Kündigung nach Weigerung, mit einem „anstößig beworbenen“ Firmenwagen zu fahren

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Die außerordentliche Kündigung einem langjährig beanstandungsfrei beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber, der sich weigert, ein seiner Auffassung nach sexistisch gestaltetes Dienstfahrzeug zu nutzen, bedarf der vorherigen erfolglos gebliebenen Abmahnung und hält im konkreten Fall einer Interessenabwägung nicht stand. (Leitsatz des Arbeitsgerichts Mönchengladbach)

ArbG Mönchengladbach, Urteil vom 14.10.2015 – 2 Ca 1765/15

Sachverhalt:

Die Beklagte vertreibt Kaffee und Kaffeeautomaten.

Um die von ihm zu beliefernden Kunden aufzusuchen, nutzt der Kläger ein ihm von der Beklagten zur Verfügung gestelltes Fahrzeug.

Die Beklagte hat sich entschieden, dass für den Kläger neu angeschaffte Firmenfahrzeug mit einer auffälligen Werbung zu versehen. Auf Anweisung des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn C., montierte der Mitarbeiter K. sodann die roten Radkappen auf das Fahrzeug. Im Verlaufe eines Gespräches äußerte der Kläger, dass er mit diesen Radkappen nicht fahren werde und überhaupt mit einem solchen „Puffauto“ und „Zirkusauto“ keine Geschäfte tätigen werde.

Mit Schreiben vom 30.06.2015, dem Kläger zugegangen am 30.06.2015, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger sodann fristlos, hilfsweise zum 31.12.2015.

Die Zuteilung des Fahrzeuges habe der Kläger als Erniedrigung empfunden. Beim Cafe „G.“ sei ihm mitgeteilt worden, dass die Werbung geschmacklos und sexistisch sei. Der Kunde habe im patzigen Ton danach gefragt, was denn die nackten Frauenbeine mit Kaffee zu tun hätten, er sei aus der Werbebranche und halte eine solche Werbung für unmöglich, er werde in einem solchen Unternehmen kein Gramm Kaffee mehr kaufen. Als der Kläger am nächsten Tage gesehen habe, dass rote Radkappen auf das Fahrzeug montiert worden seien, habe er es kaum fassen können.

Urteil

Allerdings rechtfertigt eine beharrliche Arbeitsverweigerung grundsätzlich eine fristlose Kündigung und kann daher einen „an sich“ als wichtigen Grund geeigneten Verhaltensvorwurf darstellen.

Es kann hier aber dahinstehen, ob die Weigerung des Klägers, mit dem von der Beklagten neu gestalteten und mit Werbung versehenen Firmenfahrzeug, das zusätzlich noch mit roten Radkappen bestückt worden war, eine beharrliche Arbeitsverweigerung in diesem Sinne darstellt, ob also der Kläger durch diese Weigerung seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat und diese bewusst und nachhaltig und damit beharrlich nicht leisten wollte. Allerdings gehört es zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung des Klägers seine Tätigkeit als Verkaufsreisender mit einem ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug nachzukommen. Im Rahmen des der Arbeitgeberin nach § 106 GewO zustehenden Direktionsrechts dürfte diese grundsätzlich auch berechtigt sein, das zur dienstlichen Nutzung bestimmte Firmenfahrzeug nach ihren Vorstellungen zu gestalten und mit Werbung zu versehen. Ob sich die Weisung der Beklagten im Rahmen billigem Ermessens hielt oder aber ob die Beklagte gehalten war, dem Kläger ein anderes Fahrzeug zuzuweisen, weil ihm die Nutzung dieses speziellen Fahrzeugs ggf. nicht zumutbar war, bleibt hier aber ebenso wie die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob das Firmenfahrzeug sexistisch gestaltet ist oder nicht und ob es sich bei der Werbemaßnahme der Beklagten um eine solche handelt, die geschmacklos ist oder nicht, offen.

Es hätte vorliegend einer arbeitgeberseitigen Abmahnung bedurft. Dies änderte jedoch nichts daran, dass die hilfsweise ausgesprochene Kündigung rechtmäßig erfolgt war, da der Kläger keine Diskriminierung nachweisen konnte. Insoweit bleibt es dem Einzelfall überlassen, ob durch die Zuweisung eines besonders gestalteten Dienstfahrzeugs der Arbeitnehmer diskriminiert und in seiner Würde herabgesetzt wird. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer. Es reicht insoweit aus, nach § 22 AGG Indizien darzulegen und zu beweisen, die einen Kausalzusammenhang vermuten lassen. Entscheidend ist, dass die vorgetragenen Tatsachen nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung ergeben


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