Fehlervermeidung im Baurecht!

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Rechtsfälle dienen dazu, aus Fehlern anderer zu lernen.

Der 1. Fall des OLG München, Urteil vom 20. August 2013, welcher durch Beschluss des BGHs vom 09.03.2016 zurückgewiesen worden ist. Dort ging es um einen Schaden, den ein Parkettleger verursacht hatte. Der Parkettleger war vertraglich mit dem Bauherrn für ein komplettes Mehrfamilienhaus vertraglich verbunden. Es gab in mehreren Wohnungen erhebliche Mängel am Parkett.

Der Auftraggeber verlangt nach Fristsetzung Kostenvorschuss von 48.000,00 € für die Beauftragung eines Drittunternehmens. Darüber hinaus verlangt er Schadensersatz von 210.000,00 € wegen Nichtverkaufs einer Wohnung für angefallene Kreditzinsen und wegen entstandenen Mietausfalls aus der Nichtvermietung einer anderen Wohnung. Der Parkettleger wird in der ersten Instanz vor dem Landgericht hierzu verurteilt. Das OLG München als Berufungsinstanz bestätigt dieses Urteil. Leider hat der Parkettleger auch vor dem Bundesgerichtshof kein Glück. Der Parkettleger wendet ein, dass die Beweise falsch gewürdigt wurden und den Bauherrn ein Mitverschulden treffe, da er nicht auf den besonders hohen Schaden hingewiesen hatte. Diese Argumente lassen jedoch die Gerichte nicht zu. Der Zeuge K., also der potentielle Käufer, der von dem Kauf der Wohnung Abstand genommen hat, hat vor Gericht ausgesagt, dass es aufgrund der fehlenden Fertigstellung nicht zu dem Kaufvertragsschluss gekommen ist. Eine solche Aussage wird durch die Gerichte als glaubwürdig eingestuft. Deshalb wird man wohl kaum mit dieser Einwendung gehört werden. Eine Beweisaufnahme wegen Beweisfehlern anzugreifen, stellt sich sowieso als sehr schwierig dar. Aussagen von Zeugen zu entkräften ist kaum möglich. Der Bauherr hatte auf Schäden für den Fall verspäteter Bezugsfertigkeit hingewiesen. Auf die genaue Art und Weise der Schadensentstehung infolge verhinderter Vermietbarkeit bzw. Verkäuflichkeit bedarf es jedoch keines Hinweises. Die Gerichte haben entschieden, dass der Bauherr die Wohnung in einem nachgebesserten Zustand anbieten wollte, weil die vorliegenden Mängel den Verkauf hätte verhindern können. Mithin muss sich der Bauherr nach der einschlägigen gesetzlichen Norm des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kein Mitverschulden anrechnen lassen. Aus diesem Urteil kann man als Auftragnehmer nur mitnehmen, dass es bei Mängeln zu einem hohen Schaden kommen kann und damit ein hohes Risiko einhergeht, auch für alle Folgeschäden zu haften. Vielfach sind Auftragnehmer erstaunt, dass der Schaden exorbitant im Verhältnis zum Werklohn steht. Auf dieses Verhältnis kommt es jedoch rechtlich überhaupt nicht an. Vielmehr kann der Schaden um ein Vielfaches höher sein, als der Werklohn für die Leistung. Dies wollen viele Auftragnehmer nicht wahrhaben. Meist sind die Folgeschäden (Mietausfall, Nutzungsausfall, Aus- und Wiedereinräumkosten) viel höher als die Mängelbeseitigungskosten bzw. der Werklohn. Man muss nur mal an Mängel in einem Bürogebäude oder Klinikum denken. Hier muss der Auftragnehmer sehr vorsichtig operieren und sollte sich wirklich anwaltlichen Rat im Hintergrund einholen. Solche Schäden können wahrlich existenzbedrohlich sein. Schließlich soll weiter mit der in der Baupraxis bestehenden Auffassung aufgeräumt werden, dass ein Schaden vorliegen muss, damit der Auftraggeber Mängelrechte geltend machen kann. Das ist falsch. Für einen Mangel ist es nicht erforderlich, dass sich ein Schaden gezeigt hat. Auch ohne Schaden kann ein Mangel vorliegen.

Der 2. Fall, der hier besprochen wird, gibt in der Baupraxis immer wieder Anlass zu Diskussionen. Es soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass der Architekt nicht der Vertreter des Bauherrn ist. Hier ging es um Ausführung von Rohbauarbeiten. Der Architekt auf der Baustelle beauftragte den Auftragnehmer mit den Zusatzarbeiten Direkt- und Notüberläufe zu einem Nachtragsvergütungspreis von 3.800,00 €. Nach dem Bauvertrag war der Architekt ausdrücklich nicht zur Vergabe von Nachtragsaufträgen bevollmächtigt. Der Auftragnehmer ging dann gegen den Auftraggeber rechtlich vor und unterlag in beiden Instanzen. Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 02.12.2016 richtigerweise entschieden, dass der Architekt wie der eigene Bauleiter auf der Baustelle nur technisches Personal darstellt und der Architekt bzw. und der Bauleiter deshalb geänderte oder zusätzliche Leistungen nicht in Auftrag geben kann, die der Auftraggeber dann zusätzlich zu zahlen hat. Nochmals soll wiederholt werden, dass die Architektenvollmacht dort endet, wo der Geldbeutel des Auftraggebers beginnt. Dies ist der Baupraxis anscheinend nicht zu vermitteln. Diese Fehlvorstellung über den Umfang der Architektenvollmacht hält sich hartnäckig in der Baupraxis.

