Freistellung ungeimpfter Arbeitnehmer ohne vorheriges Tätigkeitsverbot ist unwirksam

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Die Freistellung ungeimpfter Pflegekräfte vor Verhängung eines Tätigkeitsverbots durch das Gesundheitsamt soll nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 03.02.2023, Az. 7 Sa 67/22) unwirksam sein.

In diesem Rechtsstreit ging es um zwei Pflegekräfte eines Pflegeheims, welche nicht gegen Covid geimpft waren. Der Arbeitgeber hat diese zwei Pflegekräfte freigestellt, da sie einen Impf- oder Genesenennachweis während der einrichtungsbezogenen Impfnachweispflicht (vom 15.03. bis 31.12.2022) nicht vorzeigen konnten. Jedoch wurde vom Gesundheitsamt kein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot verhängt. Während dieser Freistellung haben beide Pflegekräfte kein Entgelt mehr erhalten und verfolgten in ihren Klagen Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum der Freistellung.

Das LAG Baden-Württemberg hielt die Klagen, wie auch schon die Vorinstanz, für begründet.

Es ist der Ansicht, dass ungeimpfte Pflegekräfte, die bereits am 15.03.2022 beim Arbeitgeber beschäftigt waren, nicht automatisch einem Tätigkeitsverbot in Einrichtungen des Gesundheitswesens unterliegen. Es sei vielmehr eine vorherige Anordnung des Gesundheitsamts nötig. Eine Freistellung auf Grundlage des Weisungsrechts des Arbeitgebers bevor das Gesundheitsamt über ein Tätigkeitsverbot entschieden hat, sei nicht rechtmäßig, mit der Folge, dass die Pflegekräfte trotz Freistellung ihren Lohnanspruch behalten.

Ebenso entschied auch das Arbeitsgericht Dresden durch Urteil vom 11.01.2023 (Az. 4 Ca 688/22):

Hier wurde eine Köchin eines Seniorenheimes wegen ihrer nicht vorhandenen Impfung freigestellt. Auch das Arbeitsgericht Dresden entschied, dass diese Freistellung ohne Entgeltfortzahlung nicht rechtmäßig war. Beim Beschäftigungsverbot sei zu unterschieden, ob ein schon bestehendes Arbeitsverhältnis vorliegt oder eine Neueinstellung. Da hier das Arbeitsverhältnis bereits am 15.03.2022 bestand, hätte der Arbeitgeber bzgl. der fehlenden Impfung der Köchin nur eine Mitteilung an das Gesundheitsamt tätigen müssen, er durfte aber nicht die Frau unbezahlt freistellen.

An diesen beiden übereinstimmenden Urteilen ist eine Tendenz der Rechtsprechung in den Fällen der unbezahlten Freistellung aufgrund fehlender Impfung zu erkennen. Im Falle des Urteils des LAG wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es bleibt also abzuwarten, wie sich das BAG zukünftig zu dieser Thematik positionieren wird.


Christian Rothfuß
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Foto(s): A. Scheunert

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