FAQ – Widerrufsjoker bei Verbraucherkreditverträgen

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Update: Dieser Artikel ist z. T. veraltet. Ob Ihnen bei einem vor oder nach dem 10.06.2010 geschlossenen Darlehensvertrag ein Widerrufsrecht zustehen könnte, entnehmen Sie bitte dem Rechtstipp „Update Widerrufsjoker Immobiliendarlehen 2017“ (Update Widerrufsjoker Immobiliendarlehen 2017) oder stellen Sie bei Rechtsanwalt Dr. Schweers direkt eine Anfrage.

Was ist der „Widerrufsjoker“?

Schließen Sie als Verbraucher einen Kreditvertrag ab, steht Ihnen ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu. Über dieses Recht müssen Sie schriftlich belehrt werden. Die gesetzlichen Anforderungen an die Belehrung waren speziell in der Vergangenheit sehr hoch. Ist eine Belehrung nicht ordnungsgemäß, folgt daraus, dass die Widerrufsfrist nicht endet und der Widerruf auch noch nach Jahren möglich ist. Betroffen sind vor allem Verträge im Zeitraum von dem 01.09.2002 und dem 11.06.2010.

Wann ist eine Widerrufsbelehrung falsch?

Vereinfacht gesagt: Wenn Sie falsch oder missverständlich belehrt wurden und die Bank das gesetzliche Muster (das übrigens auch Fehler enthielt) nicht vollständig übernommen hat. Was als Fehler zu gelten hat bzw. als nicht vollständige Übernahme, ist im Einzelfall zu prüfen. Geklärt ist z. B., dass der Satz „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ zu unklar ist. Die Materie ist aber so komplex, dass es sinnvoller ist, über Ihre konkrete Belehrung zu sprechen als einen umfassenden Überblick zu geben. Ihre Belehrung kann nämlich auch dann falsch sein, wenn sie sich nicht in den von Verbraucherschützern beschriebenen „klassischen“ Fällen wiederfindet.

Was sind die Vorteile?

Sie können z. B. Ihren Kredit zu den aktuellen marktüblichen Konditionen umschulden; oft können so die Kosten des Kredites halbiert werden. Oder Sie zahlen den Kredit zurück, ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Abhängig von den Konditionen des widerrufenen Vertrags kann auch eine zusätzliche Rückzahlungsverpflichtung der Bank möglich sein, deren Höhe von der gewählten Rückrechnungsmethode abhängt. Die Gerichte wenden verschiedene Methoden an.

Was sind die Nachteile?

Rechnerisch ergeben sich für den Verbraucher in der Regel keine Nachteile. Wird der Widerruf konsequent durchgesetzt, beispielsweise mit einer Klage, ist der Verbraucher aber zur Rückzahlung der Restschuld verpflichtet. Ist er dazu nicht in der Lage, entsteht ein Problem.

Lehnen Banken „Widerrufer“ ab?

Manche Banken lehnen es ab, Verbrauchern, die bei einer anderen Bank widerrufen haben, ein Darlehen zu geben, damit das widerrufene Darlehen abgelöst werden kann. Erfahrene Verbraucherschützer wissen aber, welche Banken hiermit kein Problem haben. Ich helfe hier gerne.

Wie wird der Widerruf durchgesetzt?

Verbraucher haben oft die Vorstellung, ohne Rechtsanwalt und im persönlichen Gespräch mit der Bank eine Kulanzlösung erreichen zu können. Das ist eine sympathische Haltung, die leider in keinem vom Verfasser beobachteten Fall zum Erfolg geführt hat.

Erforderlich ist die Beauftragung eines Rechtsanwaltes, der in die Materie eingearbeitet ist und einen guten Überblick über die Rechtsprechung hat oder sich verschaffen kann. Mit Hilfe des Fachwissens kann er der Bank glaubhaft ein Prozessrisiko verdeutlichen und idealerweise eine außergerichtliche Einigung unter Vermeidung eines langwierigen Prozesses erreichen.

Gelingt dies nicht, muss eine Entscheidung über die Klage getroffen werden.

Übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten?

In der Regel ja, wenn eine „gebrauchte“ Immobilie, also ein Bestandsbau zur Selbstnutzung erworben wurde. Der versicherte Rechtsschutzfall tritt aber erst ein, wenn der Verbraucher widerruft und die Bank den Widerruf zurückweist oder ignoriert. Die falsche Belehrung als solche ist noch kein Rechtsschutzfall. Deshalb kann auch eine Versicherung greifen, die erst nach dem Darlehensvertragsschluss abgeschlossen wurde. Die Kostendeckungsanfrage kann ich für Sie übernehmen.

Heben die Anwaltskosten den Zinsvorteil auf, wenn ich nicht rechtsschutzversichert bin?

Es sollte stets versucht werden, die Kostendeckung durch den Rechtsschutzversicherer zu erreichen. Ist keine Rechtsschutzversicherung vorhanden, ist unter Umständen auch ein Erfolgshonorar denkbar. Die Kosten werden von mir immer vorab und transparent dargelegt. Eine im Überraschungsangriff gestellte Rechnung wird es nicht geben. Ich habe die Philosophie, meinen Mandanten möglichst vor unsinnigen Kosten zu schützen.

Wie teuer ist eine Klage und wie lange dauert der Prozess?

Das kann pauschal nicht beantwortet werden. Schon die Bemessung des Streitwertes, von dem die Kosten eines Prozesses maßgeblich abhängen, ist hochstreitig. Angesetzt werden teilweise die Restschuld, teilweise die ersparten Zinsen. Es ist auch kaum vorherzusehen, wie lang ein Prozess dauert, da die Dauer von den Kapazitäten des Gerichts und von der Vergleichsbereitschaft der Bank abhängen. Die Bank kann den Prozess durch alle Instanzen führen, was durchaus zu einer Prozessdauer von vier fünf Jahren führen kann, oder schon bald nach Klageerhebung ein Angebot unterbreiten. Es gibt hier viele Unwägbarkeiten, die der Rechtsanwalt mit dem Mandanten vor Klageerhebung einzelfallabhängig besprechen muss.

Kann ich bereits abgelöste Kredite widerrufen?

Im Prinzip ja, allerdings sind die Prozessrisiken dann höher als bei dem Widerruf eines noch laufenden Kredites. Die unteren Instanzengerichte nehmen dann gerne Verwirkung an; meiner Ansicht nach zu Unrecht. Der Bundesgerichtshof wurde kürzlich leider daran gehindert, diese Rechtsfrage zu klären. Hierzu mein Rechtstipp vom 19.06.2015: https://www.anwalt.de/rechtstipps/bgh-sagt-wichtigen-verhandlungstermin-ab-frage-der-verwirkung-des-widerrufsjokers-bleibt-offen_070317.html.

Soll ich nach dem Widerruf die Ratenzahlung einstellen?

Das ist nicht ratsam. Sie riskieren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und eine Schufa-Eintrag. Es sollte immer eine Einigung mit der Bank oder ein rechtskräftiges Urteil abgewartet werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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