Grundstückskaufvertrag ohne Genehmigung: Keine Kostenübernahme ohne Treuepflichtverletzung

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Immobilie vor blauem Himmel mit Wolken

Der Bundesgerichtshof hat im Fall V ZR 182/11 entschieden, dass ein Grundstückskaufvertrag, der durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen wurde und dessen Genehmigung verweigert wurde, nicht automatisch zu einem Anspruch auf Ersatz der Beurkundungskosten führt. Dies ist nur der Fall, wenn eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung vorliegt, wie beispielsweise das Vorspiegeln einer nicht vorhandenen Genehmigungsbereitschaft. Des Weiteren setzt die Beurteilung der Haftung für die vergeblichen Vertragskosten voraus, dass die Bedingungen des Vertrags bei einer Genehmigung eingetreten wären. Zudem sind Kostenregelungen in Verträgen nur anwendbar, wenn der Vertrag wirksam wird. Der BGH hat das Urteil des OLG Karlsruhe aufgehoben und zur weiteren Klärung, insbesondere bezüglich der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten und der vertraglichen Kostenregelungen, zurückverwiesen.

Um was ging es in dem Fall?

Eine Investorin plante den Bau von Truppenunterkünften und wollte hierfür eine Kommanditgesellschaft gründen, mit der Beklagten als Komplementärin und sich selbst als Kommanditistin. Der Geschäftsführer der Beklagten, ein Rechtsanwalt, führte die Verhandlungen mit dem Kläger über den Kauf von Grundstücken mit einer Gesamtfläche von etwa 182.000 m² für 75,5 Millionen Euro. Der Kaufvertrag war an die Bedingung geknüpft, dass eine zufriedenstellende due-diligence-Prüfung durchgeführt wird.

Der Kaufvertrag wurde durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht ("vollmachtloser Vertreter") für die Projektgesellschaft abgeschlossen und später nicht genehmigt. Der Kläger zahlte daraufhin die Notarkosten von 60.637,84 Euro und verlangt deren vollständige Erstattung von der Beklagten, einschließlich Zinsen.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Beklagte akzeptierte die Verurteilung zur Hälfte der Klagesumme, legte aber Berufung gegen den restlichen Betrag von 30.318,92 Euro nebst Zinsen ein, jedoch ohne Erfolg. Die Beklagte strebt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Abweisung dieses Teils der Klage an, während der Kläger die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt.

Entscheidung des Berufungsgericht

Das Berufungsgericht befand, dass die Beklagte dem Kläger die gesamten Beurkundungskosten wegen Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten erstatten müsse. Die Beklagte habe die Genehmigung des Vertrags grundlos verweigert, obwohl sie beim Kläger Vertrauen auf den Vertragsschluss geweckt habe. Der Vertrag war vollständig ausgehandelt und die notarielle Beurkundung wurde durch die Vertreter der Beklagten veranlasst.

Teilverurteilung

Die Beklagte wurde rechtskräftig verurteilt, dem Kläger die Hälfte der Beurkundungskosten (30.318,92 €) zu erstatten. Dies beruht auf § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Beklagte die Beurkundung veranlasst hat und somit gesamtschuldnerisch haftete. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob die Beklagte mehr als die Hälfte der Kosten tragen muss.

Vorvertragliche Schutzpflichten

Das Berufungsgericht stützt die Verpflichtung der Beklagten auf § 280 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, was jedoch nach Ansicht des BGH nicht gerechtfertigt ist. Die Beklagte hat ihre Schutzpflichten nicht allein durch die Verweigerung der Genehmigung verletzt. Innerhalb der Privatautonomie hat jede Partei das Recht, bis zum Vertragsabschluss zurückzutreten. Aufwendungen in Erwartung eines Vertragsschlusses erfolgen auf eigene Gefahr. Schadensersatzansprüche entstehen nur, wenn der Vertragsschluss als sicher anzunehmen war und Vertrauen begründet wurde, das später ohne triftigen Grund enttäuscht wurde.

  1. Strengere Anforderungen: Bei Grundstückskaufverträgen sind strengere Anforderungen an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten zu stellen. Schadensersatzansprüche entstehen nur bei besonders schwerwiegenden Treuepflichtverletzungen, wie dem Vorspiegeln einer nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft. Ansonsten würde ein indirekter Zwang zum Vertragsabschluss entstehen, der dem Zweck der Formvorschrift des § 311b BGB widerspricht.
  2. Treuepflichtverletzung: Es fehlt an einer besonders schwerwiegenden Treuepflichtverletzung der Beklagten. Eine solche Verletzung könnte nur angenommen werden, wenn die Beklagte dem Kläger eine nicht vorhandene Genehmigungsbereitschaft vorgespiegelt hätte oder das Handeln des vollmachtlosen Vertreters abgesprochen und die Genehmigung sicher in Aussicht gestellt hätte.

Zurückverweisung

Der BGH entschied, dass die Sache nicht entscheidungsreif ist und verwies sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Dabei soll dann geklärt werden, ob eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung vorliegt und ob der Vertrag wirksam geworden wäre.

  • Schutzpflichtverletzung: Es ist nun also vom Berufungsgericht festzustellen, ob die Beklagte ihre Treuepflicht besonders schwerwiegend verletzt hat. Eine solche Verletzung könnte beispielsweise vorliegen, wenn die Beklagte eine nicht vorhandene Bereitschaft zur Genehmigung vorgespiegelt hätte.
  • Vertragskosten: Es ist vom Berufungsgericht außerdem zu prüfen, ob der Kläger aufgrund der vertraglichen Regelung Ersatz der Vertragskosten verlangen kann. Vertragliche Regelungen zu den Kosten setzen voraus, dass der Vertrag wirksam wird. Es könnte jedoch eine besondere Vereinbarung bestehen, dass der Käufer die Beurkundungskosten auch bei Nichtwirksamwerden des Vertrags trägt. Der Kläger hat eine Kostenfreistellungszusage behauptet und unter Beweis gestellt. Dies ist vom Gericht weiter zu untersuchen.


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