Homeoffice im Ausland - (wie) geht das?

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Die Covid19-Pandemie ist weitgehend beendet, aber was bleiben wird, ist – in den allermeisten Unternehmen – die Möglichkeit, die Arbeitsleistung aus dem Homeoffice heraus zu erbringen. Immer öfter stehen Arbeitgeber vor der Frage ihrer Beschäftigten: „Darf ich aus dem Ausland arbeiten?“ Teilweise soll dies mit Urlaub verbunden werden (sog. Workation), teilweise überlegen Beschäftigte, ihren Lebensmittelpunkt für längere Zeit oder ganz ins Ausland zu verlegen. Die Konsequenzen für Arbeitgeber und Beschäftigte sind weitreichend und erfassen nicht nur das Arbeitsrecht, sondern wirken sich auch die Bereiche Sozialversicherung und Steuern aus. Was gilt also, wenn Beschäftigte eines in Deutschland ansässigen Arbeitgebers aus dem Ausland arbeiten möchten?

Homeoffice oder Mobiles Arbeiten?

Immer wieder werden die Begrifflichkeiten Homeoffice und Mobiles Arbeiten synonym verwendet, wenngleich beide rechtlich unterschiedlich zu behandeln sind.

Unter Homeoffice versteht man diejenige Arbeitsform, bei der die Erbringung der Arbeitsleistung an einen festen Arbeitsplatz außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers gebunden ist, und zwar das eigene Zuhause.

Unter Mobilem Arbeiten fällt demgegenüber diejenige Arbeitsform, bei der die Erbringung der Arbeitsleistung nicht an einen festen Arbeitsplatz außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers gebunden ist, also ortsunabhängig ist.

Welches Arbeitsrecht gilt bei Arbeit aus dem Ausland?

Grundsätzlich gilt das Arbeitsrecht des Staates, in dem die Arbeitsleistung für gewöhnlich erbracht wird. Solange die Arbeit aus dem Ausland vorübergehenden Charakter hat, wird davon ausgegangen, dass der gewöhnliche Arbeitsort am Ort des Sitzes des Arbeitgebers, also in Deutschland, ist. In diesem Fall findet deutsches Arbeitsrecht auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Unabhängig vom Arbeitsort gelten dann für eine Beschäftigung im Ausland (nach deutschem Arbeitsrecht) insbesondere das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz sowie - je nach Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses - die Arbeitsstättenverordnung.

Wird die Tätigkeit allerdings dauerhaft aus dem Ausland erbracht, fehlt der vorübergehende Charakter. Werden Beschäftigte ausschließlich im Ausland tätig, liegen der gewöhnliche Arbeitsort sowie der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses ebenfalls im Ausland. Deutsches Arbeitsrecht gilt dann nicht mehr vorrangig, eine Rechtswahl und Zusatzvereinbarungen nach deutschem Arbeitsrecht reichen meistens nicht mehr aus. Es gelten dann die Vorschriften des Tätigkeitsstaates, auch hinsichtlich Arbeitszeit, Mindestlohn, Urlaub usw.

Günstigkeitsprinzip

Zu beachten ist, dass in bestimmten Fällen auf das Arbeitsverhältnis nach dem Günstigkeitsprinzip sowohl die Vorschriften des lokalen Arbeitsrechts als auch die zwingenden Vorschriften des deutschen Arbeitsrechtes anwendbar sind, sofern diese für Beschäftigte günstiger sind. Der Arbeitgeber ist dann doppelt gebunden und verpflichtet, auch das lokale Arbeitsrecht zu beachten.

Wie lange eine Tätigkeit aus dem Ausland erfolgen kann, ohne dass dort der gewöhnliche Arbeitsort angenommen wird, ist gesetzlich nicht geregelt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass – entsprechend der steuerrechtlichen Regelung - spätestens nach einem halben Jahr ununterbrochener Tätigkeit aus dem Ausland von einem gewöhnlichen Arbeitsort im Ausland auszugehen ist.

Ausländisches Arbeitsgericht zuständig

Die Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsorts wirkt sich auch auf den Gerichtsstand aus. Sollte der gewöhnliche Arbeitsort im Ausland liegen, wirkt sich das auch auf die Zuständigkeit der dortigen Gerichte aus. Im Zweifel könnten Beschäftigte ihren Arbeitgeber vor einem ausländischen Arbeitsgericht verklagen.

Wie wirkt sich die Arbeit aus dem Ausland auf die Sozialversicherung aus?

Im EU-Ausland tätige Beschäftigte, die im Sitzstaat des Arbeitgebers sozialversichert sind, müssen gegenüber den lokalen Behörden im Tätigkeitsstaat nachweisen, dass sie im Sitzstaat des Arbeitgebers sozialversicherungspflichtig sind und dass die entsprechenden Beiträge dort abgeführt werden. Sobald die Tätigkeit länger als 3 Monate im Ausland erfolgt, werden die Sozialversicherungsbeiträge im Tätigkeitsstaat fällig. Das bedeutet für den Arbeitgeber zusätzlichen Aufwand, da er sicherstellen muss, dass die Sozialversicherungsbeiträge an den richtigen Träger abgeführt werden.

