Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) - Anwalt bei Vorladung, Anklage oder Strafbefehl
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Man mag fast den Eindruck gewinnen, die Fahrerlaubnisprüfung avancierte für junge Menschen zur selben Bedeutung wie der eigene Schulabschuss – beides geschieht in der Regel im selben Alter. Mit großer Freude sieht der Prüfling regelmäßig seiner Fahrerlaubnis entgegen, weil er ohne sie kein Kraftfahrzeug führen darf (§ 2 Abs. 1 StVG); Zuwiderhandlungen sind nicht „nur“ eine Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat strafbar (§ 21 StVG).
Wie hoch ist die Strafe für Fahren ohne Fahrerlaubnis?
Wer ein Fahrzeug führt, wird mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft, wenn er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder er einem Fahrverbot unterliegt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG). Dieselbe Strafandrohung trifft denjenigen, der als Halter eines Fahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand dieses führt, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu haben oder wenn dieser einem Fahrverbot unterliegt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG).
Eine geringere Strafe von bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen trifft denjenigen, der
- diese Tat fahrlässig begeht,
- als Fahrer vorsätzlich oder fahrlässig ein Fahrzeug führt, obgleich sein Führerschein nach § 94 StPO in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist oder
- als Halter eines Fahrzeugs vorsätzlich oder fahrlässig zulässt oder anordnet, dass solch eine Person (im Sinne des vorbenannten Punktes) das Fahrzeug führt
(§ 21 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 StVG).
Unter gewissen Umständen kann zudem das betroffene Kraftfahrzeug (im Folgenden zum Zwecke besserer Lesbarkeit „Auto“) eingezogen werden (§ 21 Abs. 3 StVG).
Mache ich mich wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar, wenn ich meinen Führerschein nicht dabei habe?
Um diese Frage zu beantworten, sind die Begrifflichkeiten wichtig: Die Fahrerlaubnis ist die Erlaubnis zur Führung von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen (§ 2 Abs. 1 S. 1 StVG). Der Führerschein ist die amtliche Bescheinigung über diese Erlaubnis (§ 2 Abs. 1 S. 3 StVG).
Die Strafbarkeit des § 21 StVG erfasst nur denjenigen, der über keine Erlaubnis zum Führen von Fahrzeugen verfügt. Eine „Bagatelle“ und dementsprechend keine Straftat ist es hingegen, trotz Fahrerlaubnis nur seinen Führerschein nicht dabei zu haben; hier liegt nur eine Ordnungswidrigkeit vor, die gem. § 75 Nr. 4, Nr. 168 BKat mit einer Geldbuße von 10 Euro geahndet wird.
Schwerer wiegt freilich der Verstoß, bei dem gar keine Fahrerlaubnis vorhanden ist; hier schlägt das Strafgesetz auch entsprechend voll zu.
Außerdem entsteht eine Strafbarkeit, wenn der Führerschein nicht zu Hause vergessen, sondern gem. § 94 StPO in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.
Mache ich mich strafbar, wenn ich ohne Fahrerlaubnis auf meinem eigenen Grundstück fahre?
Nein, die Strafbarkeit wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis erfasst nur das Fahren auf öffentlichen Straßen. Auf dem eigenen Grundstück ist man grundsätzlich frei, auch ohne Fahrerlaubnis herumzufahren. Auch auf privaten Verkehrsübungsplätzen etc. ist eine Fahrerlaubnis grundsätzlich nicht erforderlich. Hier sollte aber stets Rücksprache mit dem jeweiligen Eigentümer bzw. Betreiber gehalten werden.
Kann auch der Halter wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar sein, wenn jemand sein Auto fährt?
Ja, auch der Halter eines Fahrzeuges kann sich strafbar machen. Er ist für sein Auto verantwortlich. Am praxisrelevantesten dürfte der Fall sein, in dem der Fahrer keine Fahrerlaubnis besitzt. Hier treffen den Halter strenge Prüfpflichten, notfalls muss er sich den Führerschein vorzeigen lassen. Besonders Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern unternehmenseigene Dienstwagen zur Verfügung stellen, sollten hier die erforderliche Sorgfalt walten lassen.
