Vorsicht Falle: Rentenversicherungspflicht Selbstständiger

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Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums, eine Pflicht zur Altersvorsorge für Selbstständige einzuführen, sorgt für Unmut. Dabei ist jedoch meist unbekannt, dass schon nach der gegenwärtigen Rechtslage viele Selbstständige der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen. Es kommt daher vor, dass Unternehmer mit erheblichen Beitragsnachforderungen konfrontiert werden. Hiervon sind z.B. Versicherungsmakler, PR-Berater, Franchisenehmer, Coaches, Physiotherapeuten und Kindertagesmütter betroffen - um nur einige Beispiele zu nennen.

Seine Grundlage findet die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige in § 2 SGB VI und auch im Künstlersozialversicherungsgesetz (nachzulesen unter www.gesetze-im-internet.de). Dort werden eine Reihe von Berufsgruppen aufgezählt, die der Gesetzgeber für besonders schutzwürdig hält und deswegen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen hat.

Nicht jedem gefällt allerdings diese Bevormundung - und falls die Versicherungspflicht unerkannt bleibt, und der Selbstständige deswegen mit Nachforderungen für die Beiträge mehrerer Jahre konfrontiert wird, kann es schnell um die wirtschaftliche Existenz gehen. Deswegen ist es ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema zu befassen. Hier einige wichtige Tipps:

Die gesetzliche Umschreibung der versicherungspflichtigen Tätigkeiten ist keineswegs präzise. Es gibt eine Vielzahl von Grauzonen, innerhalb derer die Deutsche Rentenversicherung Bund naturgemäß zu derjenigen Auslegung tendiert, die eine Rentenversicherungspflicht begründet. Hier kann man durch eine präzise Schilderung der Tätigkeit sowie einen Blick auf die einschlägige Rechtsprechung manchmal den Kopf noch aus der Schlinge ziehen. Beispiel: wer gegenüber der Rentenversicherung angibt, sein Geld als „Coach" zu verdienen, den sieht die Rentenversicherung in der Regel als Lehrer an, der nach § 2 SGB VI versicherungspflichtig ist. Sieht man aber genauer hin, gleichen Coaches je nach Fallgestaltung eher Unternehmensberatern. Letztere sind aber keine Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Eine für die unternehmerische Praxis besonders gefährliche Regelung enthält § 2 Nr. 9 SGB VI: Danach unterfallen diejenigen Selbstständigen, die im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, der Rentenversicherungspflicht. Dabei ist die Tätigkeit nicht inhaltlich oder nach Branchen spezifiziert, so dass potenziell jeder Unternehmer hiervon betroffen sein kann. Nach einem neuen Urteil des Bundessozialgerichts sollen sogar Franchisenehmer Selbstständige mit nur einem Auftraggeber sein. Da gerade in der Phase der Existenzgründung viele Selbstständige erst mal ihre Umsätze nur durch einen Auftraggeber erwirtschaften, hat der Gesetzgeber für die ersten drei Jahre der Selbstständigkeit die Möglichkeit eröffnet, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Allerdings kann dieser Antrag auf Befreiung nicht rückwirkend gestellt werden.

Was auch oft übersehen wird: Selbst wenn jemand ohne Zweifel zu den in § 2 SGB VI aufgezählten Selbstständigen gehört, unterfällt er so lange nicht der Versicherungspflicht wie seine Tätigkeit lediglich als „geringfügig" einzustufen ist. Der Begriff der geringfügigen selbstständigen Tätigkeit entspricht dabei inhaltlich dem Begriff der „geringfügigen abhängigen Beschäftigung", besser bekannt als „00-Euro-Job bzw. Minijob. Wer also einen Gewinn von weniger als 4800 € im Jahr erwirtschaftet, muss für dieses Jahr keine Beiträge zahlen.

Bei einer Reihe von Versicherungspflichtigen besteht zudem die Möglichkeit, durch Anstellung eines mehr als geringfügig beschäftigten Arbeitnehmers der Pflichtmitgliedschaft zu entgehen. Dies gilt für Lehrer, Pflegepersonen und Selbstständige mit einem Auftraggeber.

Aber selbst wenn kein Weg aus der Versicherungspflicht führt, kann doch eine Schadensbegrenzung durch die Wahl der richtigen Methode zur Beitragsberechnung erreicht werden. Die Erhebung der Beiträge auf der Basis des so genannten Regelbeitrags, wie es die Deutsche Rentenversicherung Bund oftmals durchführt, ist nämlich kein Automatismus. In den ersten drei Jahren nach der Geschäftsgründung besteht vielmehr auch die Möglichkeit, den so genannten halben Regelbeitrag zu wählen. Zudem ist es stets möglich (nicht nur in den ersten drei Jahren) den Beitrag aus dem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn errechnen zu lassen. Hier sollte der Rentenversicherungspflichtige die günstigste Variante wählen.

Andreas Hartmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Schützenstr. 5
35578 Wetzlar
Tel. 06441-2009600
Fax 06441-2009603


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