Leasingverträge in der Insolvenz: Eine Kurzübersicht über deren Behandlung und mögliche Rechtsfolgen.

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1. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO bei Leasingverträgen

Das Wahlrecht über die Fortführung von Leasingverträgen im Insolvenzverfall wird vom Grundsatz her - wie auch weitere Verträge - dem § 103 InsO untergeordnet. Hiernach hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht, ob der den Vertrag fortführen will oder nicht.

Für Immobilien-Leasingverträge greift die Sonderreglung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO. Diese hat der Gesetzgeber explizit vom Wahlrecht des Insolvenzverwalters ausgenommen.

Zudem hat der Gesetzgeber über § 108 Abs. 1 S. 2 InsO eine Sonderregelung für die Leasingverträge geschaffen, die bewegliche Gegenstände betreffen und bei welchen der Schuldner Leasinggeber war und ein Dritter den Leasinggegenstand finanziert hat und die Finanzierungssache ihm zur Sicherheit übertragen wurde. 

Die Sonderregelung des § 108 Abs. 1 S. 2 InsO greift nur, wenn die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen. Ansonsten handelt es sich um einen "normalen" Leasingvertrag über bewegliche Gegenstände, welche dem Grundfall des § 103 InsO zuzuordnen sind.


2. Das Wahlrecht bei Insolvenz des Leasingnehmers

a) Leasingverträge über bewegliche Gegenstände

Handelt es sich um einen Leasingvertrag über einen beweglichen Gegenstand, kann bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Leasingnehmers der Insolvenzverwalter die Auflösung des Vertrages oder die Fortführung des bestehenden Leasingvertrages ("Erfüllung") gemäß § 103 InsO wählen.

Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, sind vertraglich entstandene Schadensersatzansprüche beim Leasinggeber als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden.

Wählt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages, wird der Leasingvertrag für die Insolvenzmasse "verpflichtend". D. h. die Zahlungspflichten aus dem Leasingvertrag sind nunmehr Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO.

Trifft der Verwalter die Entscheidung über die Erfüllung nicht unverzüglich und nutzt er den Vertragsgegenstand weiter, so kann der Leasinggeber einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 55 Abs. 1Nr. 3 InsO geltend machen.

b) Immobilienleasing

Für die Frage der rechtlichen Behandlung von Immobilienleasingverträgen in der Insolvenz des Leasingnehmers ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob der Leasingvertrag als Mietvertrag oder als Kaufvertrag einzuordnen ist.

Handelt es sich ausnahmsweise um einen kaufvertragsähnlichen Vertrag (seltene Fälle!), gilt  der Normalfall über § 103 InsO. Die Rechtslage entspricht dann der des Mobilienleasings (mit der Ausnahme, dass die Beschränkung des § 112 InsO nicht gilt).

Hat das Immobilienleasing mietrechtlichen Charakter, ist nach § 109 InsO zu unterscheiden, ob die Insolvenzeröffnung vor oder nach Übergabe des Leasinggutes erfolgte. 

War die Immobilie vor Insolvenzeröffnung überlassen, so kann lediglich der Insolvenzverwalter nach § 109 Abs. 1InsO in Verbindung mit § 573c BGB den Leasingvertrag kündigen

Erfolgte die Insolvenzeröffnung vor Übergabe des Leasinggutes, so können sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Leasinggeber vom Vertrag gemäß § 109 Abs. 2 InsO zurücktreten.


3. Das Wahlrecht bei Insolvenz des Leasinggebers

a) Leasingverträge über bewegliche Gegenstände

Bei Leasingverträgen über bewegliche Gegenstände ist in der Insolvenz des Leasinggebers - wie oben bereits dargestellt - zunächst danach zu unterscheiden, ob ein Leasingvertrag mit Sicherungsüber-eignung des Leasinggutes an eine refinanzierende Bank vorliegt oder nicht. 

Denn hiervon hängt die Anwendung der Normen § 103 Inso oder § 108 Abs. 1 S. 2 InsO ab.

Handelt es sich um einen Leasingvertrag ohne Sicherungsübereignung des Leasinggutes an eine refinanzierende Bank, so ist § 103 InsO anwendbar. Entscheidet sich der Verwalter in diesem Fall für die Vertragsablehnung, so muss der Leasingnehmer keine weiteren Leasingraten mehr zahlen.

Wählt demgegenüber der Verwalter die Vertragserfüllung, so hat der Leasingnehmer die Leasingraten an den Verwalter zu zahlen und kann weiterhin das Leasinggut nutzen.

Handelt es sich um den Sonderfall hinsichtlich Leasingvertrag über Mobilien, deren Anschaffung oder Herstellung ein Dritter finanziert hat und dem das Leasinggut zur Sicherheit übereignet wurde, so ist § 108 Abs. 2 InsO anwendbar.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Leasingvertrag insolvenzfest ist und dem Verwalter kein Wahlrecht nach § 103 InsO zusteht.

Dies bedeutet auch, dass für den Fall einer Sicherungsabtretung der Leasingraten an die finanzierende Bank, die Leasingraten nach Insolvenzeröffnung der Bank und nicht dem Verwalter zustehen. In diesem Bereich kann es zu rechtlich komplexen Fragestellungen kommen.

b) Immobilienleasing

Leasingverträge bei Insolvenz des Leasinggebers sind über § 108 InsO "insolvenzfest" (auch wegen der Anwendung des § 110 InsO). 



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub


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