Grundsätzlich reiche es dabei aus, sich den Führerschein einmal vorzeigen zu lassen; nur bei Verdachtsmomenten, die Fahrerlaubnis sei wieder entzogen worden, müsse eine erneute Überprüfung stattfinden (OLG Jena, Beschl. v. 18.07.2006, Az: 1 Ss 111/06). Teilweise wird auch eine jährliche Kontrolle empfohlen (so zB Mielchen/Meyer, DAR 2008, 5, 9).
Mache ich mich strafbar, wenn ich meine Brille nicht trage oder im BF 17 ohne Begleitperson fahre?
Grundsätzlich nein. Die Fahrerlaubnis kann zwar mit bestimmten Auflagen ausgegeben werden, die in Form von Schlüsselzahlen auf dem Führerschein eingetragen sind. Beispiele sind das Tragen einer Brille (Schlüsselzahl 01.01.) und das Fahren nur in Begleitung einer entsprechenden Begleitperson bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Schlüsselzahl 184). Diese Auflagen führen aber nicht dazu, dass der Fahrer bei Nichteinhaltung ohne Fahrerlaubnis fährt. Hier können regelmäßig Maßnahmen drohen, die milder als solche des Strafrechts wirken (zB ein Verwarngeld).
Das Fahren ohne notwendige Brille (oder sonstige Sehhilfe wie beispielsweise Kontaktlinsen) kann aber, wenn es beinahe zu einem Unfall kommt, unter bestimmten Umständen zu einer Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs.1 Nr.1 lit.b StGB) führen.
Strafbar bei Beförderung von Personen ohne P-Schein?
Der „P-Schein“ (Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung) berührt nicht die eigentliche Fahrerlaubnis. Wer also ein Fahrzeug führt, zu dem er über die notwendige Fahrerlaubnis verfügt, wird sich nicht deshalb wegen § 21 StVG strafbar machen, weil er ohne erforderliche Erlaubnis gewerblich Fahrgäste befördert. Auch hier können jedoch andere Nachteile (zB Bußgeld) entstehen.
Mache ich mich strafbar, wenn ich die notwendige Führerscheinklasse nicht habe?
Ja. Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt (§ 2 Abs. 1 S. 2 StVG). Führt der Fahrer ein Fahrzeug, das von seiner Fahrerlaubnisklasse nicht umfasst ist, stellt das ein Fahren ohne Fahrerlaubnis dar.
Beispiel: Der Inhaber einer Fahrerlaubnis Klasse B („übliche“ Fahrerlaubnis für PKW bis 3,5 t und max. 8 Mitfahrer) führt einen Omnibus. Er ist grundsätzlich strafbar gem. § 21 StVG wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Kann mein Auto wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis eingezogen werden?
Ja, bei Verstoß wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis kann das betroffene Kraftfahrzeug unter bestimmten Umständen eingezogen werden, und zwar dann, wenn der Täter
- sein eigenes Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen, er einem Fahrverbot unterlag oder gegen ihn eine Sperre angeordnet war,
- als Halter angeordnet oder zugelassen hat, dass solch eine Person sein Fahrzeug führt oder
- in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen der Tat verurteilt wurde
(§ 21 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG).
Auch hier muss das Gericht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz achten; gerade bei der ersten Verurteilung kann dies dazu führen, dass das Auto doch nicht eingezogen wird.
In jedem Fall können die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn ein erfahrener Strafverteidiger mit der Angelegenheit betraut wird. Hier kann der Einzelfall gewürdigt und dann gemeinsam mit dem Mandanten die bestmögliche Verteidigungsstrategie entwickelt und umgesetzt werden. Gerade in Straßenverkehrsdelikten gehört es zur gemeinsamen Zielausrichtung, auch Folgen wie Fahrverbote und Einziehung von Fahrzeugen mit in den Blick zu nehmen.
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