Kündigung eines Arbeitnehmers während der Elternzeit

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Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden, wenn der Arbeitnehmer sich in Elternzeit befindet. Nach § 18 Abs. 1 Bundeselterngeld- und -elternzeitgesetz (BEEG) genießt der Arbeitnehmer insoweit Schutz ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist.

Der Schutz beginnt dabei frühestens 

  • 8 Wochen vor Beginn einer Elternzeit, die bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes genommen wird (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG) beziehungsweise
  • 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit, die zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes liegt (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG).

Mit dem Ende der Elternzeit endet auch dieser besondere Kündigungsschutz.

Noch einmal: während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht kündigen. Auf den Kündigungsgrund kommt es dabei nicht an.

Ob der besondere Kündigungsschutz tatsächlich besteht ist davon abhängig, ob auch sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Elternzeit vorliegen. Dies muss im Einzelfall überprüft werden.

In besonderen Fällen kann allerdings eine Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklärt werden (§ 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG). 

Damit stellen sich für den kündigungswilligen Arbeitgeber natürlich einige Fragen:

  1. Was ist ein solcher „besonderer Fall“?
  2. Wer erklärt die Kündigung für zulässig?
  3. Ab wann wirkt in solchen Fällen die Kündigung?

Diese und weitere Fragen will dieser Rechtstipp beantworten.

Zuständige Behörde

Nach der gesetzlichen Regelung wird die Kündigung durch „die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle“ für zulässig erklärt.

Welche Behörde dies ist bestimmt sich nach dem Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes. Eine Übersicht bietet die Online-Präsenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Verfahren

Wichtig zunächst: machen Sie sich frühzeitig Gedanken darüber, ob ein behördliches Zustimmungsverfahren durchgeführt werden muss, damit dieses auf die Kündigungserklärung abgestimmt werden kann. 

Es muss dann ein schriftlicher Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Die Zuständigkeit bestimmt sich dabei nach dem Sitz Ihres Unternehmens. 

„Besonderer Fall“

Ob ein besonderer Fall vorliegt bestimmt sich zunächst einmal nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit (dort Ziffer 2). Danach liegt ein besonderer Fall unter anderem vor, wenn

  • eine Betriebsstilllegung erfolgt und der Arbeitnehmer auch nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann (Ziffer 2.1.1);
  • die Stilllegung einer Betriebsabteilung erfolgt und eine Weiterbeschäftigung auch nicht in einer anderen Betriebsabteilung oder einem anderen Betrieb möglich ist (Ziffer 2.1.2);
  • der Betrieb oder die Betriebsabteilung verlagert wird und der Arbeitnehmer an dem neuen Sitz nicht weiter beschäftigt werden kann (Ziffer 2.1.3);
  • der Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung in den vorgenannten Fällen selbst ablehnt (Ziffer 2.1.4);
  • durch die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach der Elternzeit die Existenz des Betriebes oder die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers gefährdet werden (Ziffer 2.1.5);
  • besonders schwere Pflichtverstöße oder strafbare Handlungen des Arbeitnehmers die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen (Ziffer 2.1.6).

Soll die Kündigung auf Gründe gestützt werden, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, so muss ein etwaiger Antrag innerhalb von zwei Wochen, nachdem von diesen Gründen Kenntnis erlangt wurde, bei der zuständigen Behörde gestellt werden. 

Kommt die Behörde zu dem Ergebnis, dass ein besonderer Fall im Sinne des § 18 BEEG vorliegt, so ist von ihr weiter zu klären, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung so wesentlich überwiegt, dass die Kündigung ausnahmsweise zulässig ist. Dabei ist der Behörde Ermessen eingeräumt. 

Hieran wird noch einmal deutlich, dass es sich bei der Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG um eine Ausnahmevorschrift handelt. Ein entsprechender Antrag bei der Behörde muss daher sorgfältig begründet werden, um Aussicht auf Erfolg haben zu können, wie sich etwa an der Entscheidung des VGH München, Beschluss vom 5. November 2019, Az.: 12 ZB 19.1222, exemplarisch zeigt. 

Die Kündigung kann erst dann erklärt werden, wenn eine Zustimmung der Behörde vorliegt. Diese Zustimmung ist Voraussetzung der Kündigung. Wird die Kündigung vor der Zustimmung erklärt, so ist sie nichtig (§ 134 BGB), eine Heilung kommt nicht in Betracht.

Handelt es sich um eine außerordentliche Kündigung, so ist diese unverzüglich nach der Zustimmung auch auszusprechen. Bei ordentlichen Kündigungen gilt keine Frist (diese kann sich aber gegebenenfalls aus der konkreten Zustimmung ergeben). 

Erteilt die zuständige Behörde die begehrte Zustimmung nicht, so kann gegen diese Entscheidung im Wege des Widerspruchs und gegebenenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgegangen werden. Vor der Rechtskraft einer Entscheidung im Widerspruchs- oder Klageverfahren kann zwar eine Kündigung ausgesprochen werden, bleibt es jedoch bei der ablehnenden Entscheidung, so wird eine solche Kündigung ebenfalls unwirksam.

Auszubildende und in Heimarbeit Beschäftigte unterfallen grundsätzlich auch den Erfordernissen des § 18 BEEG.

Was zunächst einfach erscheinen mag, ist im Detail doch kompliziert. Dies betrifft bereits die Entscheidung, ob überhaupt eine Kündigung noch innerhalb der Elternzeit angezeigt ist. Neben der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden – Aufhebungsverträge sind keine Kündigungen und daher auch nicht von dem besonderen Kündigungsschutz erfasst – kommt möglicherweise auch ein Abwarten in Betracht, um den besonderen Kündigungsschutz zu vermeiden. 

Aber auch, wenn die Entscheidung für eine Kündigung gefallen ist, muss große Sorgfalt auf die Abfassung des Antrages bei der zuständigen Behörde verwandt werden. Anderenfalls laufen Sie Gefahr, dass der Antrag abgelehnt wird, wodurch die Kündigung jedenfalls verzögert würde.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist dringend anzuraten, wobei eine Spezialisierung im Arbeits- und möglichst auch im Verwaltungsrecht, vorzugswürdig ist.

Die vorstehenden Ausführungen können eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen, sie können lediglich eine erste Orientierung bieten.

Gerne stehe ich Ihnen für Beratung und Vertretung zur Verfügung. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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