Ist ein Schwangerschaftsabbruch / Abtreibung in Deutschland noch strafbar? Tipps vom ​Anwalt für Strafrecht

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Im vergangenen Jahr wurde § 219 des Strafgesetzbuchs (StGB) gestrichen, der das „Werben“ für den Abbruch von Schwangerschaften verbot. Doch weiter kreisen Diskussionen um die Frage, ob auch die vorherstehenden Paragrafen, insbesondere der § 218 StGB, der den Schwangerschaftsabbruch per se unter Strafe stellt, aufgehoben werden muss. Doch wie ist die aktuelle rechtliche und politische Lage?


Wie ist die Rechtslage bei Abtreibung in Deutschland?


Wann ist ein Schwangerschaftsabbruch strafbar?

Gemäß § 218 StGB macht sich strafbar, wer eine Schwangerschaft abbricht. Die deutsche Rechtsordnung normiert das Verbot eines Schwangerschaftsabbruchs demnach immer noch als Regelfall (§ 218 StGB) und die legale Möglichkeit, eine Schwangerschaft zu beenden, lediglich als Ausnahme hierzu (§ 218a f. StGB).

Eine Person, die eine Schwangerschaft abbricht, müsste demnach theoretisch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Auch der Versuch kann strafbar sein. Handelt sie Schwangere selbst, wird die Tat mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht.


Warum wird die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch kritisch gesehen?

Meist wird angeführt, die aktuellen Regelungen entsprächen heutzutage nicht mehr der ärztlichen Praxis und wohl vorherrschenden Wertvorstellung innerhalb der Gesellschaft. Die Verankerung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch komme einer moralischen Vorverurteilung gleich. Ein Schwangerschaftsabbruch, der nicht von § 218 StGB umfasst ist, also von der Norm, die eine Schwangerschaft abzubrechen unter Strafe stellt, wird lediglich als „straflos“ bezeichnet (§ 218a StGB).


Wann ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar?

Ein Schwangerschaftsabbruch ist insbesondere nicht strafbar, wenn es sich dabei um eine der folgenden Fall-Kategorien handelt: Unterschieden werden im § 218a StGB („Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs“) der beratene, medizinisch(-sozial) intendierte oder kriminologisch intendierte Schwangerschaftsabbruch.


Der beratene „Regelfall“ - Wann ist eine Abtreibung straflos?

In § 218a Abs. 1 StGB findet sich der in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall einer straflosen Abtreibung. Der Straflosigkeit des beratenen Schwangerschaftsabbruchs liegen drei Voraussetzungen zugrunde: Die schwangere Person muss selbst den Abbruch von einem Arzt oder eine Ärztin verlangen und eine Bescheinigung (§ 219 Abs. 2 S. 2 StGB) vorzeigen können, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle hat beraten lassen. Darüber hinaus muss der Schwangerschaftsabbruch von einem im Inland approbierten Arzt vorgenommen werden. Die Schwangerschaft darf außerdem nicht bereits mehr als 12 Wochen andauern.


Medizinische Gründe – z.B. Lebensgefahr

Ein Schwangerschaftsabbruch kann beispielsweise medizinisch indiziert sein, wenn die schwangere Person in Lebensgefahr schwebt und schwere körperliche oder seelische Schäden von der Schwangeren nicht auf andere zumutbare Weise abgewendet werden können.


Kriminologische Gründe – z.B. Vergewaltigung

Es gibt außerdem Fälle der kriminologischen Indikation eines Schwangerschaftsabbruchs, beispielsweise wenn die Betroffene durch eine Vergewaltigung schwanger wurde. Dafür ist zu beurteilen, wie belastende die Situation für die Schwangere ist und ob ihr zugemutet werden kann, die Schwangerschaft fortzusetzen. Auch hier ist ihre Einwilligung entscheidend, der Eingriff muss durch einen Arzt vorgenommen werden und die Schwangerschaft darf nicht bereits mehr als zwölf Wochen andauern.


Wie ist die politische Lage bei der Abtreibungsfrage?


Weg mit § 218 StGB – Aber wohin?

In den Diskussionen rund um Schwangerschaftsabbrüche stehen sich regelmäßig das Recht des ungeborenen Kindes und das Selbstbestimmungsrecht der Frau gegenüber, die es gilt in Einklang miteinander zu bringen. Klar ist, dass der Abbruch einer Schwangerschaft auch weiterhin rechtlich geregelt sein soll. Es stellt sich dabei nur die Frage, ob dies innerhalb des Strafgesetzbuches geschehen muss. Eine Verankerung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch und damit als Straftat stellt für sich schon eine moralische Vorverurteilung von Menschen dar, die eine Schwangerschaft abbrechen möchten. Die Ampel hat zur Lösung dieses Problems eine Kommission aus Expertinnen und Experten eingesetzt. Insbesondere mit der Frage, wie Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuchs geregelt werden könnten, soll sich beschäftigt werden. Gemeinsam beraten hierzu Menschen mit wissenschaftlicher Expertise aus den Fachbereichen Medizin, Soziologie, Ethik, Psychologie, Gesundheitswissenschaft und Rechtswissenschaften. Eine ersatzlose Streichung des § 218 StGB ist nicht vorgesehen.


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