Leistungen nach dem SGB II ("Hartz4"): Die Anrechnung einer Nachzahlung von Kindergeld

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1. Bedeutung in der Praxis

Bezieht eine Familie Leistungen nach dem SGB II ("Hartz4") und wird ein neues Kind geboren, wird meist auch direkt ein Antrag auf Kindergeld bei der Familienkasse gestellt. Häufig dauert es aber einige Monate bis die Familienkasse das Kindergeld bewilligt. In diesen Fällen kommt es zu einer Kindergeldnachzahlung, weil die Familienkasse das Kindergeld für die Monate ab Antragstellung nachzahlt. 

Das Jobcenter wird das laufende Kindergeld und die Nachzahlung dann zuerst bei dem betreffenden Kind anrechnen. Soweit laufendes Kindergeld und Kindergeldnachzahlung mehr sind als der Bedarf des Kindes, wird der überschießende Teil bei dem kindergeldberechtigten Elternteil angerechnet. 

2. Entscheidung des Sozialgerichts Hildesheim vom 30.09.2021 - S 26 AS 1381/20

Das Sozialgericht Hildesheim hat nun in einer durch unsere Kanzlei erstrittenen Entscheidung geurteilt, dass bei der Anrechnung der Kindergeldnachzahlung bei dem kindergeldberechtigten Elternteil die Versicherungspauschale von 30 € nicht nur einmal, sondern mehrfach, nämlich für jeden Monat der Nachzahlung abzuziehen ist. 

In dem Fall war die Kindergeldnachzahlung für die Monate Februar bis April zusammen mit der laufenden Kindergeldnachzahlung für Mai erfolgt, insgesamt ein Betrag 940 €. Das Jobcenter hatte bei der Anrechnung lediglich für Mai einmal die Versicherungspauschale von 30 € in Abzug gebracht. Das Gericht entschied nun, dass auch für die Monate Februar bis April die Versicherungspauschale von 30 € zu berücksichtigen ist, also weitere 90 € vor der Anrechnung abgezogen werden müssen. 

3. Begründung des Gerichts

Das Gericht war der Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG zur Anrechnung von nachgezahltem Arbeitslohn auf den Fall von nachgezahltem Kindergeld übertragbar ist. Das BSG hatte nämlich am 17.07.2014 - B 14 AS 25/13 R geurteilt, dass bei der Nachzahlung von Arbeitslohn für jeden Monat der Nachzahlung der Grundfreibetrag von 100 € abgezogen werden muss. 

Das LSG Niedersachsen-Bremen hatte zwar mit Urteil vom 08.09.2020 - L 7 AS 354/19 ausdrücklich entschieden, dass diese Rechtsprechung des BSG auf die Nachzahlung von Kindergeld nicht entsprechend anwendbar ist. Gegen die Entscheidung des LSG war jedoch Revision eingelegt worden und das Jobcenter erkannte nach einem rechtlichen Hinweis des BSG in der mündlichen Verhandlung den Anspruch an (B 4 AS 78/20 R - Terminsbericht). Es ist daher davon auszugehen, dass das BSG in der mündlichen Verhandlung dieselbe Rechtsauffassung vertreten hat, wie jetzt das Sozialgericht Hildesheim. 



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