Ausnahme: Entsendung

Eine Ausnahme hiervon ist eine Entsendung. Diese ist an enge Voraussetzung gebunden, unter anderem einen Firmensitz des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat. Es handelt sich regelmäßig nicht um eine Entsendung, wenn die Arbeit im Ausland auf den eigenen Wunsch des Arbeitnehmers zurückzuführen ist.

Multinationale Rahmenvereinbarung zum Homeoffice im Ausland

Seit dem 1. Juli 2023 gilt ein multilaterales Abkommen zum Homeoffice im Ausland, das neben Deutschland eine Reihe weiterer Staaten ratifiziert haben. Das Abkommen ermöglicht Beschäftigten, unter bestimmten Voraussetzungen im Wohnsitzstaat bis zu 49,99% der Gesamtarbeitszeit in Form von Homeoffice zu erbringen und dennoch in dem Staat des Firmensitzes des Arbeitgebers sozialversichert zu bleiben. Dies kann höchstens für 2 Jahre beantragt werden und muss anschließend verlängert werden.

Die Anwendung der Rahmenvereinbarung gilt nur für Homeoffice, nicht für mobiles Arbeiten.

Wo müssen Steuern gezahlt werden?

Die Frage, wo die Besteuerung des Arbeitslohns erfolgt, hängt ebenfalls grundsätzlich vom Einsatzort und der Einsatzdauer im Ausland ab. Grundsätzlich gilt, dass Beschäftigte in Deutschland steuerpflichtig sind, wenn sie

  • ihren Wohnsitz in Deutschland haben,
  • sich nicht mehr als 183 Tage im Jahr im ausländischen Staat aufhalten,

und

  • das Arbeitsentgelt vom deutschen Arbeitgeber gezahlt wird.

Liegen diese Voraussetzung nicht vor, muss das Besteuerungsrecht gründlich geprüft werden. Hierbei sind Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten.

Was ist mit dem Ausländerrecht?

Wird die Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der EU innerhalb der EU geleistet, profitieren EU-Bürger von der Freizügigkeit und benötigen daher für ihre Arbeit im EU-Ausland keine Aufenthaltsgenehmigung. Sie müssen allerdings die im anderen EU-Staat bestehenden Meldepflichten beachten. Außerhalb der EU muss geprüft werden, welche Visa und Arbeitserlaubnisse zu beantragen sind.

Was ist mit dem Datenschutz?

Bei jeglicher Tätigkeit von Beschäftigten innerhalb und außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers hat dieser sicherzustellen, dass der Datenschutz gewährleistet ist, vor allem dass Daten von Beschäftigten und Kunden ausreichend geschützt sind. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Verpflichtung, Prozesse zu schaffen, die auch aus der Ferne ein datenschutzkonformes Arbeiten ermöglichen.

Was passiert bei einem Arbeitsunfall?

Mittlerweile ist in vielen gerichtlichen Entscheidungen geklärt, dass bei Tätigkeit im Homeoffice die Unfallversicherung greift, wenn ein innerbetrieblicher Zusammenhang zwischen Unfall und Tätigkeit besteht. Hier hat sich bereits eine reiche Kasuistik herausgebildet.

Beim Mobilen Arbeiten ist die Rechtslage nicht so klar. Bis auf weiteres orientiert man sich hier an der Rechtsprechung zum Homeoffice.

Im Ausland besser Homeoffice oder Mobiles Arbeiten?

Die Entscheidung, ob besser Homeoffice oder Mobiles Arbeiten vereinbart werden soll, muss anhand einer Prüfung im Einzelfall erfolgen.

Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber

Den Arbeitgeber trifft in beiden Fällen eine umfassende Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung.

Betriebsstättenrisiko

Die Einrichtung eines festen Arbeitsplatzes für Beschäftigte durch den Arbeitgeber im Ausland begründet für den Arbeitgeber steuerrechtlich das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte. Unterhält der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat eine Betriebsstätte, können sich hieraus für den Arbeitgeber weitreichende steuerliche Pflichten ergeben.

Ausweg: Arbeit als Freelancer?

Um den bürokratischen Aufwand gering zu halten, greifen manche Firmen auf die Möglichkeit einer unabhängigen Auftragnehmer-Vereinbarung zurück. Die betreffenden Beschäftigten gelten dann als Freelancer, nicht mehr als Angestellte. Problematisch ist unter anderem, dass der Arbeitgeber nicht mehr weisungsbefugt ist. Die Tätigkeit der Beschäftigten unterliegt außerdem immer den Bestimmungen des Beschäftigungsstaates zur Scheinselbständigkeit und dem Steuerrecht des Beschäftigungsstaates.


Die für die Vereinbarung von Homeoffice oder Mobiler Arbeit im Ausland zu berücksichtigenden Aspekte sind vielschichtig und von Fall zu Fall verschieden. Ich prüfe diese gern und unterstütze Sie bei der Erstellung maßgeschneiderter Vereinbarungen im Einzelfall sowie bei der Erstellung entsprechender betrieblichen Ordnungen oder Vorlagen für Betriebsvereinbarungen. 



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