Geblitzt in der Probezeit – was droht Fahranfängern bei zu schnellem Fahren? Bußgeldbescheid, Aufbauseminar

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Für viele – vor allem junge – Menschen ist es ein lang ersehnter Traum, der endlich in Erfüllung geht: Die Fahrerlaubnis (umgangssprachlich: Der Führerschein). 

Was vielen auch bekannt ist: Gerade in der Probezeit muss man besonders vorsichtig fahren und Regeln besonders beachten.

Das stimmt. Das liegt vor allem daran, dass für Fahranfänger in der Probezeit besonders strenge Maßnahmen verhängt werden können, wenn diese zum Beispiel wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt werden. Fahranfängern drohen neben einem Bußgeld weitere Konsequenzen, wenn sie geblitzt werden.


Geblitzt in der Probezeit – was passiert jetzt?

Gerade wenn man in der Probezeit wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wird, drohen mitunter schwerwiegende Konsequenzen.

Wie allen Fahrern, die bei zu schnellem Fahren erwischt werden, droht – abhängig davon, wie viel zu schnell gefahren wurde – ein Bußgeld, gegebenenfalls ein Fahrverbot und Punkte in Flensburg.

Verkehrsverstöße in der Probezeit werden aber besonders streng geahndet. In der Probezeit drohen nämlich noch weitere Maßnahmen.

Probezeitmaßnahmen sind namentlich …

  • Die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar
  • Die Verlängerung der Probezeit
  • Die schriftliche Verwarnung mit der Empfehlung der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Begutachtung
  • Die Entziehung der Fahrerlaubnis

Beachtlich ist außerdem „nur“, dass der Verkehrsverstoß innerhalb der Probezeit begangen wurde. Konsequenzen können dann auch noch nach der Probezeit drohen; man kann also die Anordnung von Probezeitmaßnahmen nicht allein dadurch verhindern, dass man den Rechtsweg möglichst ausschöpft und somit „Zeit gewinnt“.

Gerade wegen dieser spezifischen Konsequenzen für Fahranfänger, empfiehlt sich bei Erhalt eines Anhörungsbogens, eines Bußgeldbescheids oder eines Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde, sich möglichst schnell an einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu wenden. 

Der Anwalt für Verkehrsrecht weiß, wie nun vorzugehen ist, wie Sie sich am besten verhalten sollten und wie die Konsequenzen für den Geschwindigkeitsverstoß – sollte dieser überhaupt Bestand haben können – vermieden oder zumindest abgemildert werden können.


Kann ich mich gegen die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar und der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen überhöhter Geschwindigkeit wehren?

Auch gegen die Anordnung von Probezeitmaßnahmen seitens der Fahrerlaubnisbehörde kann man rechtlich vorgehen. Führen Sie sich vor Augen: Der Bußgeldbescheid und die z.B. die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger hängen zwar miteinander zusammen, sind aber zwei unterschiedliche Bescheide, die beide angegriffen werden können. Gegen den Bußgeldbescheid kann man Einspruch einlegen und landet schlussendlich – wenn es so weit kommt – vor dem Strafgericht. 

Gegen z.B. die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar oder die Entziehung der Fahrerlaubnis steht grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg offen.

Wie genau Sie gegen den jeweiligen Bescheid vorgehen können und wie die Erfolgsaussichten in Ihrem Fall sind und welches Vorgehen Sinn macht, erklärt Ihnen Ihr Fachanwalt für Verkehrsrecht.

Wichtig: Wenn Sie zunächst einen Bußgeldbescheid erhalten haben, so gilt es direkt hiergegen vorzugehen, wenn man in der Probezeit ist und Probezeitmaßnahmen drohen. Allein mit dem Bezahlen des Bußgeldes hat sich die Sache nämlich in diesem Fall dann in der Regel nicht getan. Und wenn dann ein paar Wochen später Post von der Fahrerlaubnisbehörde ins Haus flattert und beispielsweise die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet wird, kann man den Bußgeldbescheid sonst regelmäßig nicht mehr angreifen, weil er inzwischen rechtskräftig geworden ist. Die Fahrerlaubnisbehörde ist hingegen an das Ergebnis des Bußgeldverfahrens gebunden und kann nicht selbst noch einmal prüfen, ob der Vorwurf des verbotenen zu schnellen Fahrens überhaupt rechtlich richtig ist. 

