Keine Rentenversicherungspflicht eines Personal Trainers nach § 2 SGB VI

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Der Sachverhalt: 

Der klagende Personal Trainer hat inzwischen zusätzlich ein eigenes Fitnessstudio eröffnet. Zuvor hatte er als selbständiger Personal Trainer ausschließlich Einzelkunden betreut. Die beklagte Rentenversicherung ging davon aus, dass der Kläger hiermit eine lehrende Tätigkeit ausgeübt habe und deshalb versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Umstritten war im Klageverfahren schließlich nur noch die Versicherungspflicht des Klägers im ersten Halbjahr 2015. 

Die Entscheidung:

Ein selbständig tätiger Personal Trainer, der ausschließlich Einzelkunden betreut, übt eine im Wesentlichen beratende und keine lehrende Tätigkeit aus. Daher besteht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück mit Urteil vom 30.01.2019, S 1 R 132/17, entschieden. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI sind selbständig tätige Lehrer und Erzieher versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Kläger habe keine Lehrtätigkeit im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI ausgeübt. Er sei vielmehr beratend tätig gewesen. Die beratende Tätigkeit unterscheide sich rechtlich wesentlich von einer Lehrtätigkeit und sei von der Versicherungspflicht nicht umfasst.

Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.04.2015 (Az. B 5 RE 23/14 R) sei eine lehrende Tätigkeit von einer beratenden Tätigkeit dahingehend abzugrenzen, dass die Lehrtätigkeit wesentlich durch eine Wissensvermittlung für eine unbestimmte Vielzahl unbestimmter Anwendungssituationen geprägt sei, während der Schwerpunkt der Beratung auf der Eröffnung konkreter Handlungsmöglichkeiten zu einem bestimmten Anwendungszweck liege. Sowohl die Beratungs- als auch die Lehrtätigkeit basieren auf einer vorhandenen Wissens- und Kompetenzdifferenz.

Wo sich die Bereiche der Lehr- und Beratertätigkeit überlagern, müssten sie nach ihrem sachlichen Schwerpunkt getrennt werden: Während Lehrer eher generelles Wissen vermitteln, das die Lernenden aufnehmen und rezipieren sollen, gehen Berater regelmäßig auf individuelle Probleme des jeweils Ratsuchenden konkret helfend ein. Dafür analysieren Berater aufgrund ihrer fachspezifischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen typischerweise ein fachliches Einzelproblem eines Klienten, dem sie ihr Wissen zur Verfügung stellen und dem sie in helfender Absicht spezifische und eher individualisierte Ratschläge erteilen. Sie erarbeiten nach den Standards ihres jeweiligen Fachgebiets oftmals eine konkrete Lösung oder zeigen Handlungsoptionen auf, deren Vor- und Nachteile sie in aller Regel erläutern.

Hiervon ausgehend lasse sich für den Fall des Klägers feststellen, dass dieser als Personal Trainer im ersten Halbjahr 2015 zur Überzeugung des Gerichts im Wesentlichen beratend tätig geworden sei. In diesem Zeitraum habe der Kläger noch kein eigenes Fitnessstudio betrieben. Vielmehr stellte er seinen Klienten sein Wissen als Krankengymnast, Masseur und Laufinstructor zur Verfügung und gab seinem jeweiligen Kunden in helfender Absicht spezifische, individuelle Ratschläge, indem er sie kontinuierlich im Rahmen einer 1:1-Betreuung bei ihren Fitnessübungen – zumeist in fremden, kooperierenden Fitnessstudios –begleitete, ständig korrigierte und sich Notizen für eine spätere Änderung des Trainingsplans machte. Er habe jeweils einen individuellen Trainingsplan entsprechend dem Problem bzw. Ziel des Kunden erstellt und fortlaufend aktualisiert.

Fazit:

Die Tätigkeit eines Personal Trainers entspricht im vorliegenden Fall vielmehr einer Einzelberatung als einem Einzelunterricht und stellt damit eine beratende Tätigkeit dar, die keine Versicherungspflicht auslöst. 

Eine Abgrenzung im Einzelfall bleibt aber schwierig.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann. 

Andreas Klinger

Rechtsanwalt und 

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht 

Gaßmann & Seidel, Rechtsanwälte Partnerschaft mbB  Stuttgart


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