Kündigungsschutzklage – Klagefrist versäumt und Verwirkung LAG Köln, 6 Sa 274/23

  • 3 Minuten Lesezeit

Immer wieder werden wir von Mandanten kontaktiert, die bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bereits selbst Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber geführt haben oder aber auch bereits selbst Klage erhoben haben. Gerade im Arbeitsrecht ist es absolut wichtig, ab der ersten Minute bereits einen spezialisierten Rechtsanwalt an seiner Seite zu haben; dies nicht nur aufgrund der knappen Fristen, die es zu beachten gilt, sondern auch um bei ausgesprochenen Kündigungen ganz genau hinzusehen.


Zum Fall:

Der Kläger erhielt am 19.02.2022 eine Kündigung innerhalb der Probezeit (persönlich übergeben). Beigefügt war eine Vollmacht zur Berechtigung zum Ausspruch der Kündigung. Mit Schreiben vom 23.02.2022 wies der Kläger die Kündigung mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurück. Er bezog sich auf § 174 BGB. Er erhielt dann eine weitere Kündigung, datierend vom 08.03.2022 zum 23.03.2022. Bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass das Schriftbild der Unterschriften unter der Kündigung von weiteren solchen Unterschriften im Schriftbild deutlich abwich. Mit Klage, datierend vom 15.03.2022 hat sich der Kläger gegen beide Kündigungen gewandt. Als das Gericht darauf hinwies, die Klage gegen die erste Kündigung sei nach dem Maßstab des § 4 KSchG zu spät erhoben worden, nahm der Kläger die Klage teilweise zurück.

Daraufhin hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, denn aufgrund der ersten fristgerechten Probezeitkündigung war das Arbeitsverhältnis bereits beendet worden. Mit der zweiten ausgesprochenen Kündigung musste man sich deshalb gar nicht mehr beschäftigen.


Warum ging die Klage verloren?

Wird eine Kündigung ausgesprochen, gilt die sogenannte 3-Wochen-Frist. Dies ist eine prozessuale Klageerhebungsfrist mit materiell-rechtlicher Wirkung. Sie unterliegt nicht der Disposition der Parteien. Sollte also noch vor Klageerhebung eine Verhandlung über eine mögliche vergleichsweise Einigung geführt werden, verlängert dies die Klageerhebungsfrist nicht. Die Klage muss innerhalb der drei Wochen erhoben werden, ansonsten gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam. Vorliegend hat die Rücknahme des Kündigungsschutzantrages zur Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG geführt.

Weiter hat der Kläger vorgetragen, man hätte die Zurückweisung der ersten Kündigung nach § 174 BGB nicht berücksichtigt, denn dadurch sei seiner Ansicht nach die Kündigung vom 19.02.2022 unwirksam gewesen. Vorliegend war es jedoch nicht erheblich, ob diese Kündigung unter einem formal- oder materiell-rechtlichen Mangel gelitten hat, denn der Kläger hat das Recht, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen gemäß § 242 BGB verwirkt. Der Kläger hat schlicht und ergreifend das Recht, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, nach dem Maßstab des § 242 BGB dadurch verwirkt, dass er die Klagefrist des § 4 KSchG hat verstreichen lassen. Alleine durch sein Nichtstun trat die gesetzliche Fiktion, die rückwirkend geltende Wirksamkeit der Kündigung ein. Zusätzlich hat er aktiv durch die Abgabe der Prozesserklärung (Teil-Rücknahme der Klage) zum Ausdruck gebracht, sich gerade nicht gegen die Wirksamkeit der Kündigung wehren zu wollen. Da vorliegend Fristversäumnis und Klagerücknahme vorliegen, ist zusätzlich von Verwirkung auszugehen, denn die beiden Voraussetzungen, das Zeitmoment und auch das Umstandsmoment liegen vor.


Unser Rat an Sie:

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, zögern Sie nicht und kontaktieren Sie umgehend einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Sie haben nur drei Wochen Zeit, sich gegen diese Kündigung zu wehren. Es wird dringend angeraten, einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Sie müssen davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die 3-Wochen-Frist kennt. Er wird hier jede mögliche Verzögerungstaktik anwenden, um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden. Dem Arbeitgeber ist bewusst, dass eine Kündigungsschutzklage öffentlich verhandelt wird. Spätestens dann steigt zumeist die Einigungsbereitschaft des Arbeitsgebers.

Es sollte abgeklärt werden, welche Kosten hier durch eine Kündigungsschutzklage auf Sie zukommen, ob die Möglichkeit besteht, auch außergerichtlich noch eine Einigung zu finden, welche Unwirksamkeitsgründe einer Kündigung zugrunde liegen und welche Möglichkeiten besteht, gegen diese Kündigung vorzugehen und wie die Erfolgsaussichten einzuschätzen sind. Wir raten dringend davon ab, hier selbst Klage einzureichen. Ganz dringend davon abgeraten wird aber auch, Prozesshandlungen, wie Klagerücknahmen, Anerkenntnisse und Erweiterungen vorzunehmen, ohne dies vorher mit einem Rechtsanwalt besprochen zu haben.

Als Fachanwältin für Arbeitsrecht weiß ich, aber auch mein Team, dass man oftmals nicht umgehend beim Erhalt einer Kündigung reagiert. Man ist zunächst einmal geschockt, man ist traurig, man hat Zukunftsängste und, und, und – da sind drei Wochen schnell zu Ende. Zögern Sie dennoch nicht, auch kurz vor Ablauf der 3-Wochen-Frist uns zu kontaktieren. Wir haben die Möglichkeiten, hier äußerst schnell zu reagieren, Sie zu beraten und mit Ihnen gemeinsam gegen eine Kündigung vorzugehen.


Ulrike Böhm-Rößler

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Fachanwältin für Medizinrecht 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Ulrike Böhm-Rößler

Beiträge zum Thema