Daher gilt: Lieber direkt und unmittelbar handeln. Am besten wenden Sie sich als Fahranfänger direkt an einen Fachanwalt für Strafrecht. Dieser kennt nämlich genau diese Risiken und kann Ihnen erklären, welches Vorgehen in Ihrem konkreten Fall am meisten Sinn macht und was auf Sie zukommen kann.

Deswegen scheiterte zum Beispiel eine Fahrerin, die sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar wendete, weil sie der Meinung war, der Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung könne keinen Bestand haben. Sie rügte allerdings nicht den Bußgeldbescheid. Das Verwaltungsgericht Würzburg wies in diesem Fall unter anderem darauf hin, dass derjenige, der sich nicht rechtlich gegen den Bußgeldbescheid wendet, dann auch alle – auch die negativen – Konsequenzen hieraus zu tragen hat und das auch ohne, dass die Bußgeldbehörde den Betroffenen über diese Risiken entsprechend belehrte (vgl. VG Würzburg, Beschluss v. 28.04.2020 – W 6 S 20.510).


Verliere ich meinen Führerschein, wenn ich in der Probezeit mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt werde? „Lappen“ weg wegen Blitzer?

Fährt man als Fahranfänger in der Probezeit zu schnell, so droht auch in besonderem Maße der Verlust der Fahrerlaubnis (umgangssprachlich Verlust des Führerscheins oder des „Lappen“). Dass einem die Fahrerlaubnis entzogen wird, droht, wenn man besonders häufig zu schnell gefahren ist in der Probezeit. 

Den Probezeitmaßnahmen liegt nämlich eine Art Stufensystem zugrunde.

Wurde man bereits wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes, der auch ins Fahreignungsregister eingetragen wurde, verurteilt bzw. ein Bußgeld deswegen verhängt und wurden entsprechend schon Maßnahmen gegen den Fahranfänger angeordnet (Aufbauseminar, Verlängerung der Probezeit, schriftliche Verwarnung), so droht schlussendlich auch der Entzug der Fahrerlaubnis. Wichtig: Voraussetzung ist hier auch nicht, dass z.B. die Anordnung der Teilnahme an dem Aufbauseminar rechtmäßig war. Es „genügt“, dass sie vollziehbar ist. 

Neben der spezifischen Regelung zum Entzug der Fahrerlaubnis von Fahranfängern in der Probezeit gilt auch die „allgemeine“ Regel, die Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit zu entziehen.

Um welche Art der Entziehung es sich handelt, kann für die Verteidigung eine Rolle spielen.

Der Entzug der Fahrerlaubnis bringt in der Regel auch eine bestimmte Sperrfrist mit sich. Erst nach Ablauf der Sperrfrist, darf man (umgangssprachlich) den Führerschein nochmal machen und so seine Fahrerlaubnis wieder erhalten.

Neben der unangenehmen Situation, eine ganze Weile keinen Führerschein, keine Fahrerlaubnis zu haben und die Fahrprüfung noch einmal machen zu müssen, sind damit auch noch einmal zusätzliche Kosten verbunden (insbesondere die für die „Führerscheinprüfung“).

Beachten Sie außerdem, dass „nur“, weil Sie beruflich auf Ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind, dies noch nicht gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis spricht. Eine besondere Härte kann zwar die Entscheidung der Entziehung der Fahrerlaubnis in manchen Konstellationen beeinflussen; hier gilt es allerdings, besonders präzise zu argumentieren.


Wann wird ein Aufbauseminar für Fahranfänger wegen zu schnellem Fahren angeordnet?

