Unpünktlichkeit – Arbeitsverweigerung: Ab Einladung zur Betriebsratswahl Sonderkündigungsschutz

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„Wenn ein Arbeitnehmer häufig zu spät zur Arbeit erscheint und damit seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Regel nur durch eine ordentliche Kündigung lösen. Eine außerordentliche Kündigung aus diesem Grunde kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verletzung (Verweigerung) seiner Arbeitspflicht erreicht hat.“ So der amtliche Leitsatz des ArbG Düsseldorf (10. Kammer), Urteil vom 24.02.2022 – 10 Ca 4119/21; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

ArbG Düsseldorf: „Am 16.01.2021 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, weil sie am 19.12.2020 statt um 8:00 Uhr erst um 8:15 Uhr, am 22.12.2020 statt um 8:00 Uhr erst um 8:14 Uhr und am 06.01.2021 statt um 8:00 Uhr erst um 9:45 Uhr zum Dienst erschienen sei. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf Bl. 141 f. Bezug genommen. Am 09.08.2021 stempelte sich die Klägerin statt um 14:30 Uhr erst um 14:42 Uhr zur Arbeit ein, am 11.08.2021 statt um 12:00 Uhr erst um 12:04 Uhr, am 14.08.2021 statt um 14:30 Uhr erst um 14:45 Uhr und am 17.08.2021 statt um 6:30 Uhr erst um 6:52 Uhr. Die Klägerin lud gemeinsam mit Frau Z. und Frau M. mit Schreiben vom 20.08.2021 (Bl. 41 ff. d.A.) die Beschäftigten zu einer Versammlung am 21.09.2021 um 10:00 Uhr zur Wahl eines Wahlvorstands ein. Als Ort der Wahlversammlung gaben die Wahlinitiatorinnen in der Einladung „Raum „(…)“, B.-Straße, Y.“ an. „(…)“ ist ein Anbieter von Räumlichkeiten von H. über sog. Boardrooms bis hin zu großen Tagungsräumen. Mit Schreiben vom 27.08.2021 (Bl. 5 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Zu einem Zeitpunkt vor dem 19.09.2021 schrieb die Klägerin in die WhatsApp-Gruppe der Beschäftigten der Beklagten am Düsseldorfer Flughafen folgende Nachricht: „Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr denkt evtl. dass die Wahl nicht stattfindet. Ich würde ohne Grund gekündigt, was aber nicht rechtskräftig ist. Wir bereiten schon die Wahlen vor und würden uns sehr über euer erscheinen freuen. Am 21.09. um 10 h erwarten wir euch am Eingang zu den „(…)“ Konferenzräumen. Bis dahin und bleibt stark! Ich werde natürlich auch an der Wahl dabei sein und auch zur Wahl stehen. Ihr habt nichts zu befürchten! Ich freue mich auf euch!“; Quelle: Beck-online.de

Fristlose Kündigung nur wirksam, wenn Verspätungen eine beharrliche Arbeitsverweigerung darstellen

ArbG Düsseldorf: „Wenn ein Arbeitnehmer häufig zu spät zur Arbeit erscheint und damit seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Regel nur durch eine ordentliche Kündigung lösen. Eine außerordentliche Kündigung aus diesem Grunde kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verletzung (Verweigerung) seiner Arbeitspflicht erreicht hat. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die vier Verspätungen der Klägerin im August 2021 von ihr verschuldet waren, kann von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung der Klägerin keine Rede sein. Der Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.03.1988 zugrunde lag. Denn während es im Streitfall um vier Verspätungen nach einer einschlägigen Abmahnung geht, ging es in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall um 104 Verspätungen nach sechs mündlichen/schriftlichen Abmahnungen. Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin auch nach Erhalt der Abmahnung im Januar 2021 regelmäßig zu spät zur Arbeit erschienen sei, stellt sich der Kammer die Frage, warum die Beklagte diese Verspätungen noch nicht einmal für abmahnungswürdig hielt und warum dann die Verspätungen im August 2021 sofort eine fristlose Kündigung - als das schärfste Schwert arbeitsrechtlicher Maßnahmen - rechtfertigen soll. Bei den insgesamt vier Verspätungen im August ist nicht erkennbar, wieso der Beklagten die Einhaltung der Kündigungsfrist nicht zumutbar sein soll.“ Quelle: Beck-online.de

Wahlinitiatorin hat besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3a S. 1 KSchG, wonach die ordentliche Kündigung vom Zeitpunkt der Einladung an ausgeschlossen ist

Arbeitsgericht Düsseldorf: „Das Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.08.2021 zum 30.09.2021 aufgelöst. Die Klägerin genießt als Wahlinitiatorin den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3a S. 1 KSchG, wonach die ordentliche Kündigung vom Zeitpunkt der Einladung an ausgeschlossen ist.“ Quelle: Beck-online.de

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