Keine Mietminderung bei älteren Wohnungen für aufgrund v. Wärmebrücken bestehende Schimmelpilzgefahr
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BGH, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18
Wärmebrücken in den Außenwänden sind nicht als Sachmangel einer Mietwohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Zum Sachverhalt:
Die Kläger sind Mieter von Wohnungen der Beklagten, die in den Jahren 1968 und 1971 unter Beachtung der damals geltenden Bauvorschriften und technischen Normen errichtet wurden. Die Kläger machen unter Berufung auf Mängel der Wohnungen jeweils Gewährleistungsansprüche geltend und begehren dabei u. a. wegen der „Gefahr von Schimmelpilzbildung“ in den gemieteten Räumen die Feststellung einer Minderung der von ihnen geschuldeten Monatsmiete sowie die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung.
Das Landgericht stellte eine Minderung der Bruttomiete fest und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Kostenvorschusses i.H.v. 12.000 € zur Anbringung einer Innendämmung. Dies stützte es jeweils (u. a.) maßgeblich auf die Erwägung, dass in den Wohnungen in den Wintermonaten aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden eine „Gefahr der Schimmelpilzbildung“ bestehe. Zwar hätten die Wohnungen zur Zeit ihrer Errichtung den geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben sowie den damaligen Regeln der Baukunst entsprochen. Nach der Verkehrsanschauung dürfe ein Mieter allerdings auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung stets einen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ erwarten, der heutigen Maßstäben gerecht werde. Auf Grundlage der heute gültigen DIN-Vorschriften ergebe sich angesichts der Wärmebrücken in beiden Wohnungen jedoch ein konkretes Risiko der Schimmelpilzbildung, welches die Mieter allein mit „alltagsüblichem Lüftungs- und Heizverhalten“ nicht verhindern könnten. Denn von einem Mieter könne nicht verlangt werden, dass er ein Schlafzimmer auf mehr als 16 Grad und die übrigen Zimmer auf mehr als 20 Grad beheize oder darauf verzichte, seine Möbel ohne Abstand an den Außenwänden aufzustellen. Auch ein sog. Querlüften („Durchzug“) könne dem Mieter nicht abverlangt werden; vielmehr sei lediglich ein zweimaliges Stoßlüften von bis zu zehn Minuten pro Tag zumutbar.
Die Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof entschied hingegen, dass Wärmebrücken in den Außenwänden nicht als Sachmangel einer Mietwohnung anzusehen sind, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Nach gefestigter Senatsrechtsprechung ist grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen. Diesem Maßstab entsprechen die Wohnungen der Kläger jedoch, sodass ein Sachmangel nicht vorliegt. Denn in den Jahren 1968 bzw. 1971 bestand noch keine Verpflichtung, Gebäude mit einer Wärmedämmung auszustatten und war demgemäß das Vorhandensein von Wärmebrücken allgemein üblicher Bauzustand.
Die Erwägungen des Landgerichts auf Erfordernisse „zeitgemäßen Wohnens“ rechtfertigt es insbesondere nicht, die geschuldete Beschaffenheit einer Mietwohnung hinsichtlich der Wärmedämmung nicht nach den oben genannten Maßstäben, sondern – unter einseitiger Berücksichtigung von Mieterinteressen – allein danach zu bestimmen, was der Mieter unter Zugrundelegung heutiger Bauvorschriften erwarten dürfe und ihm an Lüftungs- und Heizverhalten nach einem abstrakt-generellen Maßstab zuzumuten sei. Letztlich läuft die Argumentation des LG darauf hinaus, auf diesem Wege auch für eine nicht sanierte oder eine nicht grundlegend modernisierte Altbauwohnung und unabhängig von entsprechenden konkreten Vereinbarungen der Mietvertragsparteien einen Neubaustandard zugrunde zu legen.
Auch trifft die Annahme des LG nicht zu, das den Klägern zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung abzuverlangende Lüftungsverhalten sei für einen Mieter unzumutbar. Das einem Mieter zuzumutende Wohnverhalten, insbesondere bzgl. der Lüftung der Wohnräume, ist jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Vorliegend ist der gerichtliche Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass ein täglich zweimaliges Stoßlüften von rd. 15 Minuten bzw. ein täglich dreimaliges Stoßlüften von rd. 10 Minuten ausreiche, um eine Schimmelpilzbildung an den Außenwänden zu vermeiden und sich im Falle von „Querlüften“ (gleichzeitiges Öffnen mehrerer Fenster) die erforderliche Lüftungszeit auf ein Drittel der angegebenen Zeiten reduziere. Dafür, dass ein solches Lüftungsverhalten generell unzumutbar sei, bestehen keine Anhaltspunkte.
Fazit:
Wird eine ältere Wohnung vermietet, muss sie nicht laufend auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Der Miete hat keinen grundsätzlichen Anspruch auf Nachbesserung, er hat nur das Recht, eine Altbauwohnung mit heutigen Standards zu bewohnen. Es muss zumindest einem Mieter möglich sein, die Wohnung für heute übliche Zwecke nutzen zu können. Verbesserungen kann der Vermieter aber im Nachhinein mit dem Mieter vereinbaren, wobei dies regelmäßig als Modernisierung einzustufen sein kann mit der Folge einer Mieterhöhung.
So stellt eine aus heutiger Sicht unzureichende Wärmedämmung keinen Mangel dar, da der Vermieter nicht verpflichtet ist, die Wohnung an die jeweils gültigen Normen für die Wärmedämmung anzupassen. Insofern hat der Mieter gewisse Unzulänglichkeiten einer Altbauwohnung, die allgemein verbreitet sind, z. B. Zuglufterscheinungen, hinzunehmen.
Besonders gilt dies bei einer mangelnden Trittschalldämmung. Der Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Nachbesserung, wenn diese zwar nicht den aktuellen DIN-Normen, jedoch den Normen zum Zeitpunkt der Errichtung des Anwesens entspricht. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Schalldämmung durch Maßnahmen anderer Mieter, z. B. infolge Verlegung von Bodenfliesen in der darüberliegenden Wohnung, gegenüber dem Zeitpunkt der Anmietung verschlechtert hat (BGH, Urteil v. 17.6.2009, VIII ZR 131/08, WuM 2009 S. 457). Daher hat der Mieter regelmäßig keinen Anspruch auf einen besseren Schallschutz, als es die Grenzwerte der bei Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Normen vorgesehen haben (BGH, Urteil v. 7.7.2010, VIII ZR 85/09, WuM 2010 S. 482).
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