Fristgerechte Kündigungsschutzklageerhebung unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe

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In arbeitsgerichtlichen Angelegenheiten trägt jede Partei ihre außergerichtlichen und erstinstanzlichen Kosten selbst. Deshalb können finanziell schlecht gestellte Arbeitnehmer für ein Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes ihres Vertrauens beantragen.

Bekanntermaßen muss gegen eine Kündigung gem. § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen ab Zugang Kündigungsschutzklage erhoben werden, wenn der Arbeitnehmer diese nicht so einfach hinnehmen will. Andernfalls wird sie wirksam mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, gleichgültig, wie unwirksam sie tatsächlich sein mag.

Problematisch ist bis heute dabei die Frage, ob die dreiwöchige Klagefrist auch dann eingehalten ist, wenn die Klage ausschließlich unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben wird.

Nach der Entscheidung des LAG Hamm vom 14.06.2011 – 14 Ta 295/11, die sich leider bis heute nicht bei allen Arbeitsgerichten herumgesprochen zu haben scheint, gilt die Frist des § 4 KSchG auch dann als gewahrt, wenn die Klage nur für den Fall erhoben wird, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Voraussetzung ist jedoch, dass zumindest ein ordnungsgemäßer Klageentwurf und die Prozesskostenhilfeunterlagen vollständig mit der Antragsschrift eingereicht werden (LAG Hamm, ebenda); denn unabhängig von der finanziellen Bedürftigkeit muss die Klage auch hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.

Dabei stützt das LAG Hamm seine Auffassung auf die Entscheidung des BVerfG vom 01.12.2010 – 1 BvR 1682/07 (NZA 2011, 354). Danach dürfen Verfahrenskosten dem Betroffenen die Anrufung des Gerichts nicht praktisch unmöglich machen. Eine derartige rechtsschutzhemmende Wirkung liegt danach dann vor, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt (BVerfG, ebenda). Durch die Schaffung des Prozesskostenhilferechts hat der Gesetzgeber generell für bedürftige Parteien Kostenbarrieren beseitigt, die sich aus ihrer fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergeben. Die Vorschriften der §§ 114 ff ZPO sind wie § 42 III GKG als Ausprägungen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 I GG i. V. m. Art 20 III GG anzusehen. Dies gilt auch für eine Kündigungsschutzklage, die eine wirtschaftlich bedürftige Partei unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhebt. Für die Auslegung der §§ 4 – 7 KSchG ist das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz zu beachten (LAG Hamm, ebenda m.w.N.).

Bei der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG handelt es sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 11.12.2008 – 2 AZR 472/08) um eine prozessuale Klageerhebungsfrist. Deren Auslegung und Anwendung wirkt sich unmittelbar auf das Recht aus, die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich geltend zu machen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, zeitnah nach einer Kündigung Klarheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu schaffen (BAG vom 23.02.1978 – 2 AZR 462/76), könnte es auch nur um die Frage gehen, ob das Handeln des Arbeitnehmers so gedeutet werden kann, dass er die zum Erhalt eines prozessualen Rechts erforderliche Handlung rechtzeitig vorgenommen hat.

Durch die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrages, dem der Entwurf der Kündigungsschutzklage beigefügt ist oder dieser im Rahmen der Antragsbegründung enthalten ist, wird dem Arbeitgeber hinreichend deutlich gemacht, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses weiterhin streitig ist; denn ihm ist durch Übersendung dieser Schriftsätze durch das Gericht Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Bedingung der Prozesskostenhilfebewilligung ändern nichts daran, dass nur noch von ihr die endgültige gerichtliche Durchsetzung abhängen soll (LAG Hamm, ebenda).

Somit ist die Klagefrist des § 4 KSchG auch dann gewahrt, wenn die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nur unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erfolgt.


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