Häufiger Streitpunkt Scheidungskosten: des Anwalts und des Richters Müh ist nicht umsonst

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I. Welche Kosten entstehen?

Die Kosten eines Scheidungsverfahrens teilen sich auf in die so genannten Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten.

1. Gerichtskosten

Die Gerichtskosten werden geprägt durch die eigentlichen Verfahrenskosten für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens. Hinzu kommen Kosten, die durch Veranlassung des Gerichts zusätzlich entstehen können, insbesondere im Rahmen von Beweiserhebungen. Dies können Kosten für die Beauftragung von Sachverständigen sein oder beispielsweise Kosten für die Ladung und Vernehmung von Zeugen (Zeugengeld).

Die Einzelheiten sind in einem speziellen Familiengerichtskostengesetz (FamGKG) geregelt.

2. Außergerichtliche Kosten

Die außergerichtlichen Kosten umfassen im Wesentlichen die Kosten eines jeden Beteiligten selbst und seine anwaltliche Vertretung im Verfahren. Die letztgenannten Kosten sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt.

Im Nachfolgenden werden wir uns mit den Gerichtskosten nach dem FamGKG und den außergerichtlichen Kosten nach dem RVG befassen.

II. Wie ermitteln sich die Verfahrenskosten?

1. Die Systematik der Kostenermittlung

Ausgangspunkt für die Höhe der Gerichtskosten sind die Gebühren des Familiengerichtskostengesetzes (FamGKG). Die Höhe der Gebühren richten sich nach dem Wert des Verfahrensgegenstands, dem Verfahrenswert, § 3 FamGKG. Jedenfalls ist das der Grundsatz, von dem es einige wenige Ausnahmen gibt.

Die Kosten der anwaltlichen Vertretung ergeben sich aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Diese Kosten richten sich in Familiensachen, wie auch in sonstigen zivilrechtlichen Angelegenheiten, nach dem Gegenstandswert, § 13 Abs. 1 RVG. Die Bestimmung der Höhe des maßgeblichen Gegenstandswertes richtet sich in gerichtlichen Verfahren, soweit also Gerichtsgebühren zur Anwendung kommen, nach den Wertvorschriften, die für die Gerichtsgebühren gelten, § 23 Abs. 1 RVG. Insoweit kommen also andere Wertvorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nicht zur Anwendung.

Letztendlich ist also für die Höhe der anwaltlichen Vergütung die Festsetzung des Verfahrenswerts durch das Familiengericht entscheidend und für den Rechtsanwalt bindend.

Der Rechtsanwalt ist aber nicht gehindert, mit seinem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung dahingehend zu treffen, dass eine höhere als die gesetzliche Gebühr geschuldet wird. In diesem Zusammenhang gibt es Vergütungsvereinbarungsmodelle unterschiedlicher Art, z. B. Abrechnung nach Zeitaufwand, Festlegung eines (höheren) Verfahrenswertes, Erhöhung der gesetzlichen Gebühren nach einem zu vereinbarenden Multiplikator.

Eine Vergütungsvereinbarung die eine niedrigere Vergütung als die Gesetzliche zum Inhalt hat, ist unzulässig und widerspricht den gesetzlichen Vorschriften, § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO.

2. Die Ermittlung des Verfahrenswertes

In allen Familiensachen, einschließlich des Scheidungsverfahrens, wird bei der Kostenermittlung jeweils ein Verfahrenswert zugrunde gelegt, den das Gesetz festlegt.

a) Ehesache

Nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist der Umfang und die Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse für die Wertbestimmung maßgeblich. Dabei kommt es nach § 34 Abs. 1 FamGKG jeweils auf den Zeitpunkt der Antragstellung an, also beispielsweise die Anhängigmachung der Scheidung durch anwaltlichen Antragsschriftsatz. Spätere Änderungen der Einkommensverhältnisse und/oder Vermögensverhältnisse spielen keine Rolle.

Die Einkommensverhältnisse werden gemäß § 43 Abs. 2 FamGKG nach dem dreifachen Monatsnettoeinkommen beider Ehegatten ermittelt.

Unter Einkommen sind grundsätzlich alle Einkünfte zu verstehen. Zu den Einkünften zählen Abfindungen, Gratifikationen, Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, Wohngeld, Harz IV, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II. Einige Oberlandesgerichte zählen so genannte Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II nicht zu den Einkünften. Dies ist allerdings wenig überzeugend, geht es doch letztendlich nur um die Abbildung der Wirtschaftskraft der beteiligten Eheleute.

