!

So empfiehlt es sich, den Inhalt der Gespräche im Rahmen von Bestätigungs-E-Mails noch einmal festzuhalten. Sollte eine schriftliche Dokumentation nicht möglich sein, ist auf jedem Fall anzuraten, etwaige Termine mit dem Verkäufer oder dem Makler zusammen mit einem Zeugen wahrzunehmen und das Gesprochene nachträglich in einem Gesprächsprotokoll zu dokumentieren.

Was aber ist, wenn sich nachträglich Mängel zeigen?

Grundsätzlich gilt, dass (eine entsprechende Regelung im Vertrag unterstellt) die Gewährleistung ausgeschlossen wurde. Der Verkäufer haftet in der Regel nicht für die Freiheit des Kaufobjektes von Mängeln.

Hiervon ausgenommen sind zunächst solche Mängel, die einer zugesicherten Eigenschaft widersprechen. Nicht selten findet sich in den Kaufverträgen eine Regelung, wonach der Verkäufer die technischen Geräte (wie zum Beispiel Heizung, Klimaanlage etc.) in einem funktionstüchtigen Zustand zu übergeben hat. Ist dies bei Übergabe tatsächlich nicht gegeben, so kann sich der Verkäufer regelmäßig nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen.

Von höherer Praxisrelevanz dürften jedoch die Fälle sein, in denen die Mängel an der Bausubstanz nach der Übergabe auffallen (z. B. Feuchtigkeit, Risse, Asbest-Belastung etc.). Dann gilt, dass der Verkäufer sich gemäß § 444 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann, wenn er das Vorhandensein des Mangels arglistig verschwiegen hat.

Ein arglistiges Verschweigen setzt zunächst aber voraus, dass der Verkäufer selbst überhaupt Kenntnis von dem in Rede stehende Mangel hatte. Nicht ausreichend ist, dass der Verkäufer über den Mangel in fahrlässiger Weise nicht Kenntnis erlangt hat. Wer gutgläubig falsche Angaben macht, handelt regelmäßig nicht arglistig.

Des Weiteren muss es sich bei dem jeweiligen Mangel um einen solchen handeln, der nach der allgemeinen Verkehrssitte aus Sicht des Verkäufers für den Käufer als so bedeutend anzusehen ist, dass die Kenntnis hierüber für seinen Entschluss zum Abschluss des Vertrages von erheblicher Bedeutung sei (so regelmäßig der Bundesgerichtshof). Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass nachträglich für bloße Bagatellen trotz eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses wiederum eine Mängelhaftung für den Verkäufer konstruiert wird. Nur in diesen Fällen kann eine entsprechende Offenbarungspflicht des Verkäufers unterstellt werden.

Was bedeutet letztlich „arglistig verschwiegen“?

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 (Urteil vom 15.07.2011 − V ZR 171/10) führt der Bundesgerichtshof aus:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann. Für den Kauf eines Hausgrundstücks hat der Senat eine Pflicht zur Offenbarung verborgener wesentlicher Mängel angenommen.“

Ausgenommen sind damit bereits solche Mängel, welche der Käufer bei einer Besichtigung erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Mängel, die im Rahmen einer Besichtigung üblicherweise auffallen müssen, unterliegen regelmäßig keiner Offenbarungsverpflichtung. Der Käufer möge prüfen!

Ferner muss dem Verkäufer ein arglistiges Verhalten vorzuwerfen sein. Dies kann sowohl durch ein Unterlassen (Schweigen) oder aktives Tun (Falschaussage) begangen werden. Hier zeigt sich, dass es bereits in der Verkaufsanbahnungsphase wichtig ist, Fragen zu stellen und sowohl die Fragestellung als auch die Antwort möglichst schriftlich zu dokumentieren. Insbesondere in den Fällen, bei denen der Verkäufer Druck ausübt, sollte zumindest ein ausführlicher Fragenkatalog zur Beantwortung übermittelt werden.

Wie verhalte ich mich, wenn ich nach der Übergabe gravierende Mängel festgestellt habe?

In erster Linie ist an die Beweissicherung zu denken!

Die meisten Verfahren scheitern unter anderem daran, dass es dem Käufer nicht gelingt, die Umstände der Täuschung und Arglist nachzuweisen. Dem Käufer obliegt immer die Beweislast!

Treten Mängel auf, so ist in jedem Fall anzuraten, dass zunächst ein Sachverständiger möglichst frühzeitig hinzugezogen wird. Auch wenn die Ausführungen des Sachverständigen in einem späteren Gerichtsverfahren ein gerichtliches Sachverständigengutachten nicht ersetzen können, so kann der Sachverständige im Verfahren dennoch als sogenannter „sachverständige Zeuge“ geladen werden. Darüber hinaus unterstützen die Ausführungen des Sachverständigen regelmäßig den Anwalt bei der Geltendmachung ihrer Rechte.

Welche Ansprüche habe ich?

Zunächst einmal ist der Verkäufer aufzufordern, den Mangel zu beseitigen. Der Käufer hat das Recht auf Nacherfüllung, die man ihm zunächst vor Geltendmachung weiterer Rechte in Bezug auf die Hauptleistungspflicht einräumen muss.

Lehnt der Verkäufer (wie zumeist) die Nacherfüllung ab, so kann der Käufer in der Regel die Minderung des Kaufpreises oder gar den Rücktritt vom Kaufvertrag verlangt. Interessanter im Zusammenhang mit der arglistigen Täuschung jedoch ist die Anfechtung des Kaufvertrages nach § 123 BGB. Während beim Rücktritt zunächst die gezogenen Nutzungen durch den Käufer (z. B. der Wohnwert) zu berücksichtigen sind, gilt der Vertrag im Falle einer erfolgreichen Anfechtung als von Beginn an nichtig. Der Verkäufer hat dann das Kaufobjekt Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen.

Üblicherweise entstehen dem Käufer jedoch nicht nur die Unannehmlichkeiten aus der Nichtbenutzbarkeit oder einer eingeschränkten Benutzbarkeit des Kaufobjektes. Im Falle einer Rückabwicklung entstehen dem Käufer häufig weitere Schäden, die zum Beispiel aus einem abgeschlossenen Darlehensvertrag (Stichwort Vorfälligkeitsentschädigung!) oder einer Doppelbelastung (fortlaufende Miete wegen fehlender Bewohnbarkeit des Kaufobjektes) herrühren können. Weitere Schadenspositionen sind denkbar. Diese Ansprüche können und sollten stets zusätzlich geltend gemacht werden.

In jedem Fall ist dem Käufer zu raten, möglichst frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen.

Dr. Matthias Koops

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht


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