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Fluggastrechte – Entschädigung ja oder nein?

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Ein Flugunternehmen muss Passagiere bei Flugausfällen wegen interner Streiks nicht entschädigen, weil sie außergewöhnliche Ereignisse sind. Das war bisher unklar. Was befreit noch vom Schadensersatz? Für annullierte Flüge wegen eines Pilotenstreiks gibt es grundsätzlich keine pauschale Entschädigung entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH). Der zugrundeliegende Anspruch auf diese Ausgleichzahlung findet sich in der Fluggastrechte-Verordnung der EU. Sie soll Flugreisenden bei nicht reibungslos verlaufenden Flugzeugreisen zu mehr Rechten verhelfen. Dafür sieht sie neben Betreuungsleistungen für wartende Passagiere, Ticketrückerstattungen, kostenlosen Rückflügen und anderweitiger Beförderung auch eine Art pauschalen Schadensersatz vor. Das Gesetz hat allerdings, seitdem es 2005 in Kraft getreten ist, durch seine praktische Anwendung eine Reihe von Fragen aufgeworfen. Diese werden erst allmählich von den Gerichten beantwortet.

Rechtsprechung baut Rechte weiter aus

So ist erst nachträglich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden worden, dass auch ein in der Luft zur Umkehr gezwungener Flug eine anspruchsbegründende Flugannullierung darstellt. Ebenso wurde erst später gerichtlich klargestellt, dass der im Gesetz nur für bestimmte Fälle vorgesehene pauschale Schadensersatz generell allen Reisenden ab einer Verspätung von drei Stunden zusteht.

Außergewöhnliches Ereignis befreit von Ausgleichsleistung

Auch der Inhalt des in der Verordnung als „außergewöhnliches Ereignis" bezeichneten Umstands kristallisiert sich erst nach und nach durch die Gerichte heraus. Kein Wunder ist, dass er eine häufige Rolle spielt, befreit ein außergewöhnliches Ereignis das beklagte Flugunternehmen doch bei erfolgreichem Beweis seines Vorliegens von der Ausgleichsleistung.

Technische Probleme sind selten außergewöhnlich

Ursprünglich hatte die EU generell technische Defekte für stockende Flüge im Blick. Zunächst sahen Flugbeförderer deshalb auch Flugverzögerungen aufgrund notwendiger Flugzeugreparaturen umfasst. Diese Ansicht scheiterte aber vor Gericht. Allenfalls sicherheitsrelevante vom Hersteller herrührende Produktionsfehler sind anerkannt. Verschleiß und Wartungsaufgaben dagegen nicht, denn sie fallen in die Verantwortung der Fluggesellschaft und sind typisches Risiko ihrer Tätigkeit.

Weitere unerwartete Flugsicherheitsmängel

Anders ist das wiederum bei Naturereignissen - Vulkanasche und Schneechaos sind bildhafte Beispiele. Ebenso muss ein Flugunternehmen nicht bei drohendem Terror, Krieg oder anderen externen Gefahren leisten. Auch externe Streiks schaffen Ausnahmen. Andererseits bildet ein Engpass aufgrund eines erkrankten Crewmitglieds wiederum keine Ausnahme, denn damit ist zu rechnen. 

Auch interne Streiks sind von „außen kommend" und nicht beeinflussbar

Als ein weiteres „von außen" stammendes und nicht von Unternehmen beeinflussbares Ereignis kommen nun auch betriebsinterne Streiks hinzu. Dem BGH zufolge rührten diese von den Arbeitnehmern im Rahmen der geltenden Tarifautonomie her, weshalb ein Unternehmen keine direkte Handhabe dagegen hat.

Ausreichende Abhilfe bestimmt über Leistungsfreiheit

Indirekt muss es aber Maßnahmen ergreifen. Dazu gehört die noch vorhandenen Kapazitäten auszuschöpfen, damit Passagiere so gering wie möglich durch das jeweilige Ereignis beeinträchtigt werden. Die Zahl der Flugannullierungen ist auf ein Minimum zu reduzieren und Verspätungen sind so kurz wie möglich zu halten. Das hatte die beklagte Lufthansa hier getan, weshalb die Kläger die im Fall 600 Euro pro Kopf betragende pauschale Entschädigung nicht erhielten.

(BGH, Urteil v. 21.08.2012, Az. X ZR 138/11, X ZR 146/11)

(GUE)

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