Kann der erhobene Mittelfinger zur fristlosen Kündigung führen?

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Kann ich wegen des Zeigens des Mittelfingers fristlos gekündigt werden? Und wie ist es, wenn diese Geste auch noch fotografisch festgehalten wird? Mit diesen Fragen hat sich auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Urteil vom 5.4.2022, Aktenzeichen: 3 Sa 364/21) beschäftigt. Und das Urteil soll heute hier Thema sein.  


Der Sachverhalt  

Lassen Sie uns zuerst genauer anschauen, wie es dazu kam. Der Arbeitnehmer, ein Flugkapitän, hat gemeinsam mit seiner Crew im Anschluss an die Landung des letzten Fluges mit ausgestreckten Mittelfingern vor der Kamera posiert. Zu allem Überfluss trug niemand eine Maske, was zu dem Zeitpunkt Pflicht gewesen wäre.  

Dieses Bild fiel drauf dem Arbeitgeber in die Hände – der den Kapitän wegen der beleidigenden Geste fristlos kündigte. Der erhob daraufhin Kündigungsschutzklage. Gegen die Tatsache konnte er – da auf Fotos festgehalten – nichts vorbringen. Aber er wollte es vollkommen anders verstanden wissen: er habe nicht etwa den Arbeitgeber mit dieser Geste treffen wollen, sondern vielmehr den Corona- Virus und den Folgen der Pandemie, unter welchen besonders die Luftfahrt zu kämpfen hatte. Im konkreten Fall wurde die Basis des Arbeitgebers, auf der der Betroffene stationiert war, geschlossen und daher Arbeitsplätze abgebaut.  


Das Urteil  

Das Gericht verweist ausdrücklich darauf, dass die Geste hier einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann, wenn sie gegen den Arbeitgeber gerichtet ist und damit beleidigend ist. Aber ist sie wie hier: gegen Corona, die Schließung der Basis und damit den Verlust des Arbeitsplatzes gerichtet, begründet es kein unangemessenes Verhalten.  

Erst recht nicht, wenn der Arbeitgeber entsprechend eindeutige Kunst (Fotografie einer älteren Dame mit beiden ausgestreckten Mittelfingern) auf der Basis aufhängt. Dadurch bringt er sein entspanntes Verhältnis gegenüber derlei Gesten zu Ausdruck. Daher ist nicht erkennbar, warum dieselbe Geste eine derart schwere Pflichtverletzung darstellen sollte.  

Das Gericht sah allein in der Veröffentlichung – ohne seine Veranlassung oder Mitwirkung - in einer WhatsApp Gruppe keinen Nachweis einer solchen Beleidigung des Arbeitgebers oder dessen Geschäftsführung. Dabei handelt es sich lediglich um eine Interpretation, die durch die Angaben zur Sache weder eindeutig bestätigt noch bestritten werden kann. Maßgeblich für die Deutung ist in solchen Fällen dann der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Mehrdeutige Äußerungen dürfen wegen eines möglichen Inhalts nicht zu nachteiligen Folgen führen, ohne dass die Deutung, die z einem von der Meinungsfreiheit gedeckten Ergebnis führen würde, mit schlüssigen, überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden ist.  

Auch das Verstoßen gegen Corona Schutzmaßnahmen begründet ohne einschlägige Abmahnung keine Kündigung.  


Fazit  

Bitte merken: auf die Umstände kommt es an! Und da man die im Moment nicht überblicken kann – gilt lieber Vorsicht als Nachsicht! 

Der Mittelfinger als beleidigende Geste gegen den Arbeitgeber ist ein Grund zur außerordentlichen Kündigung. Der Mittelfinger an die Corona- Pandemie und deren Folgen nicht. Mittelfinger ist wie wir gesehen haben, nicht gleich Mittelfinger – auf die Begleitumstände kommt es an! Mehr zu dem Thema finden Sie auf unserem Blog.

Bei diesen oder anderen arbeitsrechtlichen Fragestellungen stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Seite, zögern Sie nicht den Kontakt aufzunehmen. Nutzen Sie dazu gerne die Online- Terminvergabe. Wir stehen Ihnen bundesweit zur Verfügung. 


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