Auch das Kindergeld zählt zu den Einkünften, zumindest dann, wenn bei der Einkommensermittlung für jedes unterhaltsberechtigte Kind ohne Rücksicht auf die tatsächliche Höhe von Unterhaltsansprüchen ein Pauschalbetrag abgesetzt wird. Dies handhaben die Familiengerichte sehr unterschiedlich und daher kann eine einheitliche Verfahrensweise noch nicht einmal für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts Bamberg angegeben werden.

Schulden bzw. ein Schuldendienst der Ehegatten werden nicht abgezogen.

Bei der Vermögensermittlung wird das Vermögen beider Eheleute allerdings unter Abzug der vorhandenen Schulden ermittelt. Von diesem Nettovermögen sind Freibeträge für jeden Ehegatten i.H.v. 60.000 € abzuziehen. Soweit Kinder noch in den Genuss des Vermögens kommen, also bei den Eltern leben, wird ein Pauschalbetrag von 30.000 € je Kind abgezogen. Von dem dann noch verbleibenden Vermögenswert werden 5 % zu Bemessung des Gegenstandswertes herangezogen.

Letztendlich ist es nach der gesetzlichen Intention aber eine Ermessensentscheidung des Gerichts, in welchem Umfang das Vermögen berücksichtigt wird.

Es gibt einen gesetzlichen Mindestwert von 2.000 € für eine Ehesache.

b) Folgesachen

Für jede Folgesache ist der Verfahrenswert gesondert zu ermitteln:

  • Kindschaftssachen

In Kindschaftssachen (als Folgesache im Scheidungsverbund) werden 20 % des Wertes der Ehesache angesetzt, höchstens jedoch 3.000 €. Der Wert bleibt gleich, auch wenn mehrere Kinder betroffen sind

  • Ehewohnung-und Haushaltssachen

Es gelten feste Verfahrenswerte; für die Ehewohnungssache i.H.v. 4.000 €; für die Haushaltssache i.H.v. 3.000 €.

  • Versorgungsausgleich

Für die Ermittlung des Verfahrenswertes ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute die Berechnungsbasis, welches nicht zu kürzen ist. Von diesem Wert ist für jedes Anrecht 10 % anzusetzen, unabhängig davon, ob es ausgeglichen wird oder nicht. Es gibt einen Mindeststreitwert von 1.000 €.

  • Kindes-und Ehegattenunterhalt

Für Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt (Nachscheidungsunterhalt) ermittelt sich der Verfahrenswert nach dem für 12 Monate geforderten Unterhaltsbetrag. Rückständiger Unterhalt kann im Scheidungsverfahren keine Rolle spielen, da Unterhalt immer erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung zugesprochen werden kann.

  • Güterrechtssachen

In Güterrechtssachen kommt im Scheidungsverbundverfahren das Verfahren zur Geltendmachung des Zugewinnausgleichs in Betracht. Hier gilt der geltend gemachte Betrag als maßgeblich.

3. Die Bedeutung des Verbundverfahrens

Die Besonderheit des Verbundverfahrens drückt sich auch bei der Ermittlung des für die Bemessung der Gerichtsgebühren und der Anwaltsvergütung maßgeblichen Verfahrenswertes aus. Nach § 44 Abs. 1 FamGKG gelten die Scheidungssache und die Folgesache als ein Verfahren. Demnach werden die jeweils zu ermittelnden Verfahrenswerte der Ehesache und aller Folgesachen addiert.

Da die jeweiligen Gebührensätze in Bezug auf die Verfahrenswerte nicht linear sondern degressiv festgelegt wurden, bedeutet die Addition der Verfahrenswerte und die Ermittlung einer einheitlichen Gebühr eine erhebliche Kostenreduzierung.

Dies wird an folgendem Beispiel deutlich:

In einem Scheidungsverbundverfahren haben die Eheleute ein Nettoeinkommen von 2.500 € und 1.700 €. Vermögen ist nicht vorhanden. Es wurde ein nachehelicher Unterhalt i.H.v. 500 € geltend gemacht. Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt mit insgesamt fünf auszugleichenden Anrechten.

