Fehlerhafte Widerrufsbelehrung in Verträgen, die nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden

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Widerrufsrecht wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung

Vor dem Abschluss eines Vertrags müssen Verbraucher über ihr Widerrufsrecht belehrt werden. Dabei muss die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 BGB i.V.m. § 495 BGB entsprechen.

Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. - § 355 Abs. 1 BGB

Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. - § 495 Abs. 1 BGB

Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Vertragsbindung zu schützen. Insbesondere soll dem Verbraucher vor dem Abschluss eines Vertrags mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung wie etwa beim Darlehensvertrag eine Bedenkzeit eingeräumt werden (BGH, Urteil vom 22. November 2016, Az. XI ZR 434/15).

Viele Verträgen enthalten jedoch fehlerhafte bzw. unvollständige Informationen bezüglich des Widerrufsrechts. Verbraucher können im Falle einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung den alten Darlehen rückabwickeln und ein neues, günstigeres Darlehen für die Restschuld aufnehmen. Daher lohnt es sich den Vertrag auf Fehler überprüfen zu lassen, meint Rechtsanwalt Fürstenow von FÜRSTENOW Anwaltskanzlei.

Häufige Fehler in den Darlehenserträgen

Hier geht es um Darlehensverträge, die nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden.  Im Folgenden finden häufige Fehler als Zusammenfassung:

Falsche Fristbelehrung

Die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ ist aufgrund des Wortes „frühestens“ fehlerhaft, da dies nicht erkennen lässt, wann genau die Frist beginnt.

Aufsichtsbehörde 

Nach Ansicht des BGHs können Verträge widerrufen werden, wenn im Vertrag der Hinweis auf die zuständige Aufsichtsbehörde fehlt bzw. die konkrete Aufsichtsbehörde nicht benannt wird. (BGH, Urteil vom 22. November 2016, Az. XI ZR 434/15).

Ein Beispiel für eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“

Fehlender Hinweis auf Widerrufsfolgen

Des Weiteren ist eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft, wenn Angaben über die Widerrufsfolgen nicht miteingefügt werden. Allein das Hinzufügen des Textabschnitts „Widerrufsfolgen“ ist nicht ausreichend. Inkorrekte Formulierungen können eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung begründen.

Die Formulierung wie etwa, dass „Zahlungen innerhalb von 30 Tagen nach Absenden der Widerrufsbelehrung“ zu erstatten sind, macht die Widerrufsbelehrung nichtig. Richtig müsste es „nach Absenden der Widerrufserklärung“ heißen (KG Berlin 2015, 4 W 16/15 zur DKB).

Ebenso können unpräzise Formulierungen als fehlerhafte Widerrufsbelehrung gelten. Ein anderes Beispiel für eine unvollständige Angabe zu den Widerrufsfolgen wäre: „„Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, haben Sie es [...] zurückzuzahlen“ (LG Ravensburg, AZ. 2 O 90/19).

Fehlender Hinweis auf verbundenes Geschäft (z.B. Gebäudeversicherung)

Auch irreführende Formulierungen bezüglich der Pflicht zum Abschluss einer Gebäudeversicherung können zu einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung führen. Dabei muss die Bank genau darüber aufklären, welche Folgen bei einem Widerruf der Gebäudeversicherung auftreten. Formulierungen wie „mit einem wirksamen Widerruf des angegebenen Geschäfts (Gebäudeversicherung) auch an diesen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden“ gibt den Anschein, dass bei einem Widerruf der Versicherung der Darlehensvertrag auch nicht mehr bindend ist und führt zur Verwirrung.

Fehlende Anschrift

Obwohl dies offensichtlich erscheinen sollte, ist leider in vielen Verträgen nur die Angabe des Postfachs erhalten. Allerdings muss die Postanschrift der Bank mit Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Ort angegeben werden, an den der Widerruf eingereicht werden kann (KG Berlin, Beschluss vom 4. März 2019, Az. 8 U 74/17).

Aufwendung gegenüber öffentlichen Stellen

Der Verweis, der Verbraucher müsse Anwendungen ersetzen, die die Bank gegenüber öffentlichen Stellen erbracht habe und diese nicht zurückverlangen kann, ist falsch und erweckt den Anschein, dass unbekannte Kosten anfallen werden.

Ergänzungen und Fußnote

Formulierungen, die verwirrend und unverständlich sind, machen die Widerrufsbelehrung fehlerhaft. (BGH, Az. XI ZR 33/08).

Ebenso kann die in der Widerrufsbelehrung enthaltende Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ die Belehrung fehlerhaft machen, da der Verbraucher denken könnte, die Frist müsse er selbst noch prüfen. Zudem muss sich die Widerrufsbelehrung immer auf den individuellen Vertrag beziehen.

Rechtfolgen fehlerhafter Widerrufsbelehrung

Eine fehlerhafte Belehrung über das Widerrufsrecht hat zur Folge, dass die gesetzliche 14-tätige Widerrufsfrist nicht anfangen konnte und der Darlehensvertrag noch heute widerrufen werden kann. Allerdings können nicht alle Verträge wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung widerrufen werden. Verträge, die zwischen dem 01. September 2002 und dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, können nicht widerrufen werden, da keine Pflicht zur Widerrufsbelehrung vorgesehen war. Jedoch genießen Verträge, die ab dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden, bis heute noch ein Widerrufsrecht, erklärte Rechtsanwalt Fürstenow.

Abgesehen von diesen gängigen Fehlern können weiterhin fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Verträgen gefunden werden. Eine Prüfung des Vertrags lohnt sich auch deshalb, da Ihnen ein Recht auf ein sog. Nutzungsersatz entstehen könnte. Dadurch kann sich die Restschuld verringern.

Ob Ihr Darlehensvertrag noch widerrufbar ist, prüft für Sie Rechtsanwalt Fürstenow, der Sie auch gegenüber Ihrer darlehensgebenden Bank vertritt.

Der Rechtstipp wurde von der Mitarbeiterin der FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, Frau Dastan, erstellt.



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