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Kündigung eines Arbeitnehmers nach Verstoß gegen die Anzeigepflicht der AU

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 8. Mai 2019.

LAG Baden-Württemberg Urteil vom 8.5.2019 – 10 Sa 52/18 (ArbG Ulm 18.10.2018 – 8 Ca 375/17)

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Der Kläger und Arbeitnehmer war bei der Beklagten (Arbeitgeberin) seit Oktober 2007 eingestellt. Seit Juli 2016 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte wies den Kläger im Herbst 2016 schriftlich auf seine Pflichten, seiner Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen, hin und erklärte zugleich, dass diese Pflichten auch bei fortdauernder Erkrankung gelten. Anfang 2017 wurde der Kläger insgesamt dreimal abgemahnt. Zwei der Abmahnung bezogen sich auf die verspätete Einreichung der jeweiligen Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Im August 2017 reichte der Kläger eine Folgebescheinigung wieder erst verspätet ein. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgemäß. Der Kläger klagte hiergegen und machte geltend, dass die Kündigung insbesondere wegen Unverhältnismäßigkeit sozial nicht gerechtfertigt ist.

Die Gerichte haben folgendes entschieden:

Sowohl das Arbeitsgericht wie auch das Landesarbeitsgericht haben der Klage des Klägers stattgegeben und im Ergebnis festgestellt, dass die Kündigung unzulässig gewesen ist. Die Gerichte haben festgestellt, dass die rechtzeitige Anzeige der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers (im folgenden w/m) beim Arbeitgeber eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers ist. Wenn der Arbeitnehmer diese vertragliche Nebenpflicht nach vorheriger Abmahnung wiederholt verletzt, so kann dies grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Diese Anzeigepflicht besteht nicht nur innerhalb des Zeitraums der Entgeltfortzahlung, sondern auch darüber hinaus wenn ein Arbeitnehmer Krankengeld bezieht und auch wenn kein Anspruch mehr auf Krankengeld besteht.

Trotzdem haben die Gerichte in diesem Fall entschieden, dass die Kündigung ungerechtfertigt ist. Die Gerichte haben dies damit begründet, dass die Verletzung der Anzeige der Erkrankung bei einer bereits länger bestehenden Erkrankung weniger gravierend ist. Hinzu komme die recht lange Betriebszugehörigkeit des Klägers und der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis bis zu der Erkrankung des Klägers störungsfrei verlaufen ist. Aus diesem Grunde sei die Kündigung in diesem Fall unverhältnismäßig gewesen.

Fazit:

Wichtig ist, dass es zu den Nebenpflichten eines Arbeitnehmers gehört, die Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber rechtzeitig anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht besteht auch bei einer länger andauernden Erkrankung. Grundsätzlich ist eine verhaltensbedingte Kündigung für den Arbeitgeber möglich, wenn der Arbeitnehmer mehrmals gegen diese Anzeigepflicht verstößt und der Arbeitnehmer vorher diesbezüglich abgemahnt worden ist. Das Gericht differenziert in dieser Entscheidung zwischen einem Verstoß gegen die Anzeigepflicht bei einer Ersterkrankung und generell innerhalb des Zeitraums der Entgeltfortzahlung und einem Verstoß gegen die Anzeigepflicht bei einer länger andauernden Erkrankung. Eine unterbliebene Anzeige der Fortsetzungserkrankung bei einer länger andauernden Erkrankung bewertet das Gericht als weniger schwerwiegend. Dennoch ist jeder Arbeitnehmer gut beraten, es nicht hierauf ankommen zu lassen und seine Anzeigepflicht immer und im Zweifel auch nachweisbar ordnungsgemäß zu erfüllen. Verletzt er seine Anzeigepflicht, riskiert er eine Abmahnung und eventuell eine spätere Kündigung.


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