Deshalb nochmals: Jeder Auftragnehmer soll die Finger davonlassen, Leistungen auszuführen, die ein Architekt beauftragt hat. Vielleicht wird es deutlicher, wenn man sich vorstellt, dass die eigenen Mitarbeiter des Auftragnehmers hingehen und Verträge ohne Kenntnis des Auftragnehmers zu seinen Lasten abschließen. Dies geht auch nicht. Dem wird ein Auftragnehmer auch sofort widersprechen. Also kann ein Bauleiter oder ein Architekt den Auftraggeber rechtsgeschäftlich auch nicht verpflichten, es sei denn, er hat hierzu eine ausdrückliche Vollmacht. Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, solche Zusatzaufträge auftragslos auszuführen. Der Auftragnehmer sollte diese Karte auch spielen und deutlich machen, dass die Leistung von ihm selbstverständlich ausgeführt wird, sobald die Beauftragung durch den Auftraggeber erfolgt ist. Dann muss der Architekt diese Beauftragung durch den Auftraggeber einholen und dem Auftragnehmer auch vorlegen oder der Auftragnehmer holt sich diese Beauftragung selbst ein. Das gilt selbst bei sehr geringfügigen Zusatzaufträgen wie hier in einem Wert von 3.800,00 €. Leider besteht dann die weitere Fehlvorstellung, dass bei fehlendem Rückgriff gegenüber dem Auftraggeber, der Architekt selbst haftet. Jedoch übersieht die Baupraxis, dass die Inanspruchnahme des Architekten auf Erfüllung oder Schadensersatz gemäß § 179 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist. Denn der Architekt haftet als Vertreter ohne Vertretungsmacht nicht, weil ein Auftragnehmer wissen muss, dass ein Architekt eben grundsätzlich keine Vollmacht für Änderungs- oder Zusatzaufträge hat. Das Ergebnis ist für den Auftragnehmer im vorliegenden Fall niederschmetternd, da er die Leistung erbracht hat, jedoch diese Leistung nicht bezahlt bekommt. Dieses Ergebnis ist in dem Fall noch für den Auftragnehmer finanziell aufgrund des Umfangs verkraftbar. Nicht auszudenken, wenn es sich um Beträge im 5 oder 6stelligen Bereich handelt, die noch dazu durch Kauf von Material erfolgt sind, welche vorfinanziert werden mussten. Deshalb mein dringender Rat: Ohne Auftrag nicht ausführen! Ganz einfach. Standhaft bleiben und nicht die Nerven verlieren, auch wenn durch den Architekten Druck aufgebaut werden sollte. Auftragslos erbrachte Leistungen werden nur unter sehr engen Voraussetzungen bezahlt. Meist liegen die Voraussetzungen nicht vor. Also darf der Auftragnehmer nie darauf hoffen. Vielmehr muss er sich immer beweisbar, also schriftlich absichern.

Der 3. Fall beschäftigt sich mit dem Verhältnis des Generalunternehmers zu seinem Nachunternehmer und auftragslos erbrachte Leistungen. Hier hatte der Auftragnehmer mal Glück. Es gibt eine interessante Entscheidung des OLG Frankfurt vom 12.04.2013. Dabei ging es darum, dass ein Generalunternehmer die von einem Nachunternehmer ohne Auftrag erbrachten Leistungen ungekürzt gegenüber dem Bauherrn abgerechnet hat, jedoch diese Leistungen gegenüber dem Nachunternehmer nicht bezahlen wollte. Das kommt in der Praxis leider oft vor. Das OLG Frankfurt kommt richtigerweise zu dem Ergebnis, dass in der Abrechnung des Generalunternehmers die Bestätigung liegt, dass die Leistungen notwendig im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B waren und dem mutmaßlichen Willen des Generalunternehmers entsprochen hat. Ausgangslage war, dass das Leistungsverzeichnis nicht immer dem nach dem geschlossen Bauvertrag geschuldeten Erfolg entspricht und es zuweilen auf der Baustelle notwendig wird, technisch notwendige Zusatzarbeiten zu erbringen, um gerade diesen Leistungserfolg herzustellen. 

Der Nachunternehmer hatte keine Beauftragung vom Generalunternehmer eingeholt. Das ist ein Fehler! Damit war seine Leistung auftragslos im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 1 Satz 1 VOB/B. Solche Leistungen müssen durch den Auftraggeber nicht bezahlt werden, es sei denn, dass der Auftraggeber diese nachträglich anerkennt. Dies wird natürlich in den seltensten Fällen der Fall sein. Richtigerweise hat das OLG Frankfurt dann ein solches nachträgliches Anerkenntnis angenommen, wenn der Generalunternehmer hingeht und die Forderung des Nachunternehmers gegenüber seinem Bauherrn abrechnet. Dies hätte man auch anders entscheiden können. Jedoch sieht man auch an diesem Fall, dass es ein unsicheres Spiel darstellt, so zu wetten. Davon kann nur abgeraten werden. In Einzelfällen mag das klappen, aber zur Risikominimierung ist das alles nicht geeignet. 

Die einfache Faustformel ist: Der Auftragnehmer muss alle Leistungen, die er erbringt, schriftlich absichern.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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