Keine Verjährung von Urlaubsansprüchen? Informationen vom Anwalt

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Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.12.2022 entschieden, dass Urlaubsansprüche nur dann verjähren können, wenn der Arbeitnehmer vorher auf seinen Urlaubsanspruch hingewiesen worden ist. Die Entscheidung des BAG beruht auf zwingende Vorgaben des EuGH. 


Die Rechte der Arbeitnehmer wurden mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 20.12.2022, Az.: 9 AZR 266/20 = PM Nr. 48/22 des BAG) erheblich gestärkt. Denn nunmehr soll der Urlaubsanspruch nur dann verjähren, wenn Unternehmen vorher ihre Beschäftigten darauf hingewiesen haben, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt. Ist ein derartiger Hinweis nicht erfolgt, so können auch noch Ansprüche aus früheren Jahren geltend gemacht werden. Arbeitgeber dürfen sich dann auch nicht auf die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist berufen.

Arbeitnehmer können nach diesem Urteil sogar Urlaubsabgeltungsansprüche aus bereits beendeten Arbeitsverhältnissen geltend machen. Dies kann für Arbeitgeber erhebliche finanzielle Folgen haben. 

Folgendes Beispiel soll die Folgen dieses Urteils verdeutlichen: ein Arbeitnehmer  hat in seinem im Jahr 2019 beendeten Arbeitsverhältnis noch 20 offene Urlaubstage gehabt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurden die noch offenen Urlaubstage nicht thematisiert und der Arbeitnehmer hat sich damit abgefunden, dass er aufgrund der Beendigung praktisch auf die Urlaubstage verzichten muss. Nach der aktuellen BAG Entscheidung kann der Arbeitnehmer die Abgeltung der verbliebenen 20 Urlaubstage geltend machen. Wie wäre dieser Anspruch zu beziffern? Vereinfacht dargestellt würden die 20 Urlaubstage in vielen Fällen einen Zahlungsanspruch von einem Monatsgehalt begründen. Hat der Arbeitnehmer etwa 5.000,00 Euro monatlich verdient, so dürfte er in diesem Beispiel die Zahlung von 5.000,00 Euro von seinem ehemaligen Arbeitgeber fordern. Da nicht jeder Fall so einfach wie das vorliegende Beispiel ist, sollten sich Arbeitnehmer am besten an einen Rechtsanwalt wenden, der die ihnen zustehenden Ansprüche und deren Durchsetzung prüfen kann.

Ewige "Haltbarkeit" von Urlaubansprüchen?

Nach bisheriger Rechtslage verfällt Urlaub, der im aktuellen Kalenderjahr nicht genommen wird,  mit dem Ende des Kalenderjahres  bzw. spätestens aber zum 31.3. des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Ein noch verbleibender Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beansprucht werden konnte, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG  auszuzahlen.

Der EuGH hat jedoch bereits 2018 eine wegweisende Entscheidung getroffen (Urt. v. 6.11.2018, Az.: C-684/16), wonach Urlaub nur verfallen könne, wenn Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber „durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde“, den Urlaubsanspruch auch wahrzunehmen.

Da das deutsche Urlaubsrecht in immer mehr Bereichen durch das Europäische Recht geprägt wird, hat das BAG der EuGH Entscheidung in Deutschland  Geltung verschafft und 2019 eine arbeitgeberseitige Hinweis- und Aufklärungspflicht als Obliegenheit eines Arbeitgebers konstituiert. Demnach könne der Urlaubsanspruch  nach den Vorgaben des BUrlG nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegende Hinweis- und Aufklärungspflicht erfüllt hat. 

Dies führt in vielen Fällen praktisch zu einer nahezu zeitlich unbegrenzten Durchsetzbarkeit von Urlaubsansprüchen. 


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