Der Wert für die Ehesache ermittelt sich mit (2.500 € + 1.700 €) x 3 = 12.600 €

Der Verfahrenswert für das Unterhaltsverfahren beträgt 12 × 500 € = 6.000 €

Der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich beträgt 12.600 € × 50 % = 6.300 €

Es fallen jeweils 2 Gerichtsgebühren und 2,5 Gebühren für den Rechtsanwalt an. Somit würden sich für jedes Verfahren folgende Werte ergeben:

Ehesache: Gerichtskosten 534 €; Kosten Rechtsanwalt 1.820,70 €

Unterhaltsverfahren: Gerichtskosten 330 €; Kosten Rechtsanwalt 1.076,95 €

Versorgungsausgleich: Gerichtskosten 368 €; Kosten Rechtsanwalt 1.228,68 €.

Es würden sich also Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 1.232 € und Rechtsanwaltskosten i.H.v. 4.126,33 €, in der Summe 5.358,33 € ergeben.

Tatsächlich sieht aber aufgrund der Sonderregelung des Verbundverfahrens die Abrechnung wie folgt aus:

Die Streitwerte werden addiert, sodass sich für das Verfahren insgesamt ein Verfahrenswert von 24.900 € ergibt. Es fallen Gerichtskosten i.H.v. 742 € und Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.368,10 €, in der Summe also 3.110,10 € an. Der Vorteil aus dem Verbundverfahren ergibt eine Kostenersparnis von 2.248,23 € (mehr als 40 %).

Daher ist es ein wichtiger Aspekt der strategischen Überlegungen am Beginn eines Scheidungsverfahrens, welche Folgesachen in den Scheidungsverbund aufgenommen werden sollen. Es können aber auch andere Aspekte eine Rolle spielen, beispielsweise das schnelle Verfahren ohne zeitaufwendige Folgesachen (Güterrecht) mit dem Vorteil, dass ab Rechtskraft der Scheidung der Zugewinnausgleichsanspruch gesetzlich zu verzinsen ist (denn zuvor entsteht er nicht).

4. Welche Gebühren entstehen im Einzelnen?

a) Gerichtsgebühren

Es entstehen in der 1. Instanz, im Hauptsacheverfahren für das Verfahren im Allgemeinen 2,0 Gebühren nach KV 1110 FamGKG. Dies gilt für das Eheverfahren einschließlich aller Folgesachen. In der 2. Instanz entstehen im Hauptsacheverfahren für das Verfahren im Allgemeinen 3,0 Gebühren nach KV 1120 FamGKG.

b) Gebühren des Rechtsanwalts

Für das Verfahren in der 1. Instanz entstehen einer 1,3 Verfahrensgebühr nach VV 3100 RVG und einer 1,2 Terminsgebühr nach VV 3104 RVG. In der 2. Instanz erhöht sich die Verfahrensgebühr auf 1,6, VV 3200 RVG.

Im Falle einer Einigung entsteht zusätzlich eine 1,0 Einigungsgebühr nach VV 1000, 1003 RVG. In der 2. Instanz erhöht sich diese Einigungsgebühr auf 1,3 (VV 1000, 1001, 1004 Abs. 1 RVG). In Ehesachen (und in Lebenspartnerschaftssache) kann eine Einigungsgebühr nicht entstehen. Hier gibt es aber eine entsprechende Gebühr für die Mitwirkung bei der Aussöhnung von Eheleuten. In der Praxis spielt dies aber keine nennenswerte Rolle. In Kindschaftssachen entsteht eine Einigungsgebühr auch dann, wenn über den Gegenstand der Vereinbarung vertraglich nicht verfügt werden kann (z. B. im Bereich Sorgerecht), wenn die gerichtliche Entscheidung dadurch entbehrlich wird oder die Entscheidung der Vereinbarung folgt. Sie entsteht auch, wenn ein Vergleich gerichtlich gebilligt wird, VV 1003 Abs. 2 RVG. Dabei werden jeweils diejenigen Verfahrenswerte der jeweiligen Folgesachen zugrunde gelegt, über die eine Einigung erzielt wurde.

5. Weitere Kosten

Kosten für Sachverständige und für Zeugen können beispielsweise entstehen. Diese Kosten werden den Gerichtskosten in Höhe ihres jeweiligen Nominalbetrags zugeschlagen.

Lothar Wegener

Schwerpunkt Familienrecht

Fachanwalt für Erbrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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