Fiktive Abrechnung von Unfallschäden in der Kaskoversicherung auf Gutachtenbasis möglich

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Man hat einen Unfall und möchte sein Kfz nicht reparieren, sondern den Schaden von der Versicherung fiktiv, d.h. auf Basis eines Kostenvoranschlags oder eines Gutachtens, ohne Mehrwertsteuer ausbezahlen lassen.

Im Haftpflichtschadensrecht, d.h. wenn ein anderer das eigene Kfz beschädigt, ist dies umfangreich geregelt und von der Rechtsprechung anerkannt. Anders ist dies jedoch, wenn man den Schaden selbst verursacht hat und die eigene Kasko den Schaden bezahlen soll.

Hier stellt sich die Frage, ob die Kasko im Fall der fiktiven Abrechnung den Versicherungsnehmer auf billigere Werkstätten usw. verweisen kann, oder ob sie gem. Gutachten und/oder Kostenvoranschlag bezahlen muss.

Diese Frage hatte der BGH am 11.11.2015, Az. IV ZR 426/15, zu entscheiden.

Hier muss beachtet werden, dass das Versicherungsrecht sog. „Bedingungsrecht“ ist, d.h. es kommt sehr auf die vereinbarten Kaskobedingungen an. Vorliegend lauteten diese wie folgt:

Ziffer A.2.7.1 AKB 2008:

„Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

a) Wird das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert, zahlen wir die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.7.1.b.

b) Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6.“

Der BGH hat nun zu den vorstehenden AKB erklärt, dass die „Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt auch nach der maßgeblichen Auslegung der Versicherungsbedingungen aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abhängig von den Umständen des jeweiligen Falles als „erforderliche“ Kosten im Sinne der Klausel anzusehen sein können. Danach kann der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen dann ersetzt verlangen, wenn nur in der Markenwerkstatt eine vollständige und fachgerechte Instandsetzung seines Fahrzeugs möglich ist, im Regelfall aber auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder um ein solches handelt, das der Versicherungsnehmer bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.“

Da hierzu bislang nicht festgestellt wurde, hat der BGH den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um die Feststellungen zu tätigen.

Aber es kann grds. gesagt werden, dass eine fiktive Abrechnung nach Gutachten auch im Kaskoversicherungsrecht möglich ist.

Weitere Informationen auf unserer Homepage.

Anwaltskanzlei Canestrini Clark von Knorre Wiekhorst – Göppingen, Augsburg und Donauwörth


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