Kündigung wegen Krankheit: gute Chancen auf eine Abfindung?

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Viele Arbeitnehmer sind während der Corona-Krise arbeitsunfähig krank, manch einer bekommt deswegen die Kündigung. Will man sich dagegen wehren, stellt sich die Frage nach den Abfindungschancen. Dazu der Kündigungsschutzexperte Anwalt Bredereck:

Zunächst: Chancen auf eine substantielle Abfindung hat meist nur der, für den das Kündigungsschutzgesetz gilt. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer mehr als sechs Monate im Betrieb beschäftigt ist, und es sich nicht um einen Kleinbetrieb handelt, das heißt: Beim Arbeitgeber müssen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit tätig sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Kündigung wegen Krankheit nur als personenbedingte Kündigung unter den erschwerten Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes erlaubt.

Dann hat eine Klage meist gute Aussichten auf Erfolg, mit der Folge, dass damit auch die Chancen auf eine Abfindung deutlich steigen. Denn: Die höchsten Abfindungen erreicht man meist im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, nämlich wenn der Arbeitgeber merkt, dass er die Klage wahrscheinlich verliert. Dann zahlt er lieber eine hohe Abfindung, als dass er den Arbeitnehmer wieder zurücknimmt mit all den damit verbundenen Kosten.

Warum hat eine Klage gegen eine krankheitsbedingte Kündigung meist gute Aussichten auf Erfolg?

Das liegt an den hohen arbeitsrechtlichen Hürden; sie sind im Kündigungsschutzgesetz verankert, aber nicht nur dort. Beispielsweise muss der Arbeitgeber vor einer Kündigung ein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt haben. Das gelingt nur wenigen Arbeitgebern auf Anhieb, weshalb die meisten Kündigungen allein schon deshalb scheitern.

Die meisten Arbeitgeber verkennen zudem die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Betrachtungszeiträume und sprechen die Kündigung zu früh aus. Oder es fehlt an der negativen Gesundheitsprognose, heißt: Der Arbeitnehmer ist zwar krank, wird aber voraussichtlich bald wieder gesund, weil er sich etwa zur Zeit in einer Rehabilitationsmaßnahme befindet. Auch in diesen Fällen ist die Kündigung wegen Krankheit regelmäßig nicht gestattet und der Arbeitnehmer hat gute Chancen, mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen.

Eine Kündigung wegen Krankheit ist für Arbeitgeber immer auch eine Kündigung ins Blaue hinein. Viele wissen, dass es sie einiges kosten kann, den Arbeitnehmer loszuwerden, dass sie eine hohe Abfindung zahlen könnten, falls es zu einer Klage kommt.

Auch wichtig: Die Aussichten auf baldige Genesung; sind sie realistisch und gibt der Arbeitnehmer zu verstehen, dass er die Arbeit bald wieder aufnehmen könnte, steigen die Abfindungschancen meist abermals. Für den Arbeitgeber ist die Aussicht, der ehemalige Mitarbeiter könnte zurückkommen, meist ein Graus, denn für ihn kann das bedeuten, in Zukunft viele weitere Monate Entgeltfortzahlung leisten zu müssen.

Deshalb: Wer eine hohe Abfindung im Sinn hat, sollte nach einer Kündigung schnell, am besten am selben Tag, einen Anwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht anrufen und sich – falls die Aussichten gut sind – mit einer Kündigungsschutzklage wehren.

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