Gilt der alte Unterhaltstitel auch nach Erreichen der Volljährigkeit?

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Das Amtsgericht hatte sich mit dem folgenden Sachverhalt zu beschäftigen:

Der Antragsteller ist der leibliche Vater der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller verpflichtete sich mit Jugendamtsurkunde des Bezirksamtes aus dem Jahr 1995 zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Antragsgegnerin in Höhe des Regelunterhaltes, wobei die Unterhaltsverpflichtung ausdrücklich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes befristet war.

Mit Schreiben des Fachbereiches Jugend und Familie – Beistandschaften – aus dem Jahr 2008 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass sich das Unterhaltsrecht zum 1.1.2008 geändert hat. Das Bezirksamt wies den Antragsteller darauf hin, dass eine Anpassung der bisherigen Unterhaltsregelung an die neue Rechtslage erforderlich ist. Daraufhin wurde durch Urkunde des Bezirksamtes aus dem Jahr 2008 seitens des Antragstellers ein neuer Unterhaltstitel geschaffen. In dieser Urkunde heißt es:

„Ich bin nach der Urkunde des Bezirksamtes x verpflichtet, meinem Kinde y Unterhalt in Höhe von zurzeit --- € monatlich im Voraus zu zahlen.

Ich verpflichte mich, diesem Kind in Abänderung des oben genannten Titels den nachstehenden Unterhalt zu zahlen, und zwar monatlich im Voraus zum ersten eines jeden Monats:

Ab dem x.y.2008 115 % des Mindestunterhalt der dritten Altersstufe. …“

Der Antragsteller stellte seine Unterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin mit Erreichen der Volljährigkeit seiner Tochter ein. Die Antragsgegnerin betrieb seither aus der Urkunde des Bezirksamtes x vom x.y.2008 die Zwangsvollstreckung und erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Antragsteller.

Daraufhin erhob der Antragsteller Vollstreckungsabwehrantrag und beantragte, die Zwangsvollstreckung aus der Jugendamtsurkunde des Bezirksamtes x vom x.y.2008 wegen nach dem Erreichen der Volljährigkeit fällig werdender Unterhaltsforderungen für unzulässig zu erklären. Ferner wurde beantragt, die vollstreckbare Ausfertigung der Jugendamtsurkunde an den Antragsteller herauszugeben.

Muss nach Erreichen der Volljährigkeit weiter Unterhalt gezahlt werden? Gilt der alte Titel fort?

Es kommt darauf an!

Im vorliegenden Fall gab das Amtsgericht dem Antragsteller Recht und erklärte die Zwangsvollstreckung aus dem Alttitel für unzulässig. Zur Begründung führte es aus, dass es vorliegend trotz der Schaffung weiterer Unterhaltstitel durch den Antragsteller bei der ursprünglichen Befristung des Unterhaltsanspruches bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Antragsgegnerin verblieben sei. Die ursprünglich in der Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 1995 vorgesehene Befristung des Unterhaltsanspruches bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Antragsgegnerin sei durch die Errichtung der Jugendamtsurkunden aus dem Jahr 2008 nicht ausdrücklich abgeändert worden.

Zwar finde sich kein ausdrücklicher Hinweis mehr auf eine Befristung. Allerdings finde sich in der Urkunde explizit der Hinweis darauf, dass die nun titulierte Unterhaltsforderung in Abänderung der Urkunde des Bezirksamtes aus dem Jahr 1995 erfolgt sei. Dies könne hier nur dahingehend ausgelegt werden, dass die Errichtung der weiteren Urkunde einzig den Zweck hatte, die Unterhaltsbeträge an die sich ändernde Rechtslage anzupassen. Abgeändert wurde also nur die Höhe der Unterhaltsverpflichtung.

Dass der Antragsteller sich bei Schaffung des weiteren Unterhaltstitels verpflichten wollte, den nun titulierten Unterhalt abweichend von dem ursprünglichen Titel aus dem Jahre 1995 über das 18. Lebensjahr der Antragsgegnerin hinaus zu zahlen, konnte der Urkunden aus dem Jahr 2008 nicht entnommen werden. Hierzu hätte es vielmehr einer ausdrücklichen Erklärung seitens des Antragstellers in der neu geschaffenen Unterhaltsurkunde oder eines ausdrücklichen Antrages bzw. formlosen Verlangens der Antragsgegnerin bedurft.

Da der Unterhalt ausdrücklich bis zum Erreichen der Volljährigkeit befristet war, fand § 244 FamFG keine Anwendung.

Unabhängig von der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Alttitel sei aber die Frage zu bewerten, ob der Antragsteller nicht weiter Unterhalt schuldet. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, sei er sehr wohl dazu verpflichtet, einen neuen Titel zu errichten.

Fazit:

Bei der Vollstreckung aus alten Jugendamtsurkunden, die im Laufe der Jahre abgeändert wurden, ist sehr genau darauf zu achten, wie der genaue Wortlaut des Ursprungstitels war. Findet sich dort eine Befristung, gilt diese im Zweifel fort, es sei denn sie wurde ausdrücklich aufgehoben. Gerade bei bis Ende der 90iger Jahre erstellten Ersttiteln, finden sich häufig noch Befristungen bis zum 18. Lebensjahr.

Sollte der Alttitel befristet sein, ist es Sache des Kindes, aktiv zu werden und einen neuen Titel zu verlangen. § 244 FamFG greift nicht.

Wenn keine Befristung existiert (auch nicht im Ersttitel), so hilft § 244 FamFG dem unterhaltsberechtigten Kind. Der Unterhaltsschuldner kann sich nicht auf die Volljährigkeit berufen. Der Alttitel gilt zunächst einmal fort. Wünscht der Unterhaltsschuldner eine Abänderung (z. B. weil ja der andere Elternteil nun auch verpflichtet ist), so muss er selbst aktiv werden und eine Abänderung verlangen.

Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 24.7.2014 (Geschäftsnummer: 87 F 84/14)


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