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Fährverbindung ist keine Pauschalreise

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Viele Urlauber, die mit dem Auto in die Ferien starten, wollen nicht auf dem europäischen Festland bleiben, sondern haben die dazugehörigen Inseln als Ziel im Blick. Um dorthin zu gelangen nutzen sie die etablierten Fährverbindungen, beispielsweise im Mittelmeer. Ob für eine verlegte und dadurch verpasste Fährverbindung Schadensersatz verlangt werden kann, musste das Amtsgericht (AG) München in einem aktuellen Fall entscheiden.

Fährverbindung gebucht und verpasst

Ein Mann buchte am 25.08.2015 bei einem Münchener Automobilclub für den 23.09.2015 eine Fährpassage von Genua nach Tunis. Von der Buchung umfasst waren die Beförderung des Pkw, des Mannes selbst und dessen Übernachtung in einer Kabine – Kostenpunkt 626,40 Euro.
Nachdem der Mann in der Nacht vom 22.09.2015 zum 23.09.2015 in Genua angekommen war, musste er feststellen, dass die Abfahrt der Fähre auf den 22.09.2015 vorverlegt worden war, er davon aber nichts gewusst hatte.

Schadensersatz verlangt

Nachdem der Mann am 25.09.2015 auf einer Familienfeier in Tunis erwartet wurde, konnte er nicht auf die nächste Fährfahrt warten, die für den 26.09.2015 geplant war. Stattdessen fuhr er mit seinem Auto zurück nach München und flog schließlich mit dem Flugzeug nach Tunis.
Nach seiner Rückkehr forderte er von dem Automobilclub Schadensersatz für die verpasste Fährverbindung, die Fahrkosten mit dem Pkw einschließlich der Autobahnvignetten und Ersatz für drei nutzlos verbrauchte Urlaubstage i. H. v. 1768,02 Euro. Nachdem auf sein persönliches Schreiben hin eine Kostenerstattung abgelehnt wurde, ließ der spätere Kläger ein Anwaltsschreiben zugehen. Daraufhin zahlte ihm der Automobilclub 626,40 Euro für die Fährpassage zurück.

Klage eingereicht – ohne Erfolg

Nachdem der Mann mit diesem Betrag nicht einverstanden war, klagte er vor dem AG München auf Zahlung der restlichen Summe – allerdings ohne Erfolg.

Kein Reisevertrag

Die Richter erklärten in ihrem Urteil, dass er gem. § 651f Abs. 1, 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) keinen Schadensersatz verlangen kann, da durch die Buchung einer Fährverbindung gar kein Reisevertrag nach den §§ 651a ff. BGB abgeschlossen worden ist. Bei einer Fährfahrt soll nur der einfache und schnelle Transport von A nach B erfolgen, sodass der Leistung weder ein Erholungswert noch ein Urlaubswert zukommt.

Kein Beförderungsvertrag

Im vorliegenden Fall hatte der Mann eine Beförderungsleistung gebucht, für die das Reisebüro des Automobilclubs offensichtlich nur vermittelnd tätig geworden ist. Der tatsächliche Vertragspartner ergab sich nämlich aus der Reisebestätigung bzw. den ausgehändigten Tickets. Somit hatte er auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Fährfahrt.

Keine Verletzung des Vermittlungsvertrages

Das Reisebüro des Automobilclubs hatte nach Ansicht der Richter auch nicht gegen seine Pflichten aus dem Vermittlungsvertrag gem. der §§ 675, 631, 280 Abs. 1 BGB verstoßen, denn geschuldet ist nur die erfolgreiche Vermittlung der gewünschten Leistung an den späteren Kläger. Nach der Auswahl der gewünschten Leistung ist nur noch der Veranstalter bzw. Leistungserbringer für die ordnungsgemäße Durchführung der Leistung verantwortlich.

Fährpassage ohne Verpflichtung ersetzt

Schließlich stellten die Richter in ihrem Urteil fest, dass der Kläger gegen den Automobilclub keinen Anspruch auf Schadensersatz hat. Nachdem der Club mit dem Mann gar keinen Vertrag hat, aus dem dieser Schadensersatzansprüche herleiten könnte, wurde die Klage abgewiesen.
Den Ersatz der Kosten für die Fährverbindung i. H. v. 626,40 Euro hätte der Automobilclub gar nicht leisten müssen, da keine vertragliche Verpflichtung dazu bestand.

Fazit: Wird lediglich eine einzelne Leistung, wie hier eine Fährverbindung, vermittelt, liegt keine Pauschalreise vor. Daher kann vom Vermittler auch kein Schadensersatz gem. § 651f Abs. 1, 2 BGB verlangt werden.

(AG München, Urteil v. 30.06.2016, Az.: 213 C 3921/16)

(WEI)

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