Schon wenn man als Fahranfänger in der Probezeit das erste Mal geblitzt wird, kann die Anordnung eines Aufbauseminars drohen.

Voraussetzung ist aber grundsätzlich, dass das hierfür verhängte Bußgeld mindestens 60 Euro beträgt oder wegen der überhöhten Geschwindigkeit ein Fahrverbot angeordnet wurde.

Es genügt in diesem Zusammenhang übrigens nicht, dass das Bußgeld allein deswegen die 60 Euro übersteigt, weil gemeinsam mit der überhöhten Geschwindigkeit ein weiterer Verkehrsverstoß begangen wurde. 

So verneinte das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Rechtmäßigkeit der Anordnung eines Aufbauseminars wegen überhöhter Geschwindigkeit in einem Fall, in dem für den Geschwindigkeitsverstoß lediglich ein Bußgeld in Höhe von 10 Euro zu verhängen wäre (in diesem Fall handelte es sich um eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 8 km/h) und erst durch den damit einhergehenden Verstoß gegen das Verbot der Handynutzung am Steuer die Schwelle des für die Anordnung eines Aufbauseminars erforderlichen Bußgeldes überschritten wurde (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss v. 23.11.2011 – 9 K 2511/11 in openJur 2012, 67622).


Verlängert sich die Probezeit, wenn man mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt wurde?

Ja, das ist möglich. Wenn man mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt wird und das in dem Umfang, dass deswegen eine Eintragung ins Fahreignungsregister erfolgt, verlängert sich die Probezeit auf vier Jahre. 


Übersicht: Probezeitmaßnahmen für zu schnelles Fahren – Geblitzt als Fahranfänger

Vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung

Welche Probezeitmaßnahme droht?

Erste Geschwindigkeitsüberschreitung, die ins Fahreignungsregister eingetragen wird (Bußgeld von mindestens 60 Euro oder Anordnung Fahrverbot)

Anordnung eines Aufbauseminars und Verlängerung der Probezeit auf vier Jahre

Zweite Geschwindigkeitsüberschreitung, die ins Fahreignungsregister eingetragen wird

(Bußgeld von mindestens 60 Euro oder Anordnung Fahrverbot)

Schriftliche Verwarnung und Empfehlung der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Begutachtung

Dritte Geschwindigkeitsüberschreitung, die ins Fahreignungsregister eingetragen wird

(Bußgeld von mindestens 60 Euro oder Anordnung Fahrverbot)

Entziehung der Fahrerlaubnis


Kann das Bußgeld wegen zu hoher Geschwindigkeit geringer ausfallen, wenn ich noch Schüler bin?

Sind Sie noch Schüler oder befinden sich in einer Berufsausbildung und haben ein entsprechend geringes Einkommen, so kann Teil der Verteidigungsstrategie auch sein, dies entsprechend vorzutragen und auf ein geringeres Bußgeld hinzuwirken. 

Bei geringem Einkommen kann die Behörde oder das Gericht gegebenenfalls ein geringeres Bußgeld verhängen.


Zu schnell mit dem Fahrrad in der Probezeit – kann ich meinen Führerschein verlieren?

Ja. Auch wenn man zu schnell mit dem Fahrrad in der Probezeit gefahren ist und deshalb ein Bußgeld verhängt wird, können (ab einem gewissen Punkt), Probezeitmaßnahmen inklusive Entzug der Fahrerlaubnis drohen.


Darf ich manchmal weniger als die durch ein Verkehrsschild zugelassene Höchstgeschwindigkeit fahren?

Manchmal darf man – nicht nur – als Fahranfänger in der Probezeit die zugelassene Höchstgeschwindigkeit nicht ausschöpfen und es drohen Bußgelder wegen überhöhter Geschwindigkeit, wenn man dies tut. 

Dies betrifft vor allem Fälle bestimmter Witterungsbedingungen, wie Nebel, Schnee oder Regen.


Was passiert, wenn ich in der Probezeit „Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf halbe Sicht“ nicht beachte?

Auch eine Nichtbeachtung der Grundsätze „Fahren auf Sicht“ (nur so schnell Fahren, dass man innerhalb seiner Sichtweite zum Stehen kommen kann) und „Fahren auf halbe Sicht“ (nur so schnell Fahren, dass man innerhalb der Hälfte der Sichtweite zum Stehen kommen kann – gilt bei besonders schmalen Straßen, auf denen der Gegenverkehr gefährdet werden könnte) ist verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Auch hier drohen also – je nachdem wie viel man zu schnell gefahren ist – Bußgeld, Fahrverbot, Punkte in Flensburg, Verlängerung der Probezeit, Anordnung eines Aufbauseminars und Co.


Darf ich als Fahranfänger nicht schneller als 130 km/h auf der Autobahn fahren?

Das kommt darauf an. Wenn eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h auf der Autobahn angeordnet ist – insbesondere durch ein Verkehrsschild – darf man auch als Fahranfänger in der Probezeit nicht schneller als 130 km/h auf der Autobahn fahren.

Wenn allerdings keine Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn angeordnet ist, so gilt die sogenannte Richtgeschwindigkeit und die liegt für PKW bei 130 km/h. 

Diese Richtgeschwindigkeit von 130 km/h darf überschritten werden, allerdings kann das schnelle Fahren einen haftungserhöhenden Umstand darstellen und das Haftungsrisiko erhöhen, wenn dann z.B. ein Unfall verursacht wird. 


Darf ich in der Probezeit ausnahmsweise schneller als erlaubt fahren?

Auch in der Probezeit kann es bestimmte – enge! – Ausnahmen geben, in denen man ausnahmsweise schneller fahren darf als eigentlich zulässig.

Beachten Sie aber, dass dies absolute Ausnahmen sind und entsprechend eng verstanden werden bzw. die Anforderungen recht hoch angesetzt werden.

Ein erfahrener und spezialisierter Fachanwalt für Strafrecht erkennt aber, wenn es Anhaltspunkte für einen solchen Ausnahmetatbestand in Ihrem Fall gibt und Sie berechtigterweise zu schnell gefahren sind und wird diese Punkte entsprechend gegenüber der Bußgeldbehörde oder dem Gericht vortragen.

Zu schnelles Fahren kann zum Beispiel ausnahmsweise im Falle eines Notstands erlaubt sein. Ob tatsächlich eine Situation des rechtfertigenden Notstands bestand, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls. Auch ist hier Kenntnis der umfassenden Rechtsprechung erforderlich, um Argumente gerade in Grenzfällen in die effektive Verteidigung des Fahranfängers einzubauen.

Ausnahmsweise erlaubtes zu schnelles Fahren kann beispielsweise vorliegen, bei nicht vorhersehbarem, nicht anders abwendbaren Durchfall als Fahrer (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 06.12.2007 – IV-5 Ss-OWi 218/07 – (OWi) 150/07 I in NZV 2009, 470 m.w.N.), nicht aber z.B. als Taxifahrer, wenn man einen betrunkenen Gast im Auto hat und befürchtet, dass dieser sich gleich übergibt und man deswegen möglichst schnell die nächste Autobahnausfahrt erreichen will (vgl. OLG Bamberg, Beschluss v. 04.09.2013 – 3 Ss OWi 1130/13 in openJur 2014, 8743).


Zu langsam gefahren in der Probezeit – welche Konsequenzen drohen für zu langsames Fahren?

Zwar wird man wegen zu langsamen Fahrens in aller Regel nicht geblitzt, allerdings ist auch grundloses zu langsam Fahren verboten, wenn hierdurch andere Verkehrsteilnehmer behindert werden.

In diesem Fall droht ein Verwarngeld von 10 Euro. Die Anordnung von spezifischen Probezeitmaßnahmen ist daher unwahrscheinlich.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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