IG Metall gegen Benteler; Verdi gegen Galeria Karstadt Kaufhof - Konfliktherd: Betrieb

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Rechtstipp für Arbeitgeber im Arbeitsrecht: Welche Schadensersatzansprüche – im Allgemeinen - stehen Arbeitgebern im Besonderen gegen Gewerkschaften zu, wenn diese mit massiver Empörungs-PR Arbeitgeber medial kritisieren und das Risiko einer Rufschädigung für die Unternehmen begründen?

Aktuelles Beispiel: Benteler

Der Automobilzulieferer Benteler setzt eine fristlose Verdachtskündigung gegen seinen Bielefelder Betriebsratsvorsitzenden vor dem Arbeitsgericht Bielefeld erfolgreich durch. Obwohl also das Arbeitsgericht Bielefeld die fristlose Verdachtskündigung wegen Arbeitszeitbetruges mit Datum vom 11. August 2023 zum Nachteil des Betriebsratsvorsitzenden als begründet erachtet, sieht sich Benteler massiver Vorwürfe der IG Metall medial ausgesetzt. Mediale Rückendeckung gibt es seitens des Unternehmerverbandes der Metallindustrie Ostwestfalen. In der Neue Westfälische.de heißt es in einem Artikel vom 31.August 2023 wörtlich: „Dieter Kühnel, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes der Metallindustrie Ostwestfalen, kritisiert das Vorgehen der IG Metall als gewerkschaftspolitische Kampagne“. Im Zuge dieser aus der Sicht des Unternehmerverbandes der Metallindustrie Ostwestfalen gewerkschaftspolitischen Kampagne der IG Metall gibt der seitens des Arbeitsgerichts Bielefeld gekündigte Betriebsratsvorsitzende ein Interview der Neue Westfälische und lässt sich im Besonderen öffentlich wie folgt zitieren: „Ich erlebe einen Alptraum“, Schlagzeile der NW.de vom 03.September 2023. Mit Datum vom 7.September 2023 liest sich die Schlagzeile bei der Neue Westfälische.de wie folgt: „Benteler: Weiterer Betriebsrat erhebt schwere Vorwürfe - Nach Angaben des Mitarbeiters sollen mehrere Betriebsräte dazu gedrängt worden sein, zu der Auseinandersetzung in Bielefeld ein öffentliches Leumundszeugnis für das Unternehmen abzugeben.“ Das Betriebsratsmitglied, dass diese Aussagen verbreitet, will aber nicht seinen Namen preisgeben und bleibt anonym.

Verdi gegen Galeria Karstadt Kaufhof

„GALERIA KARSTADT KAUFHOF: SCHADENSERSATZKLAGE GEGEN VERDI - Krisentreffen von Galeria Karstadt Kaufhof und Verdi am Freitag: Kaufhauskette bereitet Schadensersatzklage gegen Gewerkschaft-Chefs vor“ lautet die Schlagzeile am 26.April 2023 bei Business Insider.de. Nicht minder konsequent im Ton die Schlagzeile „Nach Osterstreik-Plänen: Galeria-Kaufhof-Vorstand und Insolvenz-Chef wollen Verdi-Vorstand persönlich haftbar machen“, Quelle: Business Insider.de vom 07.April 2023.

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Etwaiger Schadensersatzanspruch: Kreditgefährdung, § 826 BGB. 

Laut OLG Köln (15. Zivilsenat), Urteil vom 16.09.2014 - 15 U 28/14, hat der Arbeitgeber vorab folgenden Kernvoraussetzungen zu prüfen„Der Tatbestand der Kreditgefährdung erfordert die Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, wobei es sich - ebenso wie im Fall einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - um einen betriebsbezogenen Eingriff handeln muss, der sich nach seiner Stoßrichtung so, wie sie im Verkehr verstanden wird, unmittelbar mit dem Verletzten in seinem wirtschaftlichen Betätigungsfeld, z. B. seinem Unternehmen oder der von ihm ausgeübten Tätigkeit, befassen muss…Ferner muss die Beeinträchtigung unmittelbar auf der Äußerung beruhen…Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 BGB hingegen keinen Schutz.“ Quelle: Beck-online, de; BeckRS 2015, 17125.

Unterschied zwischen Tatsachenbehauptung und bloßer Meinungsäußerung

OLG Köln, a.a.O: „Nach allgemeiner Ansicht sind Tatsachenbehauptungen Äußerungen über Tatbestände oder Vorgänge, die Anspruch auf Wirklichkeitstreue erheben und auf ihre Richtigkeit objektiv, mit den Mitteln der Beweiserhebung überprüfbar sind. Entscheidend ist nicht, wie die Äußerung von dem Verfasser gemeint war oder in welcher Form er sich geäußert hat, sondern ob der unbefangene durchschnittliche Leser einer Äußerung ihr einen auf dem Weg der Beweiserhebung auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfbaren Sachverhalt entnimmt. Maßgeblich ist dabei das Verständnis des unbefangenen Durchschnittsrezipienten, bei dessen Ermittlung auch zu berücksichtigen ist, an welchen Kreis sich die Publikation wendet. Demgegenüber ist eine Meinungsäußerung - wiederum aus der Sicht des durchschnittlichen Rezipienten - nicht mit dem Anspruch auf Wahrheit ausgestattet, sondern geprägt durch Elemente einer subjektiven Ansicht oder Überzeugung. Weist eine Äußerung untrennbar sowohl tatsächliche wie auch wertende Elemente auf, wird die Äußerung danach zu beurteilen sein, ob der tatsächliche oder der wertende Charakter überwiegt. Dabei ist die beanstandete Äußerung in dem Gesamtkontext zu beurteilen, in dem sie gefallen ist.“ Quelle: Beck-online, de; BeckRS 2015, 17125.

Etwaiger Schadensersatzanspruch: Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, § 823 Abs. 1 BGB

OLG Köln, a.a.O: “…Dafür bedarf es eines betriebsbezogenen Eingriffs, was eine unmittelbare Beeinträchtigung des Betriebs als solchen oder eine Bedrohung seiner Grundlagen voraussetzt (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB Rn. 128 m. w. N.). Dies kommt bei - hier geltend gemachten - unwahren Tatsachenbehauptungen in der Regel nur bei einer - zweifellos nicht vorliegenden - Schmähkritik in Betracht, während ansonsten § 824 BGB eingreifen kann.“ Quelle: Beck-online, de; BeckRS 2015, 17125.

OLG Hamm, Urteil vom 19.2.2021 – 7 U 54/20: Voraussetzungen wegen einer Verletzung des Rechts des Unternehmers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb

„Ein betriebsbezogener Eingriff ist jeder unmittelbare Eingriff in die betriebliche Tätigkeit, der zu einer Beeinträchtigung des Betriebs als solchen oder zu einer Bedrohung seiner Grundlagen führt. Insoweit kann es genügen, wenn wesentliche geschäftliche Aktivitäten unmittelbar beeinträchtigt oder verhindert werden oder verhindert werden sollen.“ Quelle: Beck-online.de

Bedrohung wirtschaftlicher Grundlagen des Arbeitgebers, beispielsweise: Kunden schließen keine Aufträge mehr infolge der Rufschädigung ab

OLG Hamm: „Geschützt ist auch das Interesse des Unternehmens daran, dass seine wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihm abgehalten werden.“ Quelle: Beck-online.de

Schadensgefahr muss vorliegen: Arbeitgeber muss in empfindlicher Weise durch die gewerkschaftspolitische Kampagne beeinträchtigt sein – Schmähkritik – muss vorliegen

„Erforderlich ist allerdings eine Schadensgefahr, die über die bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgeht und geeignet ist, das Unternehmen in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen.“ – so das OLG Hamm klarstellend; Quelle: Beck-online.de

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