Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer*innen kann Entschädigungsanspruch nach sich ziehen

  • 2 Minuten Lesezeit

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX).

Dieser Grundsatz ist mittlerweile zwar den meisten Arbeitgebern bekannt. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass eine Kündigung trotz Kenntnis der Schwerbehinderung ohne Einholung der Zustimmung ausgesprochen wird. Dies entweder aus Nachlässigkeit oder aus strategischem Kalkül. Denn nicht selten setzen Arbeitgeber darauf, dass eine Kündigung – ob wirksam oder nicht – die Mitarbeiter dazu veranlassen wird, einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Vergleich zuzustimmen. Denn wer hat schon Lust, nach einem solchen Vorgang wieder im Betrieb zu erscheinen.

Sofern wider Erwarten kein Vergleich zustande kommt, erklärt der Arbeitgeber in der Regel, aus der Kündigung keine Rechte mehr herzuleiten und stattdessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzubieten. Dieses Angebot wird zumeist angenommen, das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Was sich so einfach anhört, birgt für den Arbeitgeber jedoch ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Die Rechtsprechung (zuletzt LAG Baden-Württemberg, 17.05.2021, A0 Sa 49/20) hat bereits mehrfach befunden, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines bekanntermaßen schwerbehinderten Menschen ohne Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes die Vermutung einer Benachteiligung im Sinne des § 22 AGG begründet.

Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung gem. § 15 Abs.2 AGG. Dieser kann auch nicht durch eine etwaige „Rücknahme“ der Kündigung beseitigt werden.

Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ist zu beachten, dass die Begrenzung auf drei Monatsgehälter nach § 15 Abs.2 Satz 2 AGG in einem solchen Fall nicht gilt. Die „Angemessenheit“ der geforderten Entschädigung kann durch das Gericht grundsätzlich frei und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt werden. So wurden auch schon Entschädigungen von mehr als drei Monatsgehältern zugesprochen.

Arbeitgeber sollten daher vor Ausspruch einer Kündigung stets sorgfältig prüfen, ob eine Schwerbehinderung vorliegt. Sollte dies der Fall sein, ist die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen.

Die Kanzlei Maurer – Kollegen aus Mainz berät Sie gerne hinsichtlich sämtlicher Fragen des Arbeitsrechts. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Kranz

Beiträge zum Thema