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Gesetzesänderungen im April 2020: Hilfen, Ausnahmen und Erleichterungen in der Coronakrise

  • 6 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
Gesetzesänderungen im April 2020: Hilfen, Ausnahmen und Erleichterungen in der Coronakrise
  • Mieter und Darlehensnehmer werden infolge der Coronakrise vor Kündigungen geschützt.
  • Die Insolvenzantragspflicht ist bis 30. September 2020 ausgesetzt.
  • Strafprozesse können coronakrisenbedingt länger unterbrochen werden.
  • Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner und Kurzarbeiter werden ausgeweitet.
  • Geringfügige Beschäftigung kann länger ausgeübt werden.
  • Das Infektionsschutzgesetz ermöglicht weitere Maßnahmen zur Epidemiebekämpfung.
  • Unternehmen, Vereine und Eigentümergemeinschaften können Versammlungen einfacher virtuell durchführen.
  • Die soziale Absicherung wird für besonders betroffene Personen erleichtert.

Das Coronavirus bewirkt zahlreiche Gesetzesänderungen, die vor einem Monat für viele noch undenkbar gewesen wären. Zu vielen Themen existieren bereits Beiträge, auf die bei den einzelnen Änderungen verwiesen wird. 

Zudem gibt es einige Gesetzesänderungen, die mit der Coronakrise nichts zu tun haben, die folgender Beitrag vorstellt: Gesetzesänderungen im April 2020: Schärfere Mietpreisbremse, Maklerprovision, Partnerkindadoption

Über die rechtlichen Entwicklungen in der Coronakrise informiert zudem unser ständig aktualisierter Coronakrisen-Ratgeber.

Kündigungsschutz für Mieter bei Zahlungsschwierigkeiten

Mieter, die infolge der Coronakrise ihre Miete nicht zahlen können, können deshalb schwerer gekündigt werden. Das gilt bei Nichtzahlung der fälligen Miete im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020. Mieter müssen allerdings die Nichtzahlung aufgrund der Coronakrise glaubhaft machen. Für Pachtverhältnisse gilt dasselbe. Kündigungen aus anderen Gründen sind jedoch weiterhin möglich.

Weitere Informationen gibt der Rechtstipp Corona-Krise: Keine Kündigung bei Mietausfall.

Leistungsverweigerung bei Darlehen und Daseinsvorsorge

Auch für private Darlehensnehmer gibt es einen Schutz. Sie müssen bei Zahlungsschwierigkeiten infolge der Coronakrise bis zum 30. Juni 2020 nicht mit einer vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrags und der Verwertung ihrer Sicherheit rechnen. Das gilt besonders für die drohende Zwangsversteigerung ihrer Immobilie bei Immobiliendarlehen. Rückzahlungen, Zinsen und Tilgung werden für die Dauer von drei Monaten gestundet. Sie sind unzumutbar, wenn Kreditnehmer deshalb Mittel für ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt oder für ihre Unterhaltsberechtigten fehlen.

Dasselbe gilt für Verbraucher bis zum 30. Juni 2020 bei Leistungen zur Daseinsvorsorge – insbesondere die Versorgung mit Strom, Gas oder Wasser. Für Kleinstunternehmen gilt eine vergleichbares Leistungsverweigerungsrecht. Als Kleinstunternehmen gilt ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Millionen Euro nicht überschreitet.

Insolvenzantragspflicht ist ausgesetzt

Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung infolge der Coronakrise ist bis 30. September 2020 kein Insolvenzantrag zu stellen. Die Insolvenzantragspflicht ist rückwirkend zum 1. März 2020 ausgesetzt.
Darüber und über weitere Änderungen informiert der Beitrag Insolvenz wegen Coronakrise: die wichtigsten Fragen und Antworten.

Längere Unterbrechung von Strafprozessen möglich

In Strafprozessen können Hauptverhandlungen nun bis zu zwei Monate und zehn Tage unterbrochen werden, wenn die weitere Verhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Infektionen mit dem Coronavirus unmöglich wurde.

Baurechtliche Ausnahmen für Gesundheitseinrichtungen

Zum schnelleren Bau medizinischer Einrichtungen für die Versorgung von COVID-19-Patienten kann von baurechtlichen Zulassungsregeln bis zum Jahresende abgewichen werden.

Zusätzliche 156 Milliarden Euro für Hilfspakete

Am 27. März stimmte der Bundesrat dem Gesetz für den Nachtragshaushalt zur Bewältigung der Coronakrise zu und damit bereits vier Tage nachdem dessen Entwurf vorlag. Der Nachtragshaushalt umfasst 156 Milliarden Euro als Hilfen für Unternehmen, Arbeitnehmer und Krankenhäuser.

Über die zahlreichen Hilfen zur Bewältigung der Coronakrise informieren die Beiträge:

Bis zu 44.590 Euro Hinzuverdienst ohne Rentenkürzung

Rentner können ohne Einbußen für ihre Rente statt 6300 Euro im Jahr 2020 bis zu 44.590 Euro hinzuverdienen. Insbesondere dringend benötigte Arbeitskräfte sollen durch ihre Arbeit keine finanziellen Nachteile hinnehmen müssen. Im Jahr 2020 gelten zudem keine Hinzuverdienstgrenzen für Landwirte gemäß § 27b Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte.

Hinzuverdienst beim Kurzarbeitergeld

Verdienst durch eine Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen wird einem zugleich bezogenen Kurzarbeitergeld nicht voll hinzugerechnet. Dazu kommt es erst, wenn der Hinzuverdienst und das Kurzarbeitergeld das Soll-Entgelt der Beschäftigung überschreiten,für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Entsprechende Beschäftigungen sind zudem sozialversicherungsfrei.

Kurzarbeitsregeln gelockert

Kurzarbeit ist nun bereits möglich, wenn im Anspruchszeitraum mindestens zehn Prozent der Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind.

Beiträge zur Sozialversicherung werden Arbeitgebern auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit in pauschal erstattet. Die Änderungen gelten jeweils bis Jahresende.

Geringfügige Beschäftigungsmöglichkeit ausgeweitet

Vom 1. März 2020 bis einschließlich 31. Oktober 2020 sind geringfügige Beschäftigungen mit einem Entgelt von mehr als 450 Euro für bis zu fünf Monate bzw. 115 Arbeitstage in einem Kalenderjahr zulässig. Bisher waren nur bis zu drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr je nach Eigenart der Beschäftigung zulässig.

Grundsicherung für besonders betroffene Personen

Kleinunternehmer, Solo-Selbstständige, Ältere, Erwerbsgeminderte und nicht Erwerbsfähige sind besonders von der Krise betroffen. Sie erhalten leichter Grundsicherung. Diese beträgt für alleinstehende Personen aktuell 432 Euro pro Monat. Die Selbstständigkeit kann weiterlaufen.

  • Bei Anträgen zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 entfällt die Vermögensprüfung in den ersten sechs Monaten. Antragsteller müssen erklären, dass sie kein erhebliches Vermögen besitzen.
  • Ausgaben für Miete und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt.
  • Bei Neuanträgen auf Kinderzuschlag kommt es nun nur noch auf das Einkommen des letzten Monats an. Vermögen bleibt außen vor.
  • Die Verlängerung des Kinderzuschlags (KiZ) erfolgt ab April für bis zu sechs Monate ohne erneute Einkommensprüfung. Familien mit geringem Einkommen erhalten dadurch leichter bis zu 185 Euro monatlich pro Kind. Die Arbeitsagentur verweist auf den KiZ-Lotsen: https://www.arbeitsagentur.de/familie-und-kinder/kiz-lotse

Diese zunächst bis zum 30. Juni 2020 geltenden Ausnahmen kann die Bundesregierung bis zum 31. Dezember verlängern.

Ausnahmen von Arbeitszeitgrenzen für wichtige Bereiche

Arbeitnehmer in existenziell wichtigen Bereichen dürfen länger arbeiten.
Das gilt besonders für die Lebensmittelversorgung und die medizinische Versorgung. Einschränkungen der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden und der Sonn- und Feiertagsarbeit sind.
Die bisher vorgeschriebenen Ruhepausen dürfen auf 15 Minuten nach sechs bzw. auf 30 Minuten nach neun Arbeitsstunden verkürzt werden. Die Ruhezeit darf um bis zu zwei Stunden verkürzt werden.
Die wöchentliche Arbeitszeit darf 48 Stunden im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten. Grundlage sind Allgemeinverfügungen.

Beschränkungen zur Verhinderung von Infektionen

Kontakte vermeiden, um Ansteckungen zu verhindern und so Leben zu retten. Diesem Zweck dienen die massiven Beschränkungen des täglichen Lebens. Die damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen werden auf bereits bestehende Gesetze gestützt - insbesondere auf das Infektionsschutzgesetz.
In der Bundesrepublik gelten sie seit 22. März vorerst bis zum 19. April und voraussichtlich auch über Ostern. Darauf haben sich Bund und Länder verständigt.

Diese 9 Regeln gelten jetzt in den Bundesländern.

In Bayern gilt seit 21. März eine Regelung, die Kontakte mit Menschen außerhalb des eigenen Haushalts erheblich einschränkt. Die Maßnahmen gelten inzwischen mindestens bis 19. April.
Im Saarland und in Sachsen wurden die Maßnahmen vorerst bis zum 20. April verlängert.

Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro.

Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes ausgeweitet

Das geänderte Infektionsschutzgesetz ermöglicht dem Bundesgesundheitsministerium weitere Maßnahmen im Falle der neu in das Gesetz aufgenommenen epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Diese kann der Bundestag feststellen. Im Einzelnen kann das Bundesgesundheitsministerium insbesondere

  • von Einreisenden Nachweise verlangen und sie Untersuchungen unterwerfen,
  • Personenbeförderungsunternehmen zur Mitwirkung verpflichten,
  • Maßnahmen zur Arzneimittelversorgung treffen,
  • Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen treffen,
  • bestimmten Berufsgruppen heilkundliche Tätigkeiten erlauben.

Entschädigung für Verdienstausfall erhalten können nun unter anderem auch erwerbstätige Sorgeberechtigte hilfsbedürftiger behinderter Kinder oder von Kindern bis zu zwölf Jahren. Das gilt bei der notwendigen Selbstbetreuung infolge der Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen, wenn es keine andere zumutbare Betreuungsmöglichkeit gibt.

Virtuelle Versammlungsmöglichkeit für Unternehmen, Wohnungseigentümer und Vereine

Kontakte vermeiden und dennoch notwendige Versammlungen abhalten: Dazu ermöglicht eine Gesetzesänderung virtuelle Versammlungen. Erstmals sind dadurch vollständig virtuelle Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften möglich. Die Gesetzesänderung soll bis Ende 2021 gelten.

Auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften können sich einfacher virtuell versammeln und Beschlüsse treffen. Zuletzt bestellte WEG-Verwalter können im Amt bleiben und Wirtschaftspläne fortgelten.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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