Im Steuerstrafverfahren ist genau zu prüfen, ob Steuerklärungen (weiterhin) abgegeben werden müssen

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Wenn gegen den Steuerpflichtigen wegen unklarer Umsatzsteuervoranmeldung ein Steuerstrafverfahren eröffnet wurde, stellt sich die Frage, ob er zur Erklärung der (entsprechenden) Umsatzsteuerjahresmeldung und der (für diesen Zeitraum noch fehlenden) Einkommensteuererklärung verpflichtet ist.

Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige nach § 18 Abs. 1 UStG zur Abgabe einer monatlichen oder vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldung ebenso verpflichtet, wie zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung nach Ablauf des Kalenderjahres.

Hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung und Einkommensteuererklärung bei eröffnetem Steuerstrafverfahren wegen unklarer Umsatzsteuervoranmeldung ist zu differenzieren:

Ist gegen einen Steuerpflichtigen wegen der Abgabe unklarer Steuererklärungen ein Steuerstrafverfahren anhängig, rechtfertigt das in § 393 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 AO normierte Zwangsmittelverbot für nachfolgende Besteuerungszeiträume weder die Nichtabgabe zutreffender noch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen. Es besteht ein Spannungsfeld von (strafbewährten) Erklärungspflichten und dem grundrechtlich verankerten nemo-tenetur-Prinzip. Dieses Prinzip ist wesentlich für das Strafverfahren. Es räumt dem Beschuldigten ein Aussageverweigerungsrecht ein und lässt ihm die Freiheit sich nicht selbst belasten zu müssen. Diesem Pflichtenkonflikt begegnet der Bundesgerichtshof im Steuerstrafverfahren mit einem (ggf. vorliegendem) strafrechtlichem Verwertungsverbot. Es besteht für die zutreffenden Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie zu einer mittelbaren Selbstbelastung für die zurückliegenden strafbefangenen Zeiträume führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot.

Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung für einen bestimmten Veranlagungszeitraum wird hingegen suspendiert, wenn dem Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben wurde. Der Steuerpflichtige ist von seiner Erklärungspflicht befreit, wenn er sich in einer unauflöslichen Konfliktlage befindet, aus der er sich durch eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO nicht mehr befreien kann. 

Kann sich der Steuerpflichtige auf rechtmäßigem Weg aus dem Konflikt zwischen Erklärungspflicht und einer damit verbundenen Selbstbelastung befreien, findet eine Suspendierung von Erklärungspflichten nicht statt. In Betracht kommen kann der Weg eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch (§ 24 StGB) oder die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO). Werden im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung unterlassene Angaben in der Umsatzsteuerjahreserklärung nachträglich dem Finanzamt offenbart, wird dies in der Regel als strafbefreiende Selbstanzeige angesehen, sofern nicht die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 AO eingreift. Sobald die Tat entdeckt oder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, scheiden die beiden Möglichkeiten des Rücktritts und der Selbstanzeige aus. 

Dies liegt dann vor, wenn hinsichtlich desselben Besteuerungszeitrums – für den bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde – weitere Erklärungspflichten bestehen. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.

Andere als die vom eingeleiteten Ermittlungsverfahren erfassten Steuern und Veranlagungszeiträume werden vom Zwangsmittelverbot jedoch nicht erfasst. Für andere Steuern und Besteuerungszeiträume, als die von einem Strafverfahren erfassten, besteht die Strafbewehrung der steuerlichen Erklärungspflichten unverändert fort. Das Zwangsmittelverbot berechtigt nicht zur Begehung neuen Unrechts, auch nicht in Form der bloßen Nichtabgabe von Steuererklärungen. In keinem Fall berechtigt das nemo-tenetur-Prinzip zur Abgabe inhaltlich falscher Steuererklärungen. Der Steuerpflichtige ist insoweit hinsichtlich einer noch fehlenden Einkommensteuererklärung weder von seiner Erklärungspflicht befreit, noch darf er eine unrichtige Steuererklärung